Zuwendungen im Arbeitsverhältnis – Teil 16 – Fort- und Weiterbildung
Herausgeber / Autor(-en):
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
2.14 Fort- und Weiterbildung Arbeitnehmer
Berufliche Fort- oder Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder solche Maßnahmen fremder Unternehmen, die für Rechnung des Arbeitgebers tätig werden (Kostenübernahme durch Arbeitgeber), führen nicht zu Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden (Fußnote). Bei einer Bildungsmaßnahme ist ein ganz überwiegendes betriebliches Interesse des Arbeitgebers anzunehmen, wenn sie die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers erhöhen soll. Keine Voraussetzung für die Annahme eines ganz überwiegenden betrieblichen Interesses des Arbeitgebers ist, dass der Arbeitgeber die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumindest teilweise auf die Arbeitszeit anrechnet. Rechnet er jedoch die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme mindestens teilweise auf die Arbeitszeit an, so ist die Prüfung weiterer Voraussetzungen eines ganz überwiegenden betrieblichen Interesses des Arbeitgebers entbehrlich, es sei denn, es liegen konkrete Anhaltspunkte für den Belohnungscharakter der Maßnahme vor.Unerheblich ist dabei, ob die Bildungsmaßnahmen am Arbeitsplatz, in zentralen betrieblichen Einrichtungen oder in außerbetrieblichen Einrichtungen durchgeführt werden.
Ist der Arbeitnehmer selbst Rechnungsempfänger, ist dies für ein ganz überwiegend betriebliches Interesse des Arbeitgebers unschädlich, wenn der Arbeitgeber die Übernahme bzw. den Ersatz der Aufwendungen allgemein oder für die besondere Bildungsmaßnahme vor Vertragsabschluss schriftlich zugesagt hat und der Arbeitnehmer im Vertrauen darauf den Vertrag über die Ausbildung geschlossen hat.
Auch sprachliche Bildungsmaßnahmen sind unter den genannten Voraussetzungen dem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse zuzuordnen, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt (s.u. 2.14.2). Von einem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse ist auch bei den, dem SGB III entsprechenden, Qualifikations- und Trainingsmaßnahmen auszugehen, die der Arbeitgeber oder eine zwischengeschaltete Beschäftigungsgesellschaft im Zusammenhang mit Auflösungsvereinbarungen erbringt.
Bildet sich der Arbeitnehmer nicht im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers fort, gehört nach § 8 Abs. 2 EStG der zu ermittelnde Wert der vom Arbeitgeber erbrachten Fort- oder Weiterbildungsleistung zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Arbeitnehmer kann dann aber gegebenenfalls den Wert einer beruflichen Fort- und Weiterbildung im Rahmen des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG als Werbungskosten oder im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben geltend machen.
2.14.1 Gebühren für berufsbegleitendes Studium
Grundsätzlich sind Studiengebühren, welche der Arbeitgeber bei einem berufsbegleitendem Studium des Arbeitnehmers übernimmt, nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG lohnsteuerpflichtig, denn alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles Dienstverhältnis veranlasst sind, zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dies gilt auch für vom Arbeitgeber übernommene Studiengebühren für ein berufsbegleitendes Studium des Arbeitnehmers. Ausnahmsweise können die Studiengebühren für ein berufsbegleitendes Studium jedoch steuerfrei sein, wenn nämlich die Übernahme im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt. Die Voraussetzungen des BMF hierfür sind jedoch unterschiedlich, je nachdem ob die Studiengebühren bei Ausbildungsdienstverhältnissen oder bei beruflichen Fort- und Weiterbildungen übernommen werden (Fußnote).
2.14.1.1 Ausbildungsdienstverhältnis
Zunächst müsste ein berufsbegleitendes Studium im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Dies ist dann der Fall, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses ist (Fußnote). Voraussetzung ist also, dass die Teilnahme an dem berufsbegleitenden Studium zu den Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Dienstverhältnis gehört.
Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn
- das Studium nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, auch wenn das Studium seitens des Arbeitgebers durch Hingabe von Mitteln, z. B. eines Stipendiums, gefördert wird oder
- wenn Teilzeitbeschäftigte ohne arbeitsvertragliche Verpflichtung ein berufsbegleitendes Studium absolvieren und das Teilzeitarbeitsverhältnis lediglich das Studium ermöglicht (Fußnote).
Ist im Rahmen dieses Ausbildungsdienstverhältnisses der Arbeitgeber Schuldner der Studiengebühren, so wird ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers unterstellt. Es liegt steuerrechtlich gesehen kein Vorteil mit Arbeitslohncharakter vor, weshalb die Leistungen des Arbeitgebers nicht steuerpflichtig sind. Des Weiteren sind auch die Studiengebühren kein Arbeitslohn, die der Arbeitgeber bei einer im dualen System durchgeführten Ausbildung aufgrund einer Vereinbarung mit der Bildungseinrichtung als unmittelbarer Schuldner trägt.
Ist hingegen der Arbeitnehmer der Schuldner der Studiengebühren und übernimmt der Arbeitgeber für diesen die Kosten, wird nur dann ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers unterstellt und steuerrechtlich kein Vorteil mit Arbeitslohncharakter angenommen, wenn
- sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichtet und
- der Arbeitgeber die übernommenen Studiengebühren vom Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundlage zurückfordern kann, sofern der Arbeitnehmer das ausbildende Unternehmen auf eigenen Wunsch innerhalb von zwei Jahren nach dem Studienabschluss verlässt (Fußnote).
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerfreie Zuwendungen im Arbeitsverhältnis“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019,www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-010-6.
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Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem
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und berät und vertritt Betriebsräte.
Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".
Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:
- Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
- Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1
Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:
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Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
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Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
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