Steuerliche Betriebsprüfung – Teil 01 – Allgemeines


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


1. Einleitung

Bei einer steuerlichen Betriebsprüfung findet eine Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen vor Ort beim Steuerpflichtigen statt. Das für die Besteuerung zuständige Finanzamt oder ein von diesem beauftragtes Finanzamt schickt einen Prüfer zum Steuerpflichtigen.
Die Durchführung einer Betriebsprüfung ist an gewisse Regeln gebunden. Diese sollen einerseits den Steuerpflichtigen schützen und andererseits den Ablauf der Betriebsprüfung vereinfachen. Trotz dieser Regeln haben die Finanzämter bei der Auswahl der zu überprüfenden Betriebe, der Häufigkeit der durchzuführenden Prüfungen und dem Umfang einen großen Entscheidungsspielraum. Wie groß der Entscheidungsspielraum im Einzelfall ist, hängt von mehreren Faktoren ab, so beispielsweise der Betriebsgröße und dem Verhalten des Steuerpflichtigen in der Vergangenheit.
Den Steuerpflichtigzn treffen während der Durchführung der Betriebsprüfung verschiedene Mitwirkungspflichten. Diese sind nicht bei jedem Steuerpflichtigen gleich, sondern richten sich nach dem jeweiligen Betrieb sowie dem Entscheidungsspielraum der Finanzämter. Verstößt der Steuerpflichtige gegen diese Pflichten kann er mit Geldstrafen belegt werden.
Der Steuerpflichtige muss aber nicht jede durch das Finanzamt angeordnete Betriebsprüfung hinnehmen. Ihm stehen verschiedene Möglichkeiten zu, sich gegen eine Betriebsprüfung zu wehren.

2. Allgemeines zur Betriebsprüfung

Bei einer steuerlichen Betriebsprüfung geht es um die Überprüfung von Besteuerungsgrundlagen bei Steuerpflichtigen durch das zuständige Finanzamt.

2.1 Begriff der Betriebsprüfung

Die Abgabenordnung (AO) verwendet statt des weit verbreiteten praxisnahen Begriffs der Betriebsprüfung den Begriff der Außenprüfung.
Dies soll verdeutlichen, dass eine Betriebsprüfung bei allen Steuerpflichtigen möglich ist und dass sie nicht an der Amtsstelle (in den Räumen des jeweiligen Finanzamtes) stattfindet, sondern beim Steuerpflichtigen vor Ort.

Sachlich ist die Außenprüfung auf die Aufklärung
• steuerlichen Verhältnisse
• eines oder mehrerer Zeiträume
• einer oder mehrerer Steuerarten
gerichtet.

Sie ist von den finanzbehördlichen Einzelermittlungsmaßnahmen abzugrenzen, die der Aufklärung bestimmter Sachverhalte dienen. Einzelermittlungsmaßnahmen erfordern grundsätzlich keine Prüfungsanordnung, den Steuerpflichtigen treffen allerdings auch geringere Mitwirkungspflichten.

2.2 Funktion der Betriebsprüfung

Die steuerliche Betriebsprüfung ist ein besonderes Instrument der Finanzverwaltung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen.
Nach der Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) dient eine Betriebsprüfung der Verwirklichung von Steuergerechtigkeit durch gleichmäßige Vollziehung der Steuergesetze (Fußnote). Die Betriebsprüfung ist damit nicht nur ein zulässiges, sondern ein verfassungsrechtlich legitimes Aufklärungsmittel zur Sicherstellung der Gleichheit der Besteuerung der Steuerpflichtigen. Die Betriebsprüfung verletzt weder die Freiheitsrechte des Steuerpflichtigen noch den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Die Betriebsprüfung ist damit ein Teil der Sachverhaltsermittlung, mit der die steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen aufgrund seiner Aufzeichnungen ermittelt und überprüft werden.
Die Betriebsprüfung erleichtert die Arbeit der Finanzverwaltung, weil die Überprüfung der Steuererklärungen ohne Einsicht in das betriebliche Rechnungswesen den Aufzeichnungen und Belegen regelmäßig keine ausreichende Kontrolle des Steuerpflichtigen ermöglicht.

2.3 Zweck und Rechtsgrundlagen der Betriebsprüfung

Die Möglichkeiten zur Sachaufklärung vom Schreibtisch des Finanzbeamten aus sind naturgemäß beschränkt. Die Betriebsprüfung stellt ein spezielles, umfassendes und intensives Ermittlungsverfahren zur Sachaufklärung im Besteuerungsverfahren dar.
Der Betriebsprüfers prüft zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind (Besteuerungsgrundlagen).
Die Betriebsprüfung dient somit der gleichmäßigen und gesetzmäßigen Steuerfestsetzung.
Die gesetzlichen Grundlagen der Betriebsprüfung befinden sich in den Vorschriften der §§ 193 - 207 AO und der Betriebsprüfungsordnung (BpO; vom 15.3.2000, BStBl 2000 I S. 368 ff) als allgemeine Verwaltungsvorschriften.

2.4 Zuständigkeit, Zulässigkeit und Verfahrensablauf der Betriebsprüfung

Eine Betriebsprüfung durch einen Betriebsprüfer bedarf gewisser Grundvoraussetzungen. Das sind unter anderem die Zuständigkeit des Finanzamtes, die Zulässigkeit und eines konkreten Verfahrensablaufs.

2.4.1 Zuständigkeit

Für die Durchführung einer Betriebsprüfung ist grundsätzlich die für die Besteuerung zuständige Finanzverwaltung zuständig.
Die Beauftragung einer anderen Finanzverwaltung mit der Betriebsprüfung ist zulässig (sogenannte Auftragsprüfung). Besondere Voraussetzungen werden für eine Beauftragung nicht verlangt. Es handelt sich allerdings um eine Ermessensentscheidung, sodass eine Begründung durch die beauftragte Finanzverwaltung erforderlich ist.
Im Rahmen der Auftragsprüfung ist die beauftragte Finanzverwaltung zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt, aus der sich die Ermessenserwägungen, sprich die Gründe für die Auftragsprüfung, ergeben müssen.

Beispiel
Das Unternehmen A hat seine Geschäftsleitung in Kiel. Zur Konzerngruppe der A gehört auch die Gesellschaft B mit der Geschäftsleitung in Karlsruhe. Die Buchführungsunterlagen und maßgeblichen Auskunftspersonen befinden sich am Standort des herrschenden Unternehmens A.

  • Es ist einfacher und kostengünstiger, dass B im Wege der Auftragsprüfung durch die Betriebsprüfungsstelle des für das herrschende Unternehmen zuständigen Finanzverwaltung geprüft wird. Das ist in diesem Fall die Finanzverwaltung in Kiel.

2.4.2 Zulässigkeit

Eine Betriebsprüfung ist uneingeschränkt zulässig bei Steuerpflichtigen, die
• einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten,
• die freiberuflich tätig sind oder
• bei Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften (Jahresgehalt größer als 500.000 EUR).


Bei anderen Steuerpflichtigen kommt die Durchführung einer Betriebsprüfung nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 193 Abs. 2 Nr. 1 - 3 AO in Betracht:
• Nr. 1: Prüfung bei zum Steuereinbehalt Verpflichteten (z.B. Arbeitgeber bezüglich der Lohnsteuer),
• Nr. 2: Unzweckmäßigkeit einer Prüfung an Amtsstelle,
• Nr. 3: Verletzung der Mitwirkungspflichten bei bestimmten Auslandssachverhalten.

Beispiel
Die ledige A betreibt in der Innenstadt von B eine kleine Apotheke. A beschränkt sich dabei auf den Verkauf von Pharmaka, die sie vom Großhandel bezieht. Eigene Arzneimittel entwickelt sie nicht.

  • Die Betriebsprüfung ist bei A uneingeschränkt zulässig, da es sich bei der Apotheke um einen gewerblichen Betrieb handelt.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerliche Betriebsprüfung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-014-4.



Autor(-en):
Carola Ritterbach
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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Sie bietet im Bereich des Kapitalmarktrechts folgende Vorträge an:

  • Bilanzoptimierung und Ratingverbesserung durch Finanzierung
  • Unternehmerische Beteiligungen - Das Für und Wieder
  • Freie Finanzanlagenberater und -vermittler: Was ist gegenüber den Kunden zu beachten?


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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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