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Europäisches Erbrecht – Teil 03 – Umgang mit ROM IV

4. Umgang mit der ROM IV Verordnung

Die hier präsentierten Praxishinweise und Hilfestellungen sind stets mit Verweisen auf die entsprechenden Artikel der ROM IV Verordnung versehen. Gesetzestexte können zwar für Laien mitunter nur schwer verständlich sein, die ROM IV Verordnung ist aber sehr übersichtlich gestaltet, so dass sich ein Blick hinein aus Recherchezwecken durchaus lohnt. Es ist sinnvoll, sich zunächst mit ihrem Aufbau zu beschäftigen, um sich besser im Text zurechtzufinden. Den eigentlichen Artikeln vorangestellt sind die so genannten Erwägungsgründe. Diese geben zunächst Aufschluss über die Entstehungsgeschichte der Verordnung, um nachfolgend auf einzelne Ziele, die die EuErbVO verfolgt, näher einzugehen. Nach den Erwägungsgründen sind die einzelnen Kapitel aufgelistet.

• Kapitel I: Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
Die meisten Gesetzestexte und Verordnungen stellen dem eigentlichen Text ein Kapitel voran, in dem die im Text verwendeten Begriffe definiert werden und in dem klargestellt wird, auf welche Sachverhalte sich der Text bezieht. Dies ist auch nötig, da Begriffe immer wieder voneinander abweichen und vor allem im internationalen Kontext oft unterschiedlich interpretiert werden. In diesem Kapitel finden sich also zum Beispiel die Definitionen des Erbvertrages und des gemeinschaftlichen Testaments und es wird erklärt, was ein „Gericht“ im Sinne der Verordnung ist.
• Kapitel II: Zuständigkeit
Im zweiten Kapitel geht es um die gerichtliche Zuständigkeit für Entscheidungen in Erbsachen. Von dieser gibt es einige Ausnahmen und Sonderbestimmungen, die in den folgenden Artikeln aufgezählt sind. Hier sind beispielsweise die Gerichtsstandsvereinbarung und die rügelose Einlassung zu finden.
• Kapitel III: Anzuwendendes Recht
In Kapitel III sind die allgemeinen Kollisionsnormen, die Rechtswahl, sowie Bestimmungen zu Testament und Erbvertrag zu finden, so dass dieses gewissermaßen das Herzstück der Verordnung darstellt.
• Kapitel IV: Anerkennung, Anerkennbarkeit und Vollstreckbarkeit von Entscheidungen
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Staaten und deren Rechtsordnungen. Ist bei einem Erbrechtsfall mit internationalem Bezug in einem Staat ein gerichtlicher Entscheid ergangen, ist es für die Beteiligten von größter Wichtigkeit, dass dieser auch in dem anderen Staat anerkannt wird und durchgesetzt werden kann. Ein von einem deutschen Gericht als Erbe Anerkannter hat von der gerichtlichen Entscheidung keinen Vorteil, wenn diese in Belgien, wo der Nachlass in Form eines Bankkontos vorliegt, nicht anerkannt wird.
• Kapitel V: Öffentliche Urkunden und gerichtliche Vergleiche
Kapitel V ist gewissermaßen eine Präzisierung des vorangegangenen Kapitels, so dass es hier um die Anerkennungen von Urkunden und gerichtlichen Vergleichen in den beteiligten Staaten geht.
• Kapitel VI: Europäisches Nachlasszeugnis
Neu eingeführt mit Erlass der ROM IV Verordnung wurde das europäische Nachlasszeugnis, dem ein ganzes Kapitel gewidmet wurde. In diesem wird ausführlich auf den Zweck des Zeugnisses eingegangen, die zuständige Stelle für dessen Ausstellung, dessen Wirkung und seinem Inhalt.
• Kapitel VII: Allgemeine und Schlussbestimmungen
Im letzten Kapitel schließlich wird das Verhältnis der Verordnung zu anderen Verordnungen und Übereinkommen dargestellt, das aber für den Laien eher weniger Praxisrelevanz besitzt. Von Interesse ist aber Art. 84, der letzte Art. der Verordnung, in dem deren Inkrafttreten festgelegt ist.

Die vorgestellte Struktur ist in fast allen ROM Verordnungen in ähnlicher Weise zu finden, teilweise sind sogar die Überschriften identisch, so dass man sich auch in den anderen vereinheitlichten Rechtsgebieten gut selbst zurechtfinden kann. Sucht man in der Verordnung nach einem bestimmten Artikel oder nach einem Stichwort, weiß aber nicht, wo genau die entsprechende Regelung zu finden ist, empfiehlt es sich, zunächst zu überlegen, welchem Kapitel das Stichwort mutmaßlich zuzuordnen ist. Die Kapitel sind dann meist so strukturiert, dass zunächst allgemeine Artikel aufgelistet werden und weiter unten sind Artikel zu Ausnahmen oder besonderen Situationen zu finden. Ist ein rechtlicher Begriff unklar, hilft es, diesen in Kapitel I nachzuschlagen, in dem die Begriffsbestimmungen zu finden sind. Sollte dies nicht die gewünschte Erleuchtung bringen, kann auf Kapitel 10 der vorliegenden Publikation zurückgegriffen werden, in der die wichtigsten juristischen Begriffe, die in Zusammenhang mit der ROM IV Verordnung stehen, erläutert werden.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Einführung ins europäische Erbrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-015-1.


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Herausgeber / Autor(-en):

Tilo Schindele, Rechtsanwalt, Stuttgart

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Schindele begleitet IT-Projekte von der Vertragsgestaltung und Lastenheftdefinition über die Umsetzung bis hin zur Abnahme oder Gewährleistungs- und Rückabwicklungsfragen.

Tilo Schindele ist Dozent für IT-Recht und Datenschutz bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Seminare und Vorträge unter anderem zu folgenden Themen an:

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