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Kapitalmarktrecht – Teil 04 – Finanzinstrumente

2.4 Finanzinstrumente

Die am Kapitalmarkt gehandelten Produkte bezeichnet man als Finanzinstrumente. Was Finanzinstrumente sind ergibt sich in der Regel aus einer Festlegung in der MiFID II-Richtlinie (Fußnote). In deren Anhang wird aufgezählt, was als Finanzinstrument gilt (Fußnote). Das deutsche Recht greift diese Aufzählung in § 2 Abs. 4 WpHG auf und definiert als Finanzinstrumente vor allem

    • Wertpapiere,
    • Geldmarktinstrumente,
    • derivative Geschäfte,
    • Emissionszertifikate,
    • Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und
    • (die meisten) Vermögensanlagen iSd. VermAnlG.

Geldmarktinstrumente werden typischerweise auf dem Geldmarkt gehandelt (siehe Kapitel "Abgrenzung zu anderen Teilen des Finanzmarktes"). Sie umfassen z.B. kurzfristige Schuldscheindarlehen oder Schatzwechsel (vgl. Poelzig, Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 150). Schatzwechsel sind Diskontpapiere, die vom Bund oder den Ländern emittiert werden können. Ein Diskontpapier liegt vor, wenn der auf die Papiere fällige Zinsbetrag schon beim Verkauf abgezogen wird. Schatzwechsel haben eine maximale Laufzeit von 90 Tagen. Solche Schatzwechsel werden in Deutschland praktisch nicht emittiert (Fußnote).

Beispiel

Der Bund braucht kurzfristig liquide Mittel, um ein Projekt übergangsweise zu finanzieren

    • Der Bund emittiert Schatzwechsel mit einer Laufzeit von 90 Tagen. Diese haben einen Wert von 1 Mio. Euro (sog. Nominalwert). Verzinst wird der Schatzwechsel mit 2%. Diese Zinsen werden direkt vom Kaufpreis abgezogen, d.h. dieser beträgt nur 980.000 Euro. Am Ende der Laufzeit erhält der Anleger dann den Nominalwert von 1 Mio. Euro ausgezahlt.

Bei kurzfristigen Schuldscheindarlehen wird ein Kredit gegen einen Schuldschein ausgegeben. Kreditgeber sind dabei "Kapitalsammler" wie Versicherungen, Pensionskassen oder Banken. Als Kreditnehmer kommen nur große Unternehmen oder Banken mit bester Bonität in Frage. Der Vorteil liegt in den - im Vergleich zu einer Anleihe - geringeren Transaktionskosten. Auf der anderen Seite liegt der Zinssatz in der Regel etwas höher als bei Anleihen. (Fußnote).

Derivative sind Finanzinstrumente deren Wert von einem Basiswert abhängt, aus dem er sich ableitet (aus dem Lateinischen: derivare = ableiten). Als Basiswert kommt zum Beispiel der Wert einer Aktie, eines Aktienindexes, einer Staatsanleihe oder Währung oder auch eines Rohstoffes in Betracht. Zudem sind sie als Termingeschäfte ausgestaltet. Das heißt, dass sie nicht, wie "normale" Kassageschäfte innerhalb von zwei Börsenarbeitstagen zu erfüllen sind, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Ein Derivat entsteht z.B., wenn ein Kaufvertrag über eine Aktie geschlossen wird, der zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt werden muss. Dieser Zeitpunkt kann von vornherein festgelegt werden. Dann liegt ein Festpreisgeschäft (sog. Future) vor. Der Kaufpreis für die Aktien bleibt der gleiche, egal, ob ihr Wert bis zu dem vereinbarten Übergabetermin steigt oder sinkt. Damit sind Wetten auf den Kurs einer Aktie möglich. Das Derivat ist sozusagen der Kaufvertrag, der sich nun selbst weiterverkaufen lässt und dessen Wert vom Wert der Aktien abhängt.

Beispiel

Verkäufer V und Käufer K einigen sich über den Kauf einer bestimmten Aktie. Als Kaufpreis gilt der Wert, den die Aktie am Tag des Vertragsschlusses hat. V muss K die Aktie aber erst zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. nach sechs Monaten überschreiben.

    • Hier liegt ein sog. Festpreisgeschäft vor.

Daneben können Käufer und Verkäufer vereinbaren, dass das Zustandekommen des Geschäfts von der Ausübung einer sog. Option abhängt (Fußnote). Eine Option kann für den Käufer bestehen, so dass er berechtigt ist, bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses einen Kauf zu tätigen (sog. Call-Option). Sie kann aber auch andersherum vereinbart werden, so dass der Verkäufer das Recht erhält, zu einem gewissen Zeitpunkt an den Käufer Kapitalmarktprodukte zu einem vorher festgelegten Preis zu verkaufen (sog. Put-Option).

Beispiel

Verkäufer V und Käufer K vereinbaren am 01.06.2019, dass K die Möglichkeit hat, am 01.10.2019 100 Aktien der X-AG zu dem aktuellen Kurswert vom 01.06.2019 von V zu kaufen. Dafür zahlt K dem V 10.000 Euro.

    • Hier liegt eine Option vor. K kann am 01.10.2019 entscheiden, ob der Kaufvertrag zustande kommen soll, oder nicht. Dabei wird er die Kursentwicklung der Aktien im Blick behalten und nur dann kaufen, wenn der Kurs gestiegen ist. V lässt sich die Option durch die Optionsprämie bezahlen, die hier 10.000 Euro beträgt. Das Derivat ist hier die Option, den Basiswert kaufen zu können, oder auch nicht. Die Option kann nun weitergehandelt werden. Ihr Wert ist vom Wert der Aktie abhängig.

Derivate haben vielfältige Ausgestaltungs- und Einsatzmöglichkeiten. Mit ihnen können finanzielle Risiken abgesichert werden, es kann auf Preisänderungen spekuliert werden oder Preisunterschiede zwischen Märkten ausgenutzt werden. Ihr Wert kann sich allerdings bei Änderungen des Basiswerts in viel stärkerem Ausmaß verändern als der des Basiswerts. Gehandelt werden Derivate aufgrund ihrer Komplexität in der Regel nur von institutionellen Anlegern (siehe dazu Kapitel zu den Kapitalmarktteilnehmern).

Als Finanzinstrumente zählen gem. § 2 Abs. 4 WpHG Anteile an Investmentvermögen, also Anteile an Investmentfonds. Bei Investmentvermögen zahlen eine Vielzahl an Anlegern Kapital ein, das gemeinsam investiert wird. Die Anleger sind anteilig an dem Investmentvermögen beteiligt und nehmen an der Rendite teil, die das gemeinsame Anlagevermögen erwirtschaftet. Anlagegegenstände können dabei Wertpapiere, aber auch Immobilien oder Handelsschiffe sein (Fußnote).

Beispiel

Anleger A sucht nach einer Möglichkeit, sein Vermögen zu investieren. Da er selbst nicht börsenerfahren ist und auch nur begrenzte Mittel hat, will er nicht selbst im Aktien- und Anleihehandel tätig werden.

    • Für A bietet es sich an, in einen Investmentfonds zu investieren. Dabei kauft er einen Anteil an einer Fondsgesellschaft. Diese wiederum sammelt das Vermögen vieler Anleger und investiert es z.B. in Aktien und Anleihen. A hat in der Höhe seiner Beteiligung Anteil an den Gewinnen, die die Gesellschaft durch ihre Tätigkeiten erwirtschaftet.

Immer größere Bedeutung haben dabei sog. Exchange Traded Funds (ETFs). Solche ETFs bilden Indizes, wie z.B. den DAX nach. Der Fonds hält dann z.B. nur Anteile an DAX-Unternehmen. Dadurch entwickelt sich der Wert des Fonds parallel zu dem jeweiligen Index.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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