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UN-Kaufrecht – Teil 04 – Anwendungsbereich

2. Anwendungsbereich und Allgemeine Bestimmungen (Art. 1 – 13 CISG)

2.1 Anwendungsbereich (Art. 1 – 6 CISG)

Damit die Vertragsparteien überhaupt UN-Kaufrecht anwenden können müssen zunächst einige Voraussetzungen vorliegen. Diese unterteilen sich in räumliche, sachliche, persönliche und zeitliche Kriterien, die die Vertragspersonen erfüllen müssen.

2.1.1 Räumlicher Anwendungsbereich

Gem. Art. 1 Abs. 1 CISG gibt es zwei ortsbezogene Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit die CISG Anwendung finden kann:

    • Die Vertragspartner müssen ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben und müssen entweder beide Mitglieder der CISG sein oder durch Anwendung des nationalen Kollisionsrecht kommt das Recht eines Mitgliedsstaats der CISG zur Anwendung.

Dabei ist zu beachten, dass es sich bei dem Warenkauf um einen grenzüberschreitenden Vorgang handeln muss. Der Umstand, dass ein Vertrag mit einem im Inland ansässigen Unternehmen geschlossen wird, dessen Hauptverwaltungssitz im Ausland liegt, berechtigt nicht zur Anwendung der CISG.

Beispiel

Das auf die Herstellung von Milchprodukten spezialisierte Unternehmen D hat seinen Hauptsitz in Deutschland. Um Kosten zu sparen verlegt es einen Teil seiner Produktion ins polnische Grenzgebiet und gründet zu diesem Zweck eine Niederlassung in Polen. Die hierfür notwendige Rohmilch bezieht die neu gegründete Niederlassung von in der Gegen ansässigen Milchbauern. Ist auf den Vertrag zwischen D und den Milchbauern UN-Kaufrecht anwendbar?

    • Zwar handelt es sich bei D um ein deutsches Unternehmen. Auch sind sowohl Deutschland als auch Polen Mitglieder der CISG. Allerdings wird die Milch nur zwischen verschiedenen Niederlassungen in Polen gehandelt. Daher fehlt es für die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts an dem grenzüberschreitenden Element. UN-Kaufrecht ist nicht anwendbar. Wird nichts Abweichendes vereinbart ist somit auf das polnische Kaufrecht zurückzugreifen.

Beim grenzüberschreitenden Element ist allerdings zu beachten, dass es nicht darauf ankommt, ob die gehandelte Ware tatsächlich eine nationale Grenze überschreitet. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob sich die Niederlassungen der Vertragsparteien in unterschiedlichen Staaten befinden. Dieser grenzüberschreitende Charakter des Warenkaufs muss sich gem. Art. 1 Abs. 2 CISG aus dem Vertrag, den Verhandlungen, Auskünften, den früheren Geschäftsbeziehungen oder den Umständen des Vertragsschlusses ergeben. Bei mehreren Niederlassungen im In- und Ausland ist gem. Art. 10 lit a) CISG die Niederlassung ausschlaggebend, die die engste Bindung zum Kaufvertrag aufweist.

Würde das Unternehmen D im obigen Beispiel statt Rohmilch in Polen Baumaterialien für ein direkt der deutschen Niederlassung unterstelltes Großkundenbüro einkaufen, so gilt dies als grenzüberschreitender Warenkauf im Sinne des Art. 1 Abs. 1 CISG und UN-Kaufrecht könnte zur Anwendung kommen.

Zusätzlich müssen die Niederlassungen der Vertragsparteien in Mitgliedsstaaten der CISG liegen. Die aktuelle Liste der Mitgliedsstaaten inkl. Ratifikationszeitpunkt findet sich unter: Fußnote. Glücklicherweise kann man feststellen, dass die wichtigsten Handelspartner Deutschlands mittlerweile Mitglieder des CISG sind und ihre Zahl gegenwärtig immer weiter zunimmt. Neben den europäischen Staaten mit Ausnahme von Großbritannien, Irland, Portugal und Malta, befinden sich mit den USA, Kanada und Mexiko auch ganz Nordamerika, sowie mit Argentinien und Brasilien in Südamerika und China und Japan in Asien die für deutsche Unternehmen interessantesten Märkte in ihren jeweiligen Regionen unter den CISG Mitgliedsländern. Erfreulicherweise befinden sich mit Vietnam und Laos auch immer mehr aufstrebende Staaten Indochinas unter den neusten Mitgliedern der CISG.

Handelt es sich bei den Niederlassungsstaaten nicht um CISG-Mitgliedsstaaten kann UN-Kaufrecht gem. Art. 1 Abs. 1 lit b) CISG dennoch zur Anwendung kommen, wenn das nationale Kollisionsrecht auf das Recht eines Staates verweist, der die CISG ratifiziert hat.

Beispiel

Der in Irland ansässiger Feinkosthändler I bestellt sich beim deutschen Elektrogerätehersteller D aus München eine Maschine zur Herstellung von Weißwürsten. Ist auf den Kaufvertrag UN-Kaufrecht anwendbar?

    • Irland ist kein Mitgliedsstaat der CISG. Allerdings wird sowohl in Deutschland als auch in Irland die europäische Rom I-VO angewandt um das anwendbare Recht für internationale Warenkäufe zu bestimmen. Gem. Art. 4 Abs. 1 lit a) Rom I-VO ist mangels anderweitiger Abrede das Recht des Staates anzuwenden, das am Wohnsitz des Verkäufers gilt. Dies ist vorliegend deutsches Recht. Da Deutschland Mitglied der CISG ist, kann gem. Art. 1 Abs. 1 lit b) CISG UN-Kaufrecht auf den Vertrag zwischen I und D angewendet werden.

Art. 1 Abs. 1 lit b) CISG ist aber nicht im Verhältnis zu jedem anderen Staat anwendbar. Da es sich bei der CISG um einen internationalen Vertrag handelt haben einige Staaten von ihrem Recht Gebrauch gemacht, einen Vorbehalt gegenüber einigen umstrittenen Bestimmungen zu erklären. Auf die nachfolgend aufgeführten Staaten findet Art. 1 Abs. 1 lit b) CISG daher keine Anwendung.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Struktur und Praxis des UN-Kaufrechts (CISG)“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Tim Hagemann LL.M., Diplomjurist, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2020, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-016-8.


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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