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Werbeanlagen – Teil 09 – Bauordnungsrechtliche Vorschriften

3.2.2 Bauordnungsrechtliche Vorschriften

Neben bauplanungsrechtlichen Vorschriften sind für Werbeanlagen, wie für alle anderen baulichen Anlagen, auch bauordnungsrechtliche Vorschriften zu beachten. Diese müssen ebenfalls eingehalten werden, damit ein genehmigungspflichtiges Vorhaben genehmigungsfähig ist.

Das Bauordnungsrecht befasst sich mit baulich-technischen Anforderungen der geplanten Vorhaben. Aufgabe ist es Gefahren, die von den baulichen Anlagen ausgehen, abzuwehren. Das Bauordnungsrecht ist im Gegensatz zum Bauplanungsrecht wieder überwiegend in den Bauordnungen der Länder geregelt.

3.2.2.1 Verunstaltungsverbot

Aus bauordnungsrechtlicher Sicht ist für Werbeanlagen besonders das sogenannte Verunstaltungsverbot interessant. Dies findet sich in den unterschiedlichen Bauordnungen der Länder. Hier soll wieder exemplarisch am Beispiel der LBO BW das Verunstaltungsverbot und die daraus resultierenden Folgen für Werbeanlagen aufgezeigt werden. Die Überlegungen können auf die anderen Länder übertragen werden.

Für Baden-Württemberg ergibt sich das Verunstaltungsverbot aus § 11 LBO BW. Dabei ist hier kodifiziert, dass die baulichen Anlagen ihre Umgebung nicht verunstalten dürfen (§11 Abs. 1 LBO) und zueinander auch nicht verunstaltend wirken dürfen (§11 Abs. 2 LBO). Unterm Strich dürfen also weder die baulichen Anlagen selbst verunstaltend sein, noch die umliegende Umgebung durch die baulichen Anlagen verunstaltet werden.

Was Verunstaltung bedeutet wurde durch das BVerwG in einem Urteil von 1955 festgesetzt. Hier wird Verunstaltung als hässlicher Zustand beschrieben, der das ästhetische Empfinden des Betrachters nicht nur beeinträchtig sondern verletzt. Schnell wird dabei klar, dass dieses Merkmal stark von subjektiven Vorstellungen und Empfindungen geprägt wird. Extrem ausgedrückt: Was für den Einen schön ist, ist für den Anderen hässlich. Um diesen subjektiven Empfindungen weniger Gewicht zu verleihen, wird die für Beurteilung, ob eine Verunstaltung gegeben ist oder nicht, auf einen durchschnittlichen gebildeten Betrachter abgestellt. Es ist daher nicht ausreichend, dass dem einzelnen Sachbearbeiter in der Genehmigungsbehörde das geplante Vorhaben nicht gefällt. Er kann das Vorhaben nicht scheitern lassen, wenn nur er es als nicht schön empfindet. Vielmehr muss die Beurteilung so objektiv wie möglich erfolgen.

Dabei handelt es sich bei dem Verunstaltungsverbot um einen gerichtlich voll überprüfbaren Rechtsbegriff. Der Baurechtsbehörde steht hier kein Beurteilungsspielraum zu. Die Verwaltungsrichter müssen sich hier keiner Sachverständigen bedienen.

Werbeanlagen sind naturgemäß geradezu prädestiniert hier ein hohes Konfliktpotenzial hervorzurufen. Ziel der Werbung ist es gerade möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen. Dies funktioniert regelmäßig durch besondere Auffälligkeit oder Ausgefallenheit. Schnell kann so für Einzelne eine Grenze zur Verunstaltung überschritten sein. Folge sind dann verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten, auf die an späterer Stelle genauer eingegangen wird.

Beispiel:

Der Unternehmer U will in einem Wohngebiet in der Gemeinde G eine großflächige Werbetafel errichten. Das Wohngebiet ist durch Altbauhäuser geprägt. Es finden sich keine Werbeschilder oder Ähnliches in diesem Gebiet. Verstößt das Vorhaben gegen das Verunstaltungsverbot?

    • Ob das Vorhaben verunstaltend wirkt, muss im Einzelfall geprüft werden. Hierfür spricht, dass das Wohngebiet vorliegend hauptsächlich durch Altbauhäuser geprägt ist. Außerdem finden sich keine weiteren Werbeanlagen in diesem Gebiet. Stellt man sich nun eine großflächige Werbetafel vor würde diese wohl einen Fremdkörper darstellen, der auf seine Umgebung verunstaltend wirken würde. So hat dies auch der VGH Mannheim entschieden.

Beispiel 2:

Der Unternehmer U betreibt ein Malergeschäft in der Stadt S. Um mehr Kunden für sein Geschäft zu gewinnen will er Werbung machen. Er befestigt eine 3.8 x 2,5m Große Lichtwerbeanlage an seiner Hauswand. Diese wechselt im 8-Sekundentakt das Licht. In der Umgebung findet sich sonst keine Werbung. Insbesondere an der Hauswand bzw. am Haus allgemein nicht. Liegt ein Verstoß gegen das Verunstaltungsverbot vor?

    • Auch hier ist wieder der Einzelfall entscheidend. Man muss berücksichtigen, dass es sich hier, aufgrund des wechselnden Lichts, um eine sehr auffällige Werbeanlage handelt. Auch befinden sind hier in der Umgebung keine weiteren Werbeanlagen. Daher wirkt die Werbeanlage mit dem schnell wechselnden Licht verunstaltend auf ihre Umgebung und es liegt ein Verstoß gegen das Verunstaltungsverbot vor. So entschied dies auch der VGH Kassel.

3.2.2.2 Häufungsverbot

Ein weiteres zu beachtendes bauordnungsrechtliches Kriterium stellt das Häufungsverbot dar. Dabei handelt es sich um eine besondere Ausprägung des Verunstaltungsverbotes. In manchen Bauordnungen, so beispielsweise in Bayern, ist das Häufungsverbot jedoch auch ausdrücklich kodifiziert (Art. 8 S. 3 BayBO). Dieses wird getragen von dem Grundsatz, dass zu viele Werbeanagen auf einem örtlich begrenzten Gebiet als störend empfunden werden können.

Von einer Häufung kann dabei ab drei gleichzeitig wahrnehmbaren Werbeanlagen gesprochen werden. Störenden ist die Häufung dann, wenn so viele Webeanlagen in der Umgebung angesiedelt sind, dass sich beim Betrachter gerade das Bedürfnis einstellt keine Werbung mehr sehen zu müssen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um genehmigungspflichtige oder genehmigungsfreie Werbeanlagen handelt. Die störende Häufung allein ist das ausschlaggebende Kriterium.

Natürlich spielt bei dieser Beurteilung auch der Gebietscharakter eine entscheidende Rolle. So können in einem Gewerbegebiet grundsätzlich mehr Werbeanlagen aufgebaut werden, bevor eine störende Häufung angenommen wird, als beispielsweise in einem Mischgebiet oder einem allgemeinen Wohngebiet.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Zulässigkeit von Werbeanlagen“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2016, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-006-9.


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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