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Kapitalmarktrecht – Teil 11 – Börseneinführung

Ein wichtiges Instrument, um den Preis eines Wertpapiers direkt nach einer Emission stabil zu halten, ist die sog. Greenshoe-Option. Dahinter steckt der Gedanke, dass der Kurs eines Wertpapiers nach dessen Emission im Idealfall moderat steigen soll. Eine starke Steigung oder sinkende Kurse will man vermeiden. Zeigt sich während des Bookbuilding-Verfahrens, dass die Nachfrage sehr hoch ist, bringen die Emissionsbanken in der Regel ca. 15% mehr Wertpapiere auf den Markt als ursprünglich vorgesehen. Weil mehr Wertpapiere auf dem Markt sind, stabilisiert sich der Kurs und steigt nicht zu stark an. Diese 15% "mehr" an Wertpapieren "leihen" sich die Emissionsbanken von Altaktionären oder dem Emittenten. Dabei handelt es sich um ein sog. Sachdarlehen gem. § 607 BGB. Die Emissionsbanken müssen die Wertpapiere also nach Ablauf der Darlehensfrist zurückgeben. Gleichzeitig wird den Emissionsbanken mit der Greenshoe-Option das Recht eingeräumt, die 15% "mehr" an Wertpapieren zu den Emissionsbedingungen von Altaktionären oder dem Emittenten zu kaufen. Steigt der Kurs nach Ausgabe der Aktien lösen die Emissionsbanken die Option ein und erfüllen das Sachdarlehen mit diesen Wertpapieren. Sinkt der Kurs nach der Ausgabe der Wertpapiere kaufen die Emissionsbanken einen Teil der zu viel ausgegebenen Wertpapiere zurück. Damit erfüllen sie dann die Rückgabeverpflichtung aus dem Sachdarlehen. Weil dann weniger Wertpapiere auf dem Markt sind, stabilisiert sich der Kurs (Fußnote)

Beispiel

Die A-AG und das Konsortium registrieren während der Bookbuilding-Phase eine hohe Nachfrage nach den Aktien und wollen den Handelspreis für die Aktien in den ersten Tagen nach der Emission stabil halten. Die B-Bank schlägt dafür die Greenshoe-Option vor.

  • Das Bankenkonsortium vereinbart dafür mit Gründer und Altaktionär X der A-AG, dass dieser ihnen Aktien im Wert von 15% des Emissionsvolumens überlässt. Diese Überlassung wird als Sachdarlehen ausgestaltet, d.h. das Konsortium muss die Aktien nach einer Frist von zwei Wochen zurückgeben. Gleichzeitig vereinbart das Konsortium mit X, dass es die Option hat, die Aktien von X zu kaufen. Danach platziert das Konsortium die Aktien aus der Emission und die "alten Aktien" des X zusammen bei den Anlegern. Die A-AG hat Glück und die Aktien sind beliebt. Das komplette Paket inklusive des Aktienpakets des X werden platziert und der Kurs steigt moderat an. Das Konsortium löst jetzt die Option ein und kauft die Aktien von X. Damit erlischt das Sachdarlehen. Der Kurs wurde durch das größere Angebot stabil gehalten, ein "Überhitzen" vermieden. Wäre der Kurs gesunken, hätte das Konsortium das Aktienpaket des X zurückgekauft. Dadurch wäre Nachfrage entstanden und das Angebot knapper geworden. Der Kurs hätte sich stabilisiert. Im Anschluss hätte das Konsortium dem X seine Aktien zurückgegeben.

Die Greenshoe-Option fällt eigentlich unter den Tatbestand des Insiderhandels und der Marktmanipulation und wäre deswegen verboten. Sie ist aber unter bestimmten Voraussetzungen von diesen Verboten ausgenommen (dazu in den Kapiteln zu Insiderhandel und Marktmanipulation). Der Name ist angelehnt an das US-amerikanische Unternehmen Greenshoe Corp, das diese Option 1960 zum ersten Mal eingesetzt hat (Fußnote).

4.2.4 Börseneinführung (Notierung)

Mit Börseneinführung ist die Notierung an der Börse gemeint, also die erstmalige Aufnahme des Handels, § 38 Abs. 1 Satz 1 BörsG. Die Einführung muss durch den Emittenten bei der Börsengeschäftsführung beantragt werden. Sie darf frühestens einen Werktag nach Veröffentlichung des Wertpapierprospekts erfolgen, § 52 BörsZulV. Sie muss aber spätestens drei Monate nach der Zulassung erfolgen, sonst erlischt die Zulassung, § 38 Abs. 4 Satz 1 BörsG (Fußnote). Mit der Börseneinführung ist der Börsengang abgeschlossen.

4.2.5 Zusammenfassung

Zusammengefasst läuft ein Börsengang in folgender Reihenfolge ab:

  • (Gesellschaftsrechtliche) Vorbereitung des Börsengangs,
  • Erstellung und Einreichung des Wertpapierprospekts (Fußnote),
  • Billigung und Veröffentlichung des Prospekts,
  • Stellung Zulassungsantrag,
  • Preisfindung und Platzierung der Wertpapiere,
  • Erteilung der Börsenzulassung und
  • Börseneinführung.

Um den Anforderungen an eine Wertpapieremission gerecht zu werden, sollte zur Begleitung der Emission in der Praxis ein Emissionsteam zusammengestellt werden. Dieses Team umfasst den Emittenten, die Emissionsbanken, Rechtsberater, Wirtschaftsprüfer, Agenturen für Financial und Investor Relations und unter Umständen einen Emissionsberater (Fußnote).

5. Prospektpflicht

Wenn ein Emittent Finanzmarktprodukte auf den Markt bringt, muss er in der Regel einen Prospekt zu diesem Angebot veröffentlichen.

Es gibt verschiedene Gesetze, die die Pflicht beinhalten, einen Prospekt zu erstellen. Seit dem 21.07.2019 gilt unmittelbar die EU-Prospektverordnung 2017 (ProspektVO). Sie löst die alte Prospektpflicht aus dem Wertpapierprospektgesetz ab. Für Investmentvermögen ordnet das KAGB eine Prospektpflicht an. Das VermAnlG enthält eine Prospektpflicht für bestimmte Vertriebsformen außerhalb der Börse (Fußnote). Für die Zulassung eines Wertpapiers an der Börse muss z.B. ein Wertpapierprospekt nach der EU-ProspektVO veröffentlicht und von der BaFin gebilligt werden. Ein Prospekt enthält Informationen über das Unternehmen, das die Produkte emittiert und über die Produkte selbst. Mit ihm können sich die Anleger über die angebotenen Produkte und den Emittenten informieren. Er ist eine besonders wichtige Informationsquelle für die Anleger (Fußnote). Bei Prospekten handelt es sich um komplexe Dokumente, die in der Praxis oft mehrere hundert Seiten lang sind (Fußnote). Für ihre Erstellung werden Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer zu Rate gezogen.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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