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Steuerliche Betriebsprüfung – Teil 11 – Sperrgrund für die Selbstanzeige


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


4.1.7 Sperrgrund für die Selbstanzeige gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 1a, Nr. 1c AO

Die Erstattung einer wirksamen Selbstanzeige vor Entdeckung der Tat hat für den Steuerhinterzieher grundsätzlich strafbefreiende Wirkung.

Eine Selbstanzeige wird allerdings durch Maßnahmen im Rahmen einer Betriebsprüfung gesperrt und damit unwirksam, wenn

  • dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist oder
  • ein Amtsträger der Finanzverwaltung zur steuerlichen Prüfung erschienen ist.

Für das Eingreifen der Sperrwirkung ist demnach nicht mehr nur das Erscheinen des Betriebsprüfers, sondern bereits die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ausreichend. Die Strafbefreiung der Selbstanzeige soll nicht als taktisches Mittel des Steuerhinterziehers bei einem erhöhten Entdeckungsrisiko verwendet werden können.

Beispiel

Die Finanzverwaltung ordnet die Betriebsprüfung hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2015 des A an und gibt A die entsprechende Prüfungsanordnung bekannt

  • Die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung entfaltet einen Sperrgrund hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015, sodass eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht möglich ist.

Beispiel

Der Betriebsprüfer P ist auf dem Parkplatz der A-GmbH vorgefahren. Er begibt sich zum Eingang des Betriebsgebäudes. Der Betriebsinhaber A kommt ihm entgegen, als er noch einige Meter von dem Eingang entfernt war. Nach der Vorstellung erklärt P, dass er mit der Prüfung beginnen wolle. Noch auf dem Parkplatz offenbart A seine Steuerhinterziehung gegenüber P.

  • Für das Erscheinen reicht es aus, wenn der Prüfer zumindest in das Blickfeld des Steuerpflichtigen getreten ist. Dass der Prüfer die Geschäfts- oder Wohnräume bereits betreten hat, ist nicht erforderlich. Die Selbstanzeige kann somit keine strafbefreiende Wirkung haben.

4.1.8 Verbindliche Zusage gemäß § 204 AO

Das Instrument der verbindlichen Zusage dient dem Interesse des Steuerpflichtigen daran, steuerliche Regelungen für zukünftige geschäftliche Entscheidungen festzustellen.

Hat die Finanzverwaltung in einer Betriebsprüfung für einen bestimmten Sachverhalt, der in die Zukunft fortwirkt oder sich zukünftig wiederholen wird, Feststellungen getroffen, soll dem Steuerpflichtigen durch die verbindliche Zusage Sicherheit gegeben werden hinsichtlich der rechtlichen Behandlung dieses Sachverhalts.

Für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss ein Antrag des Steuerpflichtigen auf eine verbindliche Zusage erfolgt sein,
  • der sich auf einen in der Vergangenheit geprüften Sachverhalt der im Prüfungsbericht dargestellt ist bezieht und,
  • die Kenntnis der künftigen steuerlichen Behandlung dieses Sachverhalts ist für geschäftliche Maßnahmen des Steuerpflichtigen von Bedeutung.

Soweit sich der später verwirklichte Sachverhalt mit dem der verbindlichen Zusage zugrundeliegenden Sachverhalt deckt, kann die Finanzverwaltung, durch die Bindungswirkung, keine davon unterschiedlichen Entscheidungen mehr treffen.

5. Die abgekürzte Betriebsprüfung

Die Finanzverwaltung kann bei Steuerpflichtigen, bei denen eine Betriebsprüfung stattfinden dürfte, nur eine abgekürzte Betriebsprüfung durchführen. Die abgekürzte Betriebsprüfung hat sich dabei auf die wesentlichen Besteuerungsgrundlagen zu beschränken.

5.1 Zweck der abgekürzten Betriebsprüfung

Die abgekürzte Betriebsprüfung beruht auf dem Gedanken der Vereinfachung und Beschleunigung des Betriebsprüfungsverfahrens und soll so eine kürzere und schnellere Betriebsprüfung bei solchen Steuerpflichtigen ermöglichen, die nicht regelmäßig im Wege der Betriebsprüfung geprüft werden sollen.

Durch die abgekürzte Betriebsprüfung soll:

  • die Zahl der durchgeführten Prüfungen erhöht,
  • die Zeitnähe der Prüfungen gefördert und
  • durch Schwerpunktbildung die Prüfungskapazität der Finanzbehörden optimal ausgenutzt werden (Fußnote).

Die Kürzung der Betriebsprüfung bezieht sich auf die Besteuerungsgrundlagen und damit auf den sachlichen Umfang der Betriebsprüfung. Es genügt dafür, dass die Finanzverwaltung auf die Prüfung bestimmter Steuern oder Besteuerungsgrundlagen verzichtet.

5.2 Abgrenzung der abgekürzten Betriebsprüfung

Die abgekürzte Betriebsprüfung ist von der

  • Regelprüfung,
  • betriebsnahen Veranlagung und
  • zeitnahen Betriebsprüfung

zu unterschieden.

5.2.1 Regelprüfung

Die abgekürzte Betriebsprüfung unterscheidet sich von einer im Prüfungsstoff bereits eingeschränkten normalen Betriebsprüfung dadurch, dass sie über die normale Einschränkung hinaus auf die Überprüfung einzelner Besteuerungsgrundlagen eines Besteuerungszeitraums oder mehrerer Besteuerungszeiträume verzichtet.

5.2.2 Betriebsnahe Veranlagung

Die betriebsnahe Veranlagung dient der Sachverhaltsaufklärung durch die für die Veranlagung zuständigen Finanzverwaltung, indem Unklarheiten, die bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen aufgetreten sind beim Steuerpflichtigen selbst untersucht werden. Die betriebsnahe Veranlagung stellt somit die Einzelermittlungstätigkeit der Finanzverwaltung im Bereich der Steuerfestsetzung dar, für Sachverhalte die ein Finanzbeamter vom Schreibtisch aus nur unzureichend beurteilen könnte.

Für Einzelermittlungen im Rahmen einer betriebsnahen Veranlagung sind weder ein Prüfungsauftrag noch eine Prüfungsanordnung erforderlich (Fußnote).

Die abgekürzte Betriebsprüfung unterscheidet sich von der betriebsnahen Veranlagung dadurch, dass sie

  • einer Prüfungsanordnung bedarf
  • •auf die umfassende Ermittlung eines Prüffeldes oder Sachverhaltes gerichtet ist.

Beispiel

Die Finanzverwaltung erhält von dem Steuerpflichtigen A eine Steuererklärung mit Zahlen, die derart von den Vorjahren abweichen, dass die Finanzverwaltung stutzig wird.

  • Die Finanzverwaltung kann Unstimmigkeiten in der Steuererklärung des A im Rahmen der so genannten betriebsnahen Veranlagung im Unternehmen des Steuerpflichtigenumfassend aufklären lassen.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerliche Betriebsprüfung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-014-4.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 


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