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UN-Kaufrecht – Teil 11 – Allgemeine Geschäftsbedingungen

Beispiel

Nachdem A den Hafer des H im obigen Beispiel doch abnehmen musste stellt er fest, dass dieser seinen Pferden besonders gut bekommt. Daher schickt er dem H im darauffolgenden Frühjahr noch ein Angebot über den Kauf von 20 Zentnern Hafer. Kurz darauf bekommt er von H eine schriftliche Auftragsbestätigung über die Lieferung von 19 Zentnern Hafer übermittelt, der er nicht widerspricht. Ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen?

  • Die Annahme des Angebots des A in Form der Auftragsbestätigung durch H stimmt inhaltlich nicht mit dessen Angebot überein. Daher ist sie gem. Art. 19 Abs. 1 CISG grds. als Ablehnung des ursprünglichen Angebots und Abgabe eines neuen Angebots über 19 Zentner Hafer zu werten. Da es sich nur um eine unbedeutende Abweichung handelt könnte wegen Art. 19 Abs. 2 CISG aber dennoch ein Vertrag zustande gekommen sein. Dagegen spricht allerdings Art. 19 Abs. 3 CISG, da es sich um eine mengenmäßige Abweichung vom ursprünglichen Angebot handelt. Daher ist vorliegend kein Kaufvertrag zustande gekommen.

3.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen

Wie bereits in der Einführung besprochen besitzt die CISG trotz ihrer außerordentlichen Wichtigkeit für den internationalen Handel keine konkreten Regelungen bzgl. allgemeiner Geschäftsbedingungen. Da sie im Geschäftsverkehr als Einkaufs- oder Lieferbedingungen oder in der Form von Formularverträgen jedoch zum Standard gehören, drängen sich in der Praxis zwangsläufig einige Fragestellungen zu ihrer Behandlung auf. Das betrifft insbesondere die Frage, wann AGB überhaupt in einen Vertrag einbezogen wurden, welche Anforderungen an ihre Ausgestaltung gestellt werden und wie sie in Konfliktfällen auszulegen sind.

3.3.1 Einbeziehung

Grundsätzlich benennt das UN-Kaufrecht keine besonderen Voraussetzungen zur Einbeziehung von AGB. Allerdings wird von deutschen Gerichten angenommen, dass sie den Voraussetzungen der Art. 14 ff. CISG unterliegen (Fußnote). Demzufolge gilt für ihre Einbeziehung das gleiche wie für alle anderen vertraglichen Abreden, nämlich, dass es ein auf die Einbeziehung der AGB gerichtetes Angebot von AGB von der Gegenseite wirksam angenommen wurde.

Dazu ist es notwendig, dass der Verwender der AGB, also derjenige, der seine AGB in den Vertrag einbeziehen möchte, der Gegenseite Kenntnis von den AGB verschafft, ihn auf die Einbeziehung der AGB hinweist und sich der Vertragspartner sodann mit der Einbeziehung einverstanden erklärt.

3.3.1.1 Kenntnisverschaffungspflicht

Wie bei allen vertraglichen Abreden muss dem Vertragspartner zunächst ein Angebot unterbreitet werden. Aus dem Umstand, dass die Einbeziehung von AGB somit den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 14 CISG genügen und dem Vertragspartner gem. Art. 15 CISG zugehen muss, hat die Rechtsprechung gefolgert, dass der Verwender verpflichtet ist, der Gegenseite unaufgefordert den vollständigen Text zur Kenntnisnahme vorzulegen (Fußnote). Aus Gründen der Verkehrserleichterung wird es allerdings schon als ausreichend erachtet, wenn der Verwender dem Vertragspartner einen Link in einer E-Mail zur Verfügung stellt, der zu den AGB führt und das Herunterladen des Texts ohne weiteres ermöglicht. Allerdings muss einschränkend beachtet werden, dass die AGB an die zwischen den Parteien verwendete Verhandlungssprache angepasst werden muss (Fußnote), sofern der andere Teil nicht darauf verzichtet oder die abweichende Sprache der AGB einem Handelsbrauch oder -gepflogenheit der Parteien entspricht. Weiterhin muss beachtet werden, dass die AGB dem Vertragspartner zugehen müssen bevor das Vertragsangebot angenommen wird, damit sie wirksam Vertragsbestandteil werden können (Fußnote).

Beispiel

Der in Spanien ansässige Dompteur S benötigt für seine Arbeit eine neue Nummer. Für diese möchte er ein Pferd von A kaufen und macht ihm per E-Mail ein entsprechendes Angebot. A weiß, dass S mit seinen Zahlungen oft ein bisschen nachlässig ist, lässt sich aber dennoch auf das Angebot ein, da er sich auf die abschreckende Wirkung der in seinen AGB enthaltenen hohen Verzugszinsen verlässt. Entsprechend nimmt er das Angebot an und hängt mit dem Verweis, dass seine AGB zu beachten seien den AGB Text zusammen mit der Rechnung in einer gesonderten Datei an die Antwort-E-Mail an. Als es kommt, wie es kommen muss und S mit seiner Zahlung in Verzug gerät verlangt A von S die in seinen AGB bestimmten Verzugszinsen. Zurecht?

  • Aufgrund des auch im UN-Kaufrecht anerkannten Rechts der Privatautonomie können die Parteien grds. frei über den Inhalt ihrer Verträge entscheiden, also auch die zu zahlenden Verzugszinsen festlegen. Allerdings hat A dem S seine AGB hier nicht zur Kenntnisnahme vorgelegt bevor er dessen Angebot angenommen hat. Ein Nachschieben von AGB mit dem Rechnungsschreiben ist nicht ausreichend um eine Einbeziehung zu gewährleisten.

3.3.1.2 Hinweispflicht

Neben der Kenntnisverschaffungspflicht trifft den Verwender auch die Pflicht eindeutig darauf hinzuweisen, dass seine AGB Vertragsbestandteil werden sollen. Da AGB häufig als separater Text gestaltet sind und nicht explizit im Vertragstext aufgeführt werden, muss dem Vertragspartner klar vermittelt werden, dass sie Teil des Vertrags werden sollen. Dabei wird diese Voraussetzung mitunter äußerst streng interpretiert: So reicht es bspw. nicht aus, wenn die AGB auf der Rückseite einer Bestellbestätigung abgedruckt sind ohne, dass es auf er Vorderseite einen ausdrücklichen Hinweis darauf gibt.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Struktur und Praxis des UN-Kaufrechts (CISG)“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Tim Hagemann LL.M., Diplomjurist, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2020, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-016-8.


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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