Steuerliche Betriebsprüfung – Teil 14 – Datenträgerüberlassung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
6.4 Datenträgerüberlassung
Der Betriebsprüfer kann schließlich fordern, dass der Steuerpflichtige die relevanten Daten auf einen externen Datenträger überspielt, damit die Daten bei der Betriebsprüfungsstelle ausgewertet werden. Der Betriebsprüfer darf nicht selbst die Daten aus dem EDV-System des Steuerpflichtigen kopieren oder auf seinen Rechner herunterladen. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Finanzverwaltung eigene, umfangreichere Auswertungsprogramme einsetzen kann, um die prüfungsrelevanten Daten des Steuerpflichtigen zu analysieren und zu überprüfen. Im Einzelnen kann der Betriebsprüfer betriebswirtschaftliche Analysen und Verprobungen aller Art vornehmen, z.B.
- eine Vorsteuerverprobung
- Ermittlung des Rohgewinnaufschlagsatzes
- Überprüfungen der Reisekosten oder
- Arbeitslöhne.
Bei der Verprobung handelt es sich um einen Ist-Soll-Vergleich. Der Prüfer stellt einen Istwert einem aus Plausibilitätsüberlegungen gewonnenen Sollwert gegenüber. Der Betriebsprüfer kann systematisch nach Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den Daten und den Daten über Kunden und Lieferanten suchen, um beispielsweise USt-Betrugsgeschäfte aufzuspüren. Überdies kann er verschiedene Tests durchführen, bei welchen davon ausgegangen wird, dass bei jedem Zahlenwerk eine normale Häufigkeitsverteilung von einzelnen Ziffern vorliegt und dass ein Steuerhinterzieher unbewusst eine Vorliebe für bestimmte Lieblingszahlen hat und solche deshalb vermehrt verwendet. Der zur Auswertung überlassene Datenträger ist spätestens nach Bestandskraft der auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide an den Steuerpflichtigen zurückzugeben oder zu löschen.
Der Steuerpflichtige hat nach Abschluss der Betriebsprüfung keinen Anspruch darauf, sich schriftlich vom Betriebsprüfer beziehungsweise Finanzverwaltung bestätigen zu lassen, dass keine Daten kopiert oder zurückbehalten worden sind. Die Aufforderung der Finanzverwaltung zur Datenträgerüberlassung ist unabhängig davon rechtmäßig.
6.5 Auswahlermessen
Die Aufforderung zur den genannten Methoden des Datenzugriffs, also zur Datenüberlassung beziehungsweise zur Gestattung des Lesezugriffs oder das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung nutzen zu können oder die Daten nach Verfahren der Finanzverwaltung aufzubereiten, stellt einen eigenen Verwaltungsakt dar, gegen den sich der Steuerpflichtige mit dem Einspruch und der Anfechtungsklage wehren kann (Fußnote).
Die Finanzverwaltung hat bei der Entscheidung,
- auf elektronische Daten des Steuerpflichtigen zuzugreifen oder
- eine herkömmliche Buchprüfung durchzuführen oder
- bei der Auswahl der Zugriffsmethode
ein Ermessen.
Bei der Ausübung des ihr zustehenden Ermessens hat die Finanzverwaltung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Zusätzlich ist die Ermessensentscheidung zu begründen (Fußnote).
Unzulässig ist es, wenn die Finanzverwaltung standardmäßig bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung den Datenzugriff in Form der Überlassung eines Datenträgers verlangt, da dies bedeutet, dass die Finanzverwaltung keinerlei auf den konkreten Sachverhalt bezogene Ermessenserwägungen angestellt hat.
Der Betriebsprüfer soll vielmehr bei einem sogenannten Eröffnungsgespräch zu Beginn der Betriebsprüfung seine Absicht mitteilen, einen Datenzugriff durchzuführen und dem Steuerpflichtigen dabei Gelegenheit zur Stellungnahme geben, welche Gründe für oder gegen die jeweilige Variante des Zugriffs sprechen.
Im Rahmen der Ermessensentscheidung muss der Betriebsprüfer die Einzelfallsituation des Betriebes beachten und zum Beispiel berücksichtigen,
- dass beim unmittelbaren und mittelbaren Datenzugriff während der Prüfungsdauer das EDV-System für eigene Mitarbeiter mehr oder weniger blockiert ist,
- dass gegebenenfalls erhebliche Kosten für den Steuerpflichtigen entstehen,
- dass er möglicherweise sogar externes Personal wird beauftragen und stellen müssen.
Ist in einem Betrieb nur ein PC vorhanden, kann die Finanzverwaltung demgemäß nur verlangen, dass die Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger überlassen werden, da ansonsten die Nutzung für den Betrieb selbst ausgeschlossen wäre und die Betriebsprüfung einen möglichst geringen Eingriff darstellen soll.
Beispiel
Der Handwerksbetrieb von A unterhält in seinem Büro einen PC für ihn und einen für die Buchhalterin, die die ein- und ausgehenden Belege täglich erfasst. Darüber hinaus überwacht sie die einzuhaltenden Fristen und das Mahnwesen. A benötigt seinen PC um Angebote zu erstellen, Angebote einzuholen und der Überwachung der eigenen Website.
- Die Finanzverwaltung kann auch hier nur verlangen, dass die zu prüfenden Daten auf einen Datenträger übertragen werden, da ansonsten die Büroabläufe massiv gestört wären, wenn der Betriebsprüfer einen der beiden PCs zur Überprüfung in Beschlag nehmen würde.
6.6 Kosten
Die mit dem Datenzugriff im Bereich des Steuerpflichtigen im Zusammenhang stehenden Kosten muss dieser selbst tragen.
Dies gilt insbesondere für
- Personalkosten,
- Sachkosten und
- etwaige Lizenzgebühren für zusätzliche Zugriffsberechtigungen seines EDV-Systems.
7. Verjährung
Die Verjährung spielt bei einer Betriebsprüfung eine sehr wichtige Rolle, denn mit ihr stellt und fällt die Durchführung einer Betriebsprüfung.
7.1 Allgemeines
Die Verjährung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr durchsetzbar ist. Würde die Finanzverwaltung ein verjährtes Recht versuchen, durchzusetzen, würde sie ermessenswidrig handeln. Das Recht des Staates auf Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, hier der Steuerhinterziehung und der leichtfertigen Steuerverkürzung, ist durch Eintritt der Strafverfolgungsverjährung erloschen.
Überdies führt das Erlöschen der behördlichen Rechtsansprüche dazu, dass sämtliches Verwaltungshandeln, das auf die Geltendmachung der Rechte zielt, rechtswidrig ist, wodurch sämtliche ermittelten Besteuerungsgrundlagen sowie unverwertbar wären.
Für den Steuerpflichtigen endet zeitgleich auch die Möglichkeit, durch Antrags- oder Wahlrechtsausübung Einfluss auf sein Steuerschuldverhältnis zu nehmen (Fußnote).
Der Beginn der steuerlichen Verjährungsfrist ist grundsätzlich der Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die konkrete Steuer entstanden ist. Ausnahmen davon sind Anlaufhemmungen, die den Beginn der Festsetzungsfrist auf einen späteren Zeitpunkt verlagern. Eine Anlaufhemmung gibt es in den Fällen, in denen vor der Steuerfestsetzung eine Erklärung, Anmeldung oder Anzeige durch den Steuerpflichtigen abzugeben ist.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerliche Betriebsprüfung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-014-4.
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht.
Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:
- „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
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Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
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Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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