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Kapitalmarktrecht – Teil 18 – Sonstige Haftungsgrundlagen

6.4 Sonstige Haftungsgrundlagen

Vor der Regelung der Prospekthaftung im KAGB und im Vermögensanlagegesetz hat die Rechtsprechung eine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung entwickelt. Deren Voraussetzungen waren weniger streng als die der jetzigen Prospekthaftung. Außerdem war nicht nur "Rückabwicklung", sondern z.B. auch Ersatz des entgangenen Gewinns geschuldet. Um die neuen Haftungstatbestände nicht zu umgehen, hat die Rechtsprechung die Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im Anwendungsbereich von WpPG, KAGB und VermAnlG ausgeschlossen (Fußnote).

Neben die Haftung gem. WpPG, KAGB und VermAnlG kann eine Haftung aus allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften treten. Es kommt eine Haftung aus Delikt gem. § 823 Abs. 1 BGB oder gem. § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Veröffentlichung des falschen Prospekts auch einen Betrug iSd. § 263 StGB oder einen Kapitalanlagebetrug iSd. § 264a StGB darstellt (Fußnote).

Beispiel
Die B-GmbH & Co. KG ist eine Fondsgesellschaft. Ihr Zweck ist die Errichtung mehrerer Wohngebäude. Das Grundstück, auf dem die Häuser gebaut werden soll, ist Teil eines Geländes, auf dem sich früher ein Gaswerk befand. Das gesamte Gelände des ehemaligen Gaswerks ist durch die zuständige Behörde als Altlastenverdachtsfläche gekennzeichnet. Auf anderen Grundstücken auf dem Gelände werden bei Bodenproben Belastungen gefunden. Die B-GmbH & Co. KG will das Projekt aber weiter vorantreiben und das Geld für das Bauprojekt bei den Anlegern einsammeln. Dafür erstellt sie einen Prospekt, in dem sie das Problem mit dem Altlastenverdacht unerwähnt lässt. Das geschieht auf Anweisung der G, die als Geschäftsführerin der B-GmbH die Geschäfte der B-GmbH & Co. KG leitet. Diese weiß von dem Verdacht hinsichtlich der Bodenbelastung, befürchtet aber, dass das Projekt scheitern würde, wenn die Anleger von diesem Verdacht erfahren. Aufgrund des Prospekts investiert Anleger A. Zu Beginn der Bauarbeiten werden auf dem Baugrundstück Altlasten gefunden. Das Bauprojekt wird deshalb durch die zuständige Behörde eingestellt.

  • G hat verschwiegen, dass bezüglich des Grundstücks, auf dem die Wohnhäuser errichtet werden sollen, ein Altlastenverdacht bestand. Das war für die Anleger eine entscheidende Tatsache für den Erwerb dieser Vermögensanlage, da davon die Bebaubarkeit des Grundstücks abhing. Außerdem stand das Verschweigen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anteilen der B-GmbH & Co. KG, um damit das Bauprojekt zu finanzieren und die falsche Darstellung fand sich in einem Prospekt. Das Angebot war öffentlich und richtete sich an eine Vielzahl von Anlegern. G wusste außerdem von dem Altlastenverdacht und verschwieg ihn bewusst in dem Prospekt, um das Projekt nicht zu gefährden. Damit hat sie den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs erfüllt. Die Folge ist, dass sie selbst gegenüber den Anlegern auf Grund der deliktsrechtlichen Vorschriften auf Schadensersatz haftet. Daneben haftet die B-GmbH & Co. KG, der das Verhalten der G über § 31 BGB zugerechnet wird. Die G könnte außerdem strafrechtlich wegen Kapitalanlagebetrug verurteilt werden, worauf eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe steht.

In besonders gravierenden Fällen kommt sogar eine Haftung wegen sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB in Betracht, z.B. wenn die Anleger bewusst getäuscht wurden (Fußnote).

Eine Haftung gem. § 826 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn das Verhalten einer Person "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt". Mit dieser Formulierung ist gemeint, dass eine Handlung besonders verwerflich sein muss, um von § 826 BGB erfasst zu werden. Deshalb reicht die fehlende Veröffentlichung einer wesentlichen Information im Prospekt allein noch nicht für eine Haftung gem. § 826 BGB aus. Diese Pflichtverletzung ist schon durch die Haftungstatbestände in WpPG, KAGB und VermAnlG ausreichend abgedeckt. Für eine Haftung gem. § 826 BGB muss z.B. dazu kommen, dass das Ziel der Handlung oder die eingesetzten Mittel besonders verwerflich sind (Fußnote). Das kann bei Prospekthaftungsfragen z.B. dann der Fall sein, wenn eine bewusste Täuschung bzw. ein bewusstes Verschweigen vorliegen, um dadurch möglichst viele Anlageinteressenten zu gewinnen (Fußnote).

6.5 Bußgelder und Sanktionen

Neben der zivilrechtlichen Haftung gegenüber den Anlegern kann die BaFin bei Verstößen gegen die Prospektpflicht einschreiten. Gem. § 24 WpPG kann die BaFin bei vorsätzlichen oder leichtfertigen Verstößen gegen eine Pflicht aus dem WpPG oder der ProspektVO Bußgelder verhängen. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn der Täter das außer Acht lässt, was jedem an seiner Stelle hätte einleuchten müssen, Vorsatz, wenn der Täter den Verstoß zumindest billigend in Kauf nimmt (vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, § 5 Rn. 280). Die Bußgelder können gem. § 24 Abs. 5 und 6 WpPG je nach Fall zwischen 100.000 Euro und 5 Mio. Euro betragen.
Die BaFin kann außerdem auf ihrer Internetseite bekanntmachen, dass ein Emittent, Anbieter oder Zulassungsantragsteller seinen Verpflichtungen aus dem WpPG oder der ProspektVO nicht oder nur unvollständig nachkommt, § 18 Abs. 3 WpPG. Sie kann darüber hinaus ein öffentliches Angebot untersagen, § 18 Abs. 4 WpPG.
§ 340 KAGB und §§ 29, 17 und 18 VermAnlG enthalten ähnliche Vorschriften für Verstöße gegen die Prospektpflicht aus dem KAGB oder dem VermAnlG. Unter Umständen können vorsätzlich falsche Angaben in einem Prospekt sogar strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. So steht z.B. auf Kapitalanlagebetrug gem. § 264a StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Die Bußgelder können gem. § 24 Abs. 5 und 6 WpPG je nach Fall zwischen 100.000 Euro und 5 Mio. Euro betragen. Die BaFin kann außerdem auf ihrer Internetseite bekanntmachen, dass ein Emittent, Anbieter oder Zulassungsantragsteller seinen Verpflichtungen aus dem WpPG oder der ProspektVO nicht oder nur unvollständig nachkommt, § 18 Abs. 3 WpPG. Sie kann darüber hinaus ein öffentliches Angebot untersagen, § 18 Abs. 4 WpPG.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.





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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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