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UN-Kaufrecht – Teil 18 – Maßgeblicher Zeitpunkt

Praxistipp
Auch hier zeigt sich wie zentral die Formulierung von Mindeststandards für Qualität und Güte im Vertragstext ist. Möchte der Käufer das Risiko, wegen Verstoß gegen regulatorische Standards mit unverkäuflicher Ware dazustehen nicht selbst tragen, empfiehlt es sich daher die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Mindeststandards zur Grundlage für die vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung zu machen.


4.2.1.4.3 Maßgeblicher Zeitpunkt

Eine mangelhafte Ware ist nicht automatisch vertragswidrig. Vielmehr ist es notwendig, dass die Ware bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war - den Verkäufer trifft insofern gem. Art. 36 Abs. 1 CISG nur die Pflicht, die Ware dem Käufer mangelfrei zu überlassen. Spätere Verschlechterungen der Ware fallen dann in den Risikobereich des Käufers. Allerdings ist die Ware bereits dann mangelhaft, wenn sich der Mangel zwar noch nicht gezeigt hat, in Wirklichkeit aber bereits in der Sache angelegt war.

Beispiel

Eine Produktionsmaschine, für deren Kabeldichtungen eine falsche Materialmischung verwendet wurde und die infolgedessen einige Wochen nach Inbetriebnahme beim Käufer einen Kurzschluss erleidet. Nicht dagegen, wenn eine vertragsgemäße Produktionsmaschine durch unfachmännische Verwendung des Käufers überhitzt und daraufhin nicht mehr funktionsfähig ist.

Der Gefahrübergang nimmt daher eine zentrale Rolle für die Vertragsgemäßheit der Ware ein. Sofern bei der Vertragsgestaltung wie in der Praxis regelmäßig auf die INCOTERMS Standardklauseln zurückgegriffen wird, ist auf die dort enthaltenen Regeln zum Gefahrübergang zu achten. Diese können im Einzelnen der Übersicht in Ziffer 4.2.2.1 entnommen werden. So geht die Gefahr, bei einem zufälligen Untergang der Ware trotzdem die vertragliche Leistung erbringen zu müssen bei der INCOTERMS-Klausel EXW bereits bei Aussonderung und Bereitstellung der Ware am Werk des Verkäufers auf den Käufer über, bei der Klausel CIF jedoch erst bei Ankunft an Bord des Transportschiffes im Verschiffungshafen. Verschlechtert sich die Ware nach Gefahrübergang, muss der Verkäufer dann grundsätzlich nicht mehr für den Mangel einstehen. Sofern die Parteien keine INCOTERMS-Klauseln verwendet haben und es sich - wie im internationalen Handel üblich - um einen Versendungskauf handelt, bestimmt Art. 67 Abs. 1 CISG, dass die Ware zumindest bei der Übergabe an den ersten Frachtführer keinen Mangel aufweisen darf.

Allerdings kann auch ein nach Gefahrübergang eingetretener Mangel gem. Art. 36 Abs. 2 CISG nach den Umständen des Einzelfalls eine Vertragsverletzung seitens des Verkäufers darstellen. Sofern dieser nämlich eine Beschaffenheitsgarantie für die Ware abgegeben hat oder ihm die spätere Verschlechterung der Ware objektiv zugerechnet werden kann, muss er ausnahmsweise auch nach Gefahrübergang noch für die vertragsgemäße Beschaffenheit der Ware einstehen.

Beispiel
D bestellt beim argentinischen Großhändler A 200 kg Angus-Beef. Nachdem A garantiert, dass alle seine Früchte noch mindestens acht Wochen nach Übergabe an seinen Transporteur haltbar sind, bestellt er zusätzlich 300 kg Zitronen. Das Fleisch wird von As Transporteur jedoch nicht ausreichend gekühlt verschifft und kommt daher in einem fauligen Zustand bei D an. Die Zitronen sind hingegen zunächst in einem guten Zustand, weisen aber nach vier Wochen schon viele faulige und unverkäufliche Exemplare auf. Muss A für die Mängel einstehen?

  • Mangels anderweitiger Abreden ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs der Moment der Übergabe des A an den Transporteur. Sowohl das Fleisch als auch die Zitronen waren bei Verschiffung jedoch noch in einem vertragsgemäßen Zustand, die Mängel an der Ware sind erst zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten. Mangels anderslautender Abrede ist A für die Auswahl und die Versendung der Ware an D verantwortlich und hätte daher auf eine angemessene Kühlung achten müssen. Für die Zitronen hat A zudem eine Haltbarkeitsgarantie von acht Wochen abgegeben, der die Früchte nicht gerecht geworden sind. Daher muss A in beiden Fällen für die nachträgliche Verschlechterung der Ware eintreten.

4.2.1.4.4 Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten

Ob der Käufer einen Mangel, für den der Verkäufer verantwortlich ist, gerichtlich gelten machen kann, hängt allerdings auch von seinem eigenen Verhalten ab. Wie auch im deutschen Handelsrecht üblich (Fußnote), kommt dem Käufer im UN-Kaufrecht gem. Art. 38, 39 CISG eine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit zu. Das bedeutet, dass der Käufer nur dann die Mangelhaftigkeit der Ware geltend machen kann, wenn er die Ware zeitig nach ihrem Erhalt in angemessener Weise untersucht und festgestellte Mängel gegenüber dem Verkäufer rügen muss.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Struktur und Praxis des UN-Kaufrechts (CISG)“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Tim Hagemann LL.M., Diplomjurist, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2020, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-016-8.


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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