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Heilmittelwerbung – Teil 19 – Verbot irreführender Werbung

Unter den Begriffen Heilbar, Kurort versteht die Rechtsprechung Orte oder Ortsteile mit

  • natürlichen, wissenschaftlich anerkannten und durch Erfahrung bewährten Heilmitteln des Bodens,
  • überprüftem Lage- und Witterungsklima,
  • entsprechenden Kureinrichtungen, Kurpersonal und Kurortscharakter
  • einer staatlichen Feststellung und Bekanntgabe der wissenschaftlich anerkannten Heilanzeigen und Gegenanzeigen.

Diese Orte und Ortsteile sind typischerweise auf Krankheiten mit längerer Behandlungsdauer spezialisiert (Fußnote).

Sanatorien sind idR Kuranstalten (Fußnote). Kuranstalten sind Anstalten, die Personen aufnehmen, die eines Krankenhausaufenthalts nicht oder nicht mehr bedürfen. Es handelt sich in der Regel um Personen, die nicht bettlägerig sind. Kuranstalten dienen der stationären Behandlung chronischer Erkrankungen, Vorbeugung oder Nachsorge. Der Heilerfolg wird von bestimmten Umständen des Aufenthaltsorts wie Fernhaltung von störenden Umwelteinflüssen, zweckmäßige Ernährung, Ruhe etc. bedingt (Fußnote).

Die Ausnahmeregelung erfasst keine Krankenhäuser, die nicht nur bestimmte Krankheiten mit spezifischen Mitteln behandeln. Im Hinblick auf das Berufsrecht aus Art. 12 I GG ist ihnen trotz dessen Werbung für ihre Leistungen erlaubt. Die Gefahr einer Selbstbehandlung besteht in diesen Fällen nicht (Fußnote). Eine Ausnahme vom Werbeverbot besteht auch für Ärzte, wenn sich die Patientenwerbung im gesetzlichen Rahmen des ärztlichen Standesrechts bewegt (Fußnote).

7. Das Verbot irreführender Werbung

Im Wettbewerbsrecht kommt dem Verbot irreführender Werbung große Bedeutung zu (Fußnote). Im Regelungsbereich der Heilmittelwerbung dient das Irreführungsverbot primär dem Gesundheitsschutz. Daneben dient es dem Schutz von Patienten und Kostenträger vor wirtschaftlicher Übervorteilung (Fußnote). Die Vorschriften, die das allgemeine Verbot irreführender Werbung regeln, finden sich in verschiedenen Gesetzen. Das Irreführungsverbot für Arzneimittel ist in §§ 5,5a UWG und für Medizinprodukte in § 4 II MPG normiert. Für Lebensmittel und kosmetische Mittel regeln §§ 11, 27 LFGB das generelle Irreführungsverbot (Fußnote). Im Bereich der Heilmittelwerbung gilt § 3 HWG als eine Ausprägung des allgemeinen Irreführungsverbots der § 5f. UWG (Fußnote). Alle Normen sind nebeneinander anwendbar (Fußnote).


7.1 Irreführende Angaben, § 3 HWG

Gem. § 3 HWG ist eine irreführende Werbung unzulässig. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn

  • den Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegen-ständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben 

  • fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass 
a) ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann, 
b) bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, 
c) die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird 

  • unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben gemacht werden über 
a) die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Arzneimitteln, Medizin-produkten, Gegenständen oder anderen Mitteln oder über die Art und Weise der Verfahren oder Behandlungen oder 
b) die Person, Vorbildung, Befähigung oder Erfolge des Herstellers, Erfinders oder der für sie tätigen oder tätig gewesenen Personen

7.1.1 Allgemeines Irreführungsverbot

Die Ausprägung des allgemeinen Irreführungsverbots in § 3 HWG soll sicherstellen, dass die Werbung für Heilmittel klar formuliert ist. Dadurch soll verhindert werden, dass der Adressat der Werbung die Heilmittelwerbung missversteht und das betroffene Mittel falsch oder unkontrolliert anwendet (Fußnote). Zudem kann solche Werbung die Adressaten davon abhalten, sich rechtzeitig sachkundiger Behandlung zu unterziehen oder sich rechtzeitig von einem Arzt beraten zu lassen (Fußnote).

7.1.2 Begriff der Irreführung

Eine Werbung ist irreführend, wenn sie bezüglich der Umstände, die für die Entscheidung des Adressaten hinsichtlich des beworbenen Produkts von Bedeutung sind, eine Divergenz zwischen dessen Vorstellung und Realität bewirkt (Fußnote). Beim Adressaten wird also eine Vorstellung erzeugt, die nicht den wirklichen Verhältnissen entspricht (Fußnote). Bei der Beurteilung, ob eine Irreführung vorliegt, kommt es darauf an, wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Angehöriger des Verkehrskreises, an den sich die Werbung richtet, die Werbeaussagen verstehen würde (Fußnote). Die Angehörigen der Verkehrskreise können Verbraucher, bestimmte Gruppen von Verbrauchern wie alte Menschen oder Schwangere, Fachkreise iSv § 2 HWG oder Teile von diesen Fachkreisen sein (Fußnote). Bei reiner Fachkreiswerbung ist die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und kritischen Angehörigen des angesprochenen Fachkreises entscheidend. Dabei ist der variierende Ausbildungs- und Kenntnisstand innerhalb des Fachkreises zu berücksichtigen (Fußnote). Richtet sich die Werbung nur an Patienten, gelten besonders strenge Maßstäbe an die Verständlichkeit der Werbeaussage. Die Irreführungsstandards sind im Einzelfall unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gefahren für die Gesundheit, Informationswert der betroffenen Aussage und den berechtigten Informationsinteressen des Werdenden zu bestimmen (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


 

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Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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