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Kapitalmarktrecht – Teil 19 – Marktteilnahme

7. Marktteilnahme

Sobald Finanzinstrumente zum Handel an der Börse oder einem MTF oder OTF zugelassen sind, gelten für die Emittenten der Finanzinstrumente verschiedene Regeln, solange die Finanzinstrumente am Sekundärmarkt gehandelt werden. Dazu gehören v.a. Veröffentlichungs- und Verhaltenspflichten, mit denen sichergestellt werden soll, dass der Kapitalmarkt ordnungsgemäß funktioniert

7.1 Insiderrecht

Ein wichtiger Teil dieser Regelungen ist das Insiderrecht. Das Insiderrecht soll verhindern, dass Insiderinformationen für den Handel am Finanzmarkt genutzt werden. Es soll die Integrität des Finanzmarktes schützen und verhindern, dass sich Insider einen ungerechten Vorteil gegenüber Dritten schaffen.

Dazu verbietet die EU-Marktmissbrauchsverordnung (Fußnote) Insiderhandel nach Art. 14 MAR. Daneben gibt es eine Reihe von Maßnahmen, um Insiderhandel von vornherein zu unterbinden (Fußnote). Bestimmte Informationen müssen z.B. ad-hoc veröffentlich werden, Eigengeschäfte von Führungskräften müssen gemeldet und Insiderlisten geführt werden (siehe dazu das Kapitel zur Marktteilnahme).

7.1.1 Erfasste Finanzinstrumente

Die MAR umfasst sowohl Finanzinstrumente, die am geregelten Markt, also der Börse zugelassen sind, als auch Finanzinstrumente, die an MTFs oder OTFs gehandelt werden, Art. 2 Abs. 1 MAR. Im Freiverkehr gehandelte Finanzinstrumente sind von der MAR umfasst, wenn die Initiative für die Aufnahme in den Freiverkehr vom Emittenten ausging oder der Emittent der Aufnahme zustimmt (Fußnote). Die MAR gilt außerdem für Finanzinstrumente, für die der Zulassungsantrag zu einem dieser Systeme gestellt wurde. Daneben sind gem. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d MAR Finanzinstrumente erfasst, die diese Voraussetzungen zwar nicht selbst erfüllen, von denen aber der Wert eines Finanzinstruments abhängt, dass diese Voraussetzungen erfüllt (Fußnote).

7.1.2 Insiderinformationen

Unter das Insiderrecht fallen Finanzinstrumente, wenn sich Insiderinformationen auf sie beziehen, vgl. Art. 8 Abs. 1 MAR. Was eine Insiderinformation ist, regelt Art. 7 Abs. 1 MAR. Als solche gilt "jede nicht öffentlich bekannte präzise Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, deren Kurs oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen", Art. 7 Abs. 1 Buchst. a MAR. Erforderlich ist also

  • eine präzise Information, die
  • Emittenten- oder Finanzinstrumentbezug hat,
  • nicht öffentlich bekannt ist und
  • geeignet ist den Kurs eines Finanzinstruments erheblich zu beeinflussen.

7.1.2.1 Präzise Information

Was eine präzise Information ist, regelt Art. 7 Abs. 2 MAR. Als präzise gilt eine Information, wenn damit eine Reihe von Umständen oder ein Ereignis gemeint ist, die bereits gegeben bzw. eingetreten sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein bzw. eintreten werden (Fußnote). Außerdem muss die Information so präzise (Fußnote) sein, dass mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit bestimmt werden kann, ob sich der Kurs eines Finanzinstrumentes verändern würde, wenn die Information öffentlich bekannt wäre. In welche Richtung sich der Kurs entwickelt, muss nicht bestimmbar sein (Fußnote). Gerüchte können in manchen Fällen präzise Informationen sein, wenn sie einen wahren Tatsachenkern enthalten und sich auf einen bestimmten Sachverhalt beziehen. Vages "Gerede" ist aber nicht erfasst (Fußnote). Die BaFin sieht Gerüchte dann als präzise an, wenn aus ihnen geschlossen werden kann, dass ein Informationsleck vorliegt und die Vertraulichkeit einer Information nicht mehr gewährleistet werden kann (Fußnote).

Beispiel
Die B-AG befindet sich in Vertragsverhandlungen mit der X-AG. Dabei geht es um eine umfangreiche, langfristige Zusammenarbeit, die für beide Seiten große wirtschaftliche Bedeutung hätte. Um die Verhandlungen nicht zu gefährden, finden sie im geheimen statt. Die Verhandlungen laufen gut und es liegen schon erste Vertragsentwürfe auf dem Tisch. Nun kommt das Gerücht auf, dass die B-AG und die X-AG eine umfangreiche Zusammenarbeit planen.

  • Das Gerücht, das die B-AG und die X-AG eine umfangreiche Zusammenarbeit planen, beruht auf dem wahren Tatsachenkern, dass die beiden Unternehmen Verhandlungen über eine Zusammenarbeit führen. Außerdem bezieht es sich auf einen konkreten Sachverhalt und legt nahe, dass es ein Leck innerhalb der A-AG oder der X-AG gibt. Damit liegt eine präzise Information vor.

Umstände und Ereignisse sind Tatsachen und Ereignisse, die beweisbar sind. Erfasst sind aber auch Werturteile und Prognosen, die auf beweisbaren Tatsachen beruhen, z.B. Gewinnprognosen. Mit zukünftigen Ereignissen ist vernünftigerweise dann zu rechnen, wenn ihr Eintritt realistisch ist (Fußnote) Dafür ist eine Wahrscheinlichkeit von 50% plus x erforderlich (Fußnote). Das gilt auch, bei mehrstufigen Prozessen mit mehreren Zwischenschritten. Wenn der Prozess an jedem Schritt scheitern kann, muss geprüft werden, ob schon der Zwischenschritt selbst eine Insiderinformation ist. Jeder einzelne Schritt des Vorgangs und der gesamte Vorgang an sich können eine Insiderinformation darstellen. Z.B. wird die feste Absicht zur Übernahme einer anderen Gesellschaft als präzise Information angesehen, auch wenn es nicht zu einer endgültigen Entscheidung zur Übernahme kommt (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
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  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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