Handelsvertreterausgleich – Teil 25 – Unwirksame Vereinbarungen
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
8.2.1 Unwirksame Vereinbarungen
Die vertraglichen Ausschlüsse in der Praxis sind zahlreich und unterscheiden sich je nach Branche. Folgend werden daher nur die häufigsten allgemeinen, sowie für das Tankstellengeschäft relevantesten unwirksamen Abweichungen beispielhaft aufgezählt. Unwirksam ist demnach:
- Der vorherige Verzicht des Tankstellenbetreibers (Fußnote)
- Verbindliche Einigung über die Anspruchshöhe
- Pauschale Bestimmung der werbenden und verwaltenden Tätigkeit, v.a. pauschale Ansetzung der verwaltenden Tätigkeit, um Ausgleich des Betreibers zu kürzen (Fußnote)
- Abgeltung des Anspruchs durch Altersprovision
- Anrechnung einer Vergütung auf den Ausgleichsanspruch (Fußnote)
- Vereinbarung einer Nichtberücksichtigung des bei Vertragsbeginn übernommenen Kundenstamms, obwohl der Tankstellenbetreiber ein Entgelt für die Übernahme gezahlt hat (Fußnote)
- Hinausschieben der gesetzlichen Fälligkeit, beispielsweise nach Anerkenntnis durch den Unternehmer oder Zahlung in Jahresraten
- Veränderung der Beweislast
- Einseitige Verkürzung der Verjährungsfrist zu Lasten des Handelsvertreters (Fußnote)
- Beschränkung der Vererblichkeit (Fußnote)
- Abwälzung der Ausgleichsschuld auf den Nachfolger, wenn der Unternehmer dadurch vollständig befreit wird (Fußnote)
Wirksam sind dagegen Vereinbarungen, die entweder nicht nachteilig für den Tankstellenbetreiber sind oder die in § 89b geregelte Ausgleichszahlung unberührt lassen. Vereinbarungen über eine Provision, die Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers oder das Abhängigmachen der Altersversorgung von der Nichtgeltendmachung des Ausgleichsanspruchs sind daher grundsätzlich wirksam (Fußnote).
9 Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs
Neben den materiellen Anspruchsvoraussetzungen (Fußnote) sind die folgenden Voraussetzungen für die erfolgreiche Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs vor Gericht von erheblicher praktischer Bedeutung. Es sind dabei einige Ausschlussgründe und prozessuale Regeln zu beachten.
9.1 Entstehen und Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs
Der Ausgleichsanspruch entsteht unmittelbar nach Beendigung des Vertragsverhältnisses (Fußnote). Der Tankstellenbetreiber kann den Ausgleich daher regelmäßig einen Tag nach Beendigung des Tankstellenvertrages vom Unternehmen einfordern (Fußnote).
Da es sich vor Vertragsbeendigung um eine künftige Forderung handelt, kann sie abgetreten und verpfändet werden. Die Ausgleichsforderung ist vererblich.
9.2 Frist
§ 89b Abs. 4 S. 2 HGB enthält eine Präklusionsfrist, innerhalb derer der Anspruch geltend zu machen ist. Der Anspruch muss innerhalb eines Jahres nach Vertragsbeendigung geltend gemacht werden. Da § 89b Abs. 4 S. 2 HGB eine materielle Ausschlussfrist ist, erlischt nach ihrem Ablauf der Ausgleichsanspruch endgültig und vollständig (Fußnote). Von einem Richter wird die Einhaltung der Frist daher von Amts wegen, also ebenso bei Nichtberufung durch den Unternehmer, geprüft.
Die gesetzliche Frist ist zwingend und kann vertraglich weder verkürzt, noch verlängert werden (Fußnote)
Ausnahmsweise kann der Tankstellenbetreiber den Anspruch schon vor Vertragsbeendigung geltend machen, beispielsweise in einem Erwiderungsschreiben auf die Kündigung des Unternehmers.
Beispiel
Das Vertragsverhältnis zwischen Tankstellenbetreiber T und der Mineralölgesellschaft M wurde zum 31.12.2019 beendet. Nach § 89b Abs. 4 S. 2 HGB beträgt die Präklusionsfrist ein Jahr nach Vertragsbeendigung. T kann den Ausgleichsanspruch daher bis zum 31.12.2020 um 23:59 Uhr geltend machen. Meldet er sich erstmals am 1.1.2021 bei M, um seinen Ausgleich geltend zu machen, ist er verspätet und die Geltendmachung ist ausgeschlossen.
o Der Ausgleichsanspruch muss innerhalb eines Jahres nach tatsächlicher Beendigung des Vertreterverhältnisses geltend gemacht werden. Danach ist die Geltendmachung ausgeschlossen.
9.3 Form der Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs
Die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber der Tankstellengesellschaft bedarf keiner besonderen Form. Der Pächter kann den Anspruch daher mündlich geltend machen. Vertraglich kann jedoch eine Form vereinbart werden (Fußnote). Damit der Tankstellenbetreiber die einjährige Präklusionsfrist (Fußnote) einhält, muss er den Ausgleichsanspruch weder gerichtlich einklagen noch der Höhe nach beziffern.
Ausreichend (jedoch erforderlich!) ist das ausdrückliche Verlangen des Ausgleichs gegenüber dem Unternehmer (Fußnote).
Dem Tankstellenbetreiber ist aus praktischen Erwägungen stets zu raten, den Ausgleich schriftlich zu verlangen und im Schreiben ausdrücklich den Ausgleichsanspruch wörtlich zu erwähnen.
9.4 Verwirkung des Ausgleichsanspruchs
Der Ausgleichsanspruch kann ausgeschlossen sein, wenn er verwirkt ist. Verwirkung kann eintreten, wenn der Tankstellenbetreiber nach Geltendmachung des Anspruchs für längere Zeit untätig blieb und der Unternehmer nicht mehr mit der Durchsetzung des Anspruchs rechnen musste (Fußnote).
Verwirkung wird in den seltensten Fällen vorliegen. Es müssen besondere Umstände hinzutreten. Ansonsten tritt Verwirkung keinesfalls vor Ablauf der einjährigen Präklusionsfrist des § 89 Abs. 4 S. 2 HGB ein (Fußnote). Innerhalb der Verjährungsfrist (drei Jahre) ist Verwirkung regelmäßig abzulehnen.
9.5 Verjährung
Der Ausgleichsanspruch verjährt gemäß § 195 BGB innerhalb von drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Ausgleichsanspruch entstanden und fällig geworden ist (Fußnote).
Beispiel
Tankstellenbetreiber T beendet seinen Vertag mit der Tankstellengesellschaft A am 8.8.2019. Der Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB im Jahre 2019 entstanden und fällig geworden. Die Verjährungsfrist beginnt damit am 31.12.2019. Sie endet mit dem 31.12.2022. Am 1.1.2023 kann T den Anspruch nichtmehr geltend machen.
Die Parteien können die Verjährungsfrist nur verkürzen, soweit dies nicht einseitig nachteilig zu Lasten des Tankstellenbetreibers erfolgt. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen § 89 Abs. 4 S. 1 HGB vor (Fußnote). Damit kann nur eine Verkürzung der Verjährung für sämtliche Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis vereinbart werden, also auch die Ansprüche des Unternehmers gegen den Tankstellenbetreiber (Fußnote). Die Verjährungsfrist darf nicht kürzer als ein Jahr sein, da ansonsten die zwingende Präklusionsfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 HGB (Fußnote) umgangen wird.
Die Verjährung wird gehemmt, sobald die Parteien über den Anspruch gerichtlich verhandeln. Durch die Hemmung wird der Ablauf der Verjährungsfrist „gestoppt“.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Handelsvertreterausgleich für Tankstellenpächter“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-026-7.
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist seit Jahren im Bereich Franchiserecht und dem weiteren Vertriebsrecht tätig. Er gestaltet Franchisekonzepte und berät Franchisegeber beim Aufbau von Franchisesystemen und verwandten Partnerkonzepten. Neben der Prüfung von Franchiseverträgen namhafter bundesweiter Franchisegeber für verschiedene Franchisenehmergruppen hat er Erfahrung mit der Erstellung von Einzel-Franchiseverträgen wie Masterfranchiseverträgen.
Rechtsanwalt Brennecke berät hinsichtlich der Durchsetzung und den Grenzen der Franchisepflichten. Er vertritt bei Streitigkeiten der Franchisevertragspartner und bei der Kündigung des Franchisevertrages. Er begleitet Franchisenehmer und Franchisegeber bei der Einführung von zentralen Datenhaltungen, insbesondere unter dem oft übersehenen Blickwinkel des Datenschutzes.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Bereich Franchiserecht und Vertriebsrecht veröffentlicht:
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Provision des Handelsvertreters – Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Franchiserecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Franchisesysteme gründen – weitsichtige Planung von Franchise- und Partnersystemen
- Datenschutz in Franchisesystemen – das unterschätzte Problem
- Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
- Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer
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