Handelsvertreterausgleich – Teil 27 – Steuerrechtliche Fragen
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Vor allem der Beweis der Unternehmervorteile ist für den Handelsvertreter schwierig, da der Unternehmer einen Informationsvorsprung hat. Meistens kennt der Vertreter weder die Buchhaltung noch die Gewinnspanne des Unternehmens (Fußnote).
Aus diesem Grund hat die Rechtsprechung den Handelsvertretern den sog. „Beweis des ersten Anscheins“ zuerkannt. Gelingt es dem Handelsvertreter, die Herstellung neuer Geschäftsverbindung nachzuweisen, spricht eine Vermutung dafür, dass diese noch nach Vertragsbeendigung bestehen werden (Fußnote). Diese Vermutung kann die Tankstellengesellschaft nicht einfach durch das Präsentieren einer anderen Darstellung widerlegen. Sie muss den Anscheinsbeweis durch Tatsachen entkräften, die zur Ausgleichsminderung führen (Fußnote).
Da eine namentliche Benennung der neu geworbenen Kunden im Tankstellengeschäft kaum möglich ist, reicht für die Darlegung die Anwendung der Schätzungsprognose aus (Fußnote).
Der Tankstellenbetreiber muss seine Provisionsverluste beweisen, wobei vermutet wird, dass die vorher benannten Unternehmervorteile sich mit den Provisionsverlusten decken (Fußnote).
Hinsichtlich der Billigkeitsaspekte ist zu unterscheiden: Wurden die Unternehmervorteile bewiesen, wird vermutet, dass die Zahlung des Ausgleichs billig ist (Fußnote).
Der Unternehmer hat alle ausgleichsmildernden und -ausschließenden Umstände nachzuweisen. Dazu zählen vor allem gegen den Tankstellenbetreiber sprechende Billigkeitsaspekte, ein erhöhter Verwaltungsprovisionsanteil, die Bestimmung der Kappungsgrenze nach § 89b Abs. 2 HGB, das Vorliegen einer der Ausschlussgründe des § 89b Abs. 3 HGB und – soweit relevant – das Vorliegen einer abweichenden Vereinbarung nach § 89b Abs. 4 S. 1 HGB.
10 Steuerrechtliche Fragen
10.1 Handelsvertreterausgleich und Steuer
10.1.1 Handelsvertreterausgleich in der Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer
Die Ausgleichszahlungen nach § 89b HGB erhöhen grundsätzlich den laufenden Gewinn, und zwar unabhängig davon, ob der Handelsvertreter natürliche Person oder in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft (Fußnote) organisiert ist (Fußnote).
Ist der Handelsvertreter eine natürliche Person, stellt sich die Frage, ob hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs die Tarifvorschriften des Einkommenssteuergesetzes (Fußnote) Anwendung finden.
Der Ausgleichsanspruch fällt weder unter den Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG, noch unter die Tarifvorschrift des § 34 Abs. 3 EStG.
Die Ausgleichszahlung ist jedoch als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 lit. C) EStG zu qualifizieren und zählt zu den außerordentlichen Einkünften nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG (Fußnote).
Die Berechnung der Einkommenssteuer nach § 34 Abs. 1 EStG ist dann wie folgt vorzunehmen (Fußnote):
- Im ersten Schritt ist die Einkommenssteuer für den Veranlagungszeitraum zu berechnen, die sich ergibt, wenn die außerordentlichen Einkünfte (Fußnote) nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden
- Im zweiten Schritt wird die Einkommenssteuer berechnet, die sich unter Einbeziehung eines Fünftels der außerordentlichen Einkünfte ergibt.
- Anschließend sind die Summen aus Schritt 1 und 2 zu vergleichen
- Der Unterschiedsbetrag zwischen Schritt 1 und 2 ist zu verfünffachen
- Dieser Betrag wird dann der in Schritt 1 errechneten Einkommenssteuer hinzugerechnet
Erzielt der Handelsvertreter ein hohes Einkommen, führt die Berechnung nach § 34 Abs. 1 EStG zu fast keiner, bei Niedrigeinkommen zu einer deutlichen Entlastung. (Fußnote)
Auf Kapitalgesellschaften (Fußnote) findet § 34 Abs. 1 EstG keine Anwendung, sodass keine Steuerentlastung vorgenommen werden kann (Fußnote).
10.1.2 Handelsvertreterausgleich und Gewerbesteuer
Ist der Handelsvertreter als Kapitalgesellschaft organisiert (Fußnote), unterliegt der Ausgleichsanspruch stets der Gewerbesteuer.
Ist der Handelsvertreter eine natürliche Person, so muss unterschieden werden.
Ermittelt der Tankstellenbetreiber seinen Gewinn durch Betriebsvermögensausgleich, gehört der Ausgleichsanspruch zum laufenden Gewinn und damit zum Gewerbeertrag nach § 7 GewStG, wenn er eine Vergütung für geleistete und nach Vertragsende fortwirkende Dienste darstellt (Fußnote). Dies gilt auch, wenn der Tankstellenbetreiber seine Tätigkeit komplett aufgibt (Fußnote).
Wird das Vertragsverhältnis durch Tod des Handelsvertreters beendet (und der Ausgleichsanspruch an die Erben geleistet wird) und der Gewinn durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EstG ermittelt, gehört die Ausgleichszahlung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zum Gewerbeertrag (Fußnote).
10.1.3 Handelsvertreterausgleich und Umsatzsteuer
Der Ausgleichsanspruch stellt eine Gegenleistung für den Tätigkeitserfolg des gewerbetreibenden (Fußnote) Handelsvertreters dar und unterfällt damit grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 UstG der Umsatzsteuer (Fußnote), wenn die Mineralölgesellschaft ihren Sitz in Deutschland hat.
Die Rechtsprechung ordnet die die Ausgleichszahlung als zusätzliches Entgelt gemäß § 17 Abs. 1 UStG ein. Daher ist der Ausgleich so zu behandeln wie die ursprüngliche Leistung und somit als Vermittlungstätigkeit einzuordnen, für die eine Rechnung auszustellen ist (Fußnote).
Wenn die Mineralölgesellschaft ihren Sitz oder eine zwischengeschaltete Betriebsstätte nicht in Deutschland hat, fällt nach § 3a Abs. 2 UStG keine deutsche Umsatzsteuer an.
10.2 Handelsvertreterausgleich in der Steuer des Unternehmers
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann der Unternehmer hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs seiner Handelsvertreter keine gewinnmindernde Rückstellung bilden, obwohl der Ausgleich eine zukünftige wirtschaftliche Belastung darstellt (Fußnote).
Erst im Wirtschaftsjahr der Vertragsbeendigung kann der Unternehmer den Ausgleichsanspruch bilanziell aufwandswirksam passivieren (Fußnote).
Steht die Höhe des Ausgleichsanspruchs sicher fest, muss der Unternehmer die entsprechende Verbindlichkeit ausweisen. Sind Höhe oder Bestehen ungewiss, so hat er den Handelsvertreterausgleich insoweit als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu werten.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Handelsvertreterausgleich für Tankstellenpächter“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-026-7.
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist seit Jahren im Bereich Franchiserecht und dem weiteren Vertriebsrecht tätig. Er gestaltet Franchisekonzepte und berät Franchisegeber beim Aufbau von Franchisesystemen und verwandten Partnerkonzepten. Neben der Prüfung von Franchiseverträgen namhafter bundesweiter Franchisegeber für verschiedene Franchisenehmergruppen hat er Erfahrung mit der Erstellung von Einzel-Franchiseverträgen wie Masterfranchiseverträgen.
Rechtsanwalt Brennecke berät hinsichtlich der Durchsetzung und den Grenzen der Franchisepflichten. Er vertritt bei Streitigkeiten der Franchisevertragspartner und bei der Kündigung des Franchisevertrages. Er begleitet Franchisenehmer und Franchisegeber bei der Einführung von zentralen Datenhaltungen, insbesondere unter dem oft übersehenen Blickwinkel des Datenschutzes.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Bereich Franchiserecht und Vertriebsrecht veröffentlicht:
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Provision des Handelsvertreters – Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Franchiserecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Franchisesysteme gründen – weitsichtige Planung von Franchise- und Partnersystemen
- Datenschutz in Franchisesystemen – das unterschätzte Problem
- Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
- Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer
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