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UN-Kaufrecht – Teil 27 – Begleitschäden

Beispiel

D bestellt sich regelmäßig Wurstkonserven vom österreichischen Fleischwarenproduzenten Ö. Dieser macht D als langjährigem Kunden ein sehr gutes Angebot zum Erwerb von 1.000 Konserven Wiener Würstchen zu insgesamt 1.200 Euro. Allerdings liefert Ö die Ware nicht zum vereinbarten Zeitpunkt und als auch nach Ablauf der von D gesetzten Frist keine Ware eintrifft lässt D den Vertrag gem. Art. 49 Abs. 1 lit b) CISG aufheben. Da er sonst ohne Ware dastehen würde besorgt er sich vergleichbare Wurstkonserven kurzfristig bei einem ortsansässigen Metzgereibetrieb zu einem Preis, der dem Verkehrswerts in Höhe von 1.500 Euro entspricht. Die zusätzlichen Kosten von 300 Euro möchte D von Ö ersetzt verlangen.

  • D ist hier wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Ö ein Schaden entstanden, da er sich aufgrund der ausbleibenden Ware anderweitig und zu einem höheren Preis mit dieser eindecken musste. D kann daher entweder gem. Art. 75 CISG die 300 Euro zusätzlicher Kosten für den Deckungskauf geltend machen oder sich gem. Art. 76 CISG darauf berufen, dass der Verkehrswert der Ware über dem Kaufpreis lag und er anderweitig 300 Euro besser dastünde.

Eine verspätete Leistung liegt vor, sobald der Verkäufer in Lieferverzug gerät, also nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt geliefert hat. Entsteht dem Käufer durch den Verzug ein Schaden, so kann er diesen vom Verkäufer ersetzt verlangen. Entgeht ihm bspw. durch die Verspätung ein saisonales Geschäft oder muss er sich für den Verzugszeitraum die Ware anderweitig anmieten, so kann er diesen Schaden gegenüber dem Verkäufer geltend machen.

Beispiel

D bestellt zu Beginn des Ostergeschäfts 1.000 Schoko-Osterhasen vom Schweizer Süßwarenhersteller Z. Dieser liefert die Hasen aber entgegen der Abmachung nicht zu Beginn, sondern erst kurz vor Ende der Ostersaison, sodass D nur einen Bruchteil der Hasen verkaufen kann und dadurch Gewinneinbußen in Höhe von 500 Euro hat.

  • Durch die Verzögerung der Lieferung entsteht D hier unmittelbar ein Schaden. Daher kann er diesen unmittelbar gegen Z geltend machen.

Nicht vertragsgemäß ist die Ware immer dann, wenn sie zwar geliefert wird, aber nicht den vertraglichen Anforderungen genügt, unabhängig davon, um welche Art von Mangel es sich handelt. In diesem Fall kann der Käufer die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der mangelfreien Ware und dem Wert der mangelhaften Ware ersetzt verlangen. Auch kann der Käufer sich solche Aufwendungen ersetzen lassen, die ihm dadurch entstehen, dass er einen Mangel an der gelieferten Ware selbst behebt.

Beispiel

Die vom Großhändler G aus China importierten E-Gitarren besitzen allesamt beschädigte Saiten. Nachdem der chinesische Exporteur eine Nachbesserung verweigert, lässt G die Saiten auf seine eigene Rechnung von einem ansässigen Fachunternehmen austauschen.

  • Die E-Gitarren entsprachen nicht dem vertragsgemäßen Zustand und waren somit mangelhaft. Dadurch kann der Käufer G hier den Schaden in Form der zur Herstellung einer vertragsgemäßen Ware getätigten Aufwendungen gem. Art. 45 Abs. 1 lit b) CISG vom chinesischen Importeur ersetzt verlangen.

4.3.5.1.2 Begleitschäden

Muss der Käufer wegen des vertragswidrigen Zustands der Ware Aufwendungen tätigen, die nicht der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Ware dienen, sondern lediglich den Eintritt zusätzlicher Nachteile für den Käufer verhindern soll, so handelt es sich um einen sog. Begleitschaden. Dazu gehören insbesondere Lagerkosten, Mangelfeststellungskosten oder die Transportkosten, die dem Käufer entstanden sind. Begleitschäden stellen eine vom Nichterfüllungsschaden unabhängige Schadensposition dar und können vom Käufer zusätzlich im Rahmen seines Verlangen zur Zahlung von Schadensersatz geltend gemacht werden.

Beispiel

Besitzt der Großhändler nicht über die notwendigen Lagerkapazitäten für die Gitarren oder entstehen ihm durch die Begutachtung des vertragsgemäßen Zustands oder durch den Transport (zB zum Fachunternehmen) zusätzliche Kosten, so kann er diese zusätzlich zum sonstigen Schadensersatz ersetzt verlangen.

4.3.5.1.3 Folgeschäden

Unter Folgeschäden versteht man hingegen den über den Nichterfüllungsschaden hinausgehende Schaden, der dem Käufer durch die Mangelhaftigkeit der Ware entsteht. Darunter fallen insbesondere die Rechtsverfolgungskosten wie bspw. Mahngebühren (nach Verzugseintritt!), die Inanspruchnahme durch Dritte, die auf der Mangelhaftigkeit der Ware beruht sowie Schäden des guten Rufs des Käufers, sofern dessen Ansehen bei den Kunden durch den Verkauf der mangelbehafteten Ware gelitten hat. Ebenfalls umfasst sind sog. Mangelfolgeschäden. Dabei handelt es sich um den Sachschaden, der dem Käufer durch die Mangelhaftigkeit der Ware an seinen sonstigen Rechtsgütern entsteht.

Beispiel

D importiert eine industrielle Teigmaschine von einem Verkäufer aus Vietnam. Aufgrund einer fehlerhaften internen Verkabelung setzt die Maschine bereits nach kurzer Zeit am Starkstrom aus und verursacht einen heftigen Kurzschluss, der etliche weitere an den Stromkreis angeschlossene Elektrogeräte des D in Mitleidenschaft zieht und dadurch einen beträchtlichen finanziellen Schaden.

  • Da der Schaden an den in seinem Eigentum stehenden Elektrogeräten hier auf der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstands, also der Teigmaschine, zurückzuführen ist, haftet der vietnamesische Exporteur D gem. Art. 45 Abs. 1 lit b) CISG für den entstandenen Schaden.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Struktur und Praxis des UN-Kaufrechts (CISG)“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Tim Hagemann LL.M., Diplomjurist, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2020, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-016-8.


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Harald Brennecke hat zum Thema Urheberrecht und Lizenzrecht veröffentlicht:

  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • „Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0
  • "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Urheberrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Rechtsanwalt Brennecke bietet Vorträge, Seminare und Schulungen im Urheberrecht an, unter anderem zu den Themen:

  • Medien, Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht – Nicht alles, was Spaß macht, ist auch erlaubt
  • Lizenzvertragsgestaltung
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