Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 10 – Güterrechtliches Ehegattenerbrecht, gewillkürte Erbfolge
3.2.1.2 Güterrechtliche Lösung
Anstatt der pauschalen Erhöhung des gesetzlichen Erbteils kann der überlebende Ehegatte den konkret berechneten Zugewinnausgleich verlangen.(Fußnote) Voraussetzung dafür ist, dass der Ehegatte die ihm zustehende Erbschaft ausschlägt oder er vom Erblasser nicht erbrechtlich bedacht wurde. Zusätzlich zum konkret berechneten Zugewinn wird dem überlebenden Ehegatten der Pflichtteil zugesprochen Dieser entspricht quantitativ dem "kleinen" Pflichtteil, also dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten.
Beispiel
Alleinunternehmer U und die vermögenslose F lebten bis zum Tod des U im Jahr 2016 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. U hinterließ zwei Kinder, die aus der Ehe mit F hervorgingen und das Unternehmen des U fortführen sollen, kein Testament und ein Vermögen von 4.000.000 EUR, das zugleich auch seinen Zugewinn darstellt.
- F kann die güterrechtliche Lösung wählen (§ 1371 Abs. 2 BGB): Die F als gesetzliche Erbin des U kann den Zugewinnausgleich verlangen, wenn sie die Erbschaft ausschlägt. Dann steht ihr der Zugewinnausgleichsanspruch aus § 1378 Abs. 1 BGB in Höhe von 2.000.000 EUR zu. Zusätzlich kann F noch den "kleinen" Pflichtteil nach §§ 1371 Abs. 2, 3 BGB verlangen. Dieser besteht aus dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des überlebenden Ehegatten, also 1/4 von 2.000.000 EUR bzw. 1/8 von 4.000.000 EUR, damit 500.000 EUR. Damit erbt die F insgesamt 2.500.000 EUR, wenn sie die güterrechtliche Lösung wählt. Hätten U und F im Ehevertrag die güterrechtliche Lösung ausgeschlossen, wären die Kinder als (Unternehmens-)Erben des U nicht mit einer Nachlassforderung von 500.000 EUR belastet (§ 1967 BGB).
Die güterrechtliche Lösung ist für den überlebenden nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten dann vorteilhafter, wenn durch eine große Wertsteigerung des Vermögens des Verstorbenen während der Ehe, z.B. wenn das Unternehmen oder die Unternehmensbeteiligung wertvoller geworden ist, ein hoher Zugewinnausgleichsanspruch besteht.
Um eine solche übermäßige Beteiligung am Vermögen des verstorbenen Unternehmers zu vermeiden, können die Ehegatten im Vorfeld in ihrem Ehevertrag die güterrechtliche Lösung ausschließen. Dann ist, sofern die gesetzliche Erbfolge eintritt, der überlebende Ehepartner nur auf die erbrechtliche Lösung angewiesen, die ihm den pauschal erhöhten Erbteil zuspricht.
3.2.2 Ehegattenerbrecht bei Gütertrennung
Nach § 1931 Abs. 4 BGB erben der überlebende Ehegatte und das oder die Kinder des Verstorbenen zu gleichen Teilen. Der Grund für diese Gleichteilung ist, dass der überlebende Ehegatte nicht geringer am Erbe beteiligt werden soll, als die Kinder. Bei der Gütertrennung findet kein Ausgleich des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens statt, sodass wenigstens im Wege des Erbrechts der unentgeltliche Beitrag des überlebenden Ehegatten zum Vermögenserwerb des erwerbstätigen Ehegatten berücksichtigt wird.(Fußnote) Wenn es mehr als zwei Kinder des Erblassers gibt, greift die Rechtsfolge des § 1931 Abs. 4 BGB nicht. Der Ehegattenerbteil ist dann wiederum nach § 1931 Abs. 1 und 2 BGB zu bestimmen.
3.2.3 Ehegattenerbrecht bei der Gütergemeinschaft
Lebten die Ehegatten in Gütergemeinschaft, bestimmt sich der Erbteil des überlebenden Ehegatten ausschließlich nach § 1931 Abs. 1 und 2 BGB.
3.3 Die gewillkürte Erbfolge
Wenn der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen getroffen hat, spricht man von gewillkürter Erbfolge. Diese geht der gesetzlichen Erbfolge vor (§ 1937 BGB). Grund dafür ist, dass durch das Grundgesetz die Freiheit des Erblassers, darüber zu entscheiden, wem sein Vermögen nach dem Tod zukommen und wie es verwaltet werden soll, garantiert ist (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG). Diese Freiheit wird Testierfreiheit genannt. Der Erblasser muss seine Entscheidung nicht begründen, sondern kann durch jedes individuelle Motiv dazu bewegt werden, einer Person oder mehreren Personen den Nachlass zukommen zu lassen. Um die Testierfreiheit des Erblassers rechtlich zu konstruieren, bestehen im BGB verschiedene Möglichkeiten.
Der Erblasser kann über die Person des Erben bestimmen, indem er
- jemanden als Vollerben einsetzt
- mehrere Personen in einer angeordneten Reihenfolge an seinem Nachlass beteiligt (Vor-/Nacherbschaft, §§ 2100 ff. BGB)
- sicherheitshalber einen Ersatzerben bestimmt (§ 2096 BGB) oder
- eine bestimmte Person von der Erbschaft ausschließt (§ 1938 BGB).
Wenn der Erblasser darüber hinaus noch bestimmen möchte, wie sein Nachlass übergehen und verwaltet werden soll, kann er:
- ein Vermächtnis anordnen
- eine Auflage bestimmen
- bei einer Miterbengemeinschaft anordnen, wie die Aufteilung des Nachlasses zu erfolgen hat (bspw. Teilungsanordnung)
- eine Testamentsvollstreckung anordnen oder
- den Pflichtteil entziehen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017