Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters - Teil 11 - Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs - Provisionsverluste des Handelsvertreters
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Irina Schatz
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Ein Ausgleichsanspruch besteht nur dann, wenn infolge der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses den Vorteilen für den Unternehmer auf der anderen Seite Provisionsverluste für den Handelsvertreter gegenüberstehen. Diese Nachteile sind Provisionen, die letzterer verliert, weil er infolge der Vertragsbeendigung die ihm theoretisch zustehende Provision aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande kommenden Geschäften nicht erhält.
Provisionsverluste
Der Verlust des Kundenstamms an den Unternehmer führt für den Handelsvertreter im Fall seines Ausscheidens regelmäßig zu Provisionseinbußen, die durch den Ausgleich kompensiert werden sollen.
Das Gesetz unterscheidet bei den Provisionsverlusten in:
- Provisionen aus bereits abgeschlossen Geschäften
- Provisionen aus künftig zustande kommenden Geschäften mit den vom Vertreter geworbenen Kunden
Aus bereits abgeschlossenen Geschäften
Ein Handelsvertreter hat einen Anspruch auf Handelsvertreterprovision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind.
Die Provision wird fällig, wenn der Unternehmer das Geschäft ausgeführt, also zum Beispiel geliefert hat. Liefert der Unternehmer die bestellte Ware erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses, steht dem Handelsvertreter die Provision weiterhin zu, obwohl er nicht mehr für den Unternehmer tätig ist. Auf diese Überhangsprovisionen wird allerdings oft, was ohne weiteres möglich ist, durch die vertragliche Vereinbarung verzichtet.
Provisionsansprüche hat der Vertreter ebenfalls für Geschäfte, die zwar nach der Vertragsbeendigung abgeschlossen werden, die er aber vor seinem Ausscheiden vermittelt, abschließend vorbereitet und überwiegend mitgestaltet hat (§ 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB). Im Handelsvertretervertrag wird in der Regel ebenfalls ein Verzicht auf diese Provisionsansprüche vereinbart.
Bei Vereinbarung von oben erwähnten Verzichtsklauseln erhält der Vertreter keine Provision, obwohl er die Geschäfte vermittelt hat und ihm damit eine Vergütung zustünde. Ist eine Verzichtsklausel im Vertretervertrag vereinbart, werden diese Geschäfte beim Ausgleich berücksichtigt. Einmalige Geschäfte begründen in diesem Fall den Ausgleichsanspruch genauso wie die Geschäfte aus dauerhaften Geschäftsbeziehungen .
§ 87 HGB [Provisionspflichtige Geschäfte] und § 87a HGB [Fälligkeit der Provision] sind die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen für den Provisionsanspruch.
Aus künftig zustande kommenden Geschäften
Gemeint sind Provisionsverluste aus künftigen Geschäfte des Unternehmers mit den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden, für die dieser einen Anspruch auf Provision hätte, wäre sein Handelsvertretervertrag nicht beendet. Es handelt sich hierbei um die eigentlich ausgleichpflichtigen Geschäfte.
Verlustprognose
Für die Ermittlung der Provisionsverluste aus künftigen Geschäften ist die Annahme maßgebend, die Vertragsbeziehung würde fortdauern. Lässt es der Beendigungsgrund nicht zu, die Fortsetzung der Tätigkeit anzunehmen, wie beispielsweise Tod des Handelsvertreters, wird darüber hinweggesehen.
Diese Prognose wird parallel zu der Prognose für die Ermittlung von Unternehmervorteilen angestellt. Der Umfang der künftigen Geschäftsabschlüsse mit den neu vom Handelsvertreter geworbenen Stammkunden wird anhand der Provisionen der letzten 12 Monate vor Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses bemessen. Diejenigen Kunden, bei denen nicht mit weiteren Geschäftsabschlüssen zu rechnen ist, bleiben dabei unberücksichtigt.
Die Grundlage für die Prognose bilden die Provisionseinnahmen für die Geschäfte im Laufe des letzten Jahres vor Vertragsbeendigung, dem so genannten Basisjahr . Die Prognosedauer beträgt je nach Geschäftsbeziehung und Art der vertriebenen Erzeugnisse drei bis fünf Jahre, in Ausnahmefällen ist eine längere Zeitspanne denkbar.
Wenn die Prognosedauer mehrere Jahre beträgt, muss man die Abwanderungsquote berücksichtigen. Erfahrungsgemäß wandern die Kunden im Laufe der Zeit ab, wodurch sich die Provisionsverluste reduzieren. Diesem Umstand wird durch die Einführung einer Abwanderungsquote Rechnung getragen. Diese Quote ist konstant. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen dem Gesamtumsatz mit den Stammkunden am Jahresanfang und am Jahresende.
Ausgleichspflichtige Provisionsverluste
Der Ausgleich umfasst nur diejenigen Provisionen, die den Handelsvertreter für die Schaffung des Kundenstamms vergüten, den er geworben hat.
Hat der Vertreter gegen entsprechende Provision zusätzliche Aufgaben übernommen, die ihrer Natur nach dem Unternehmer selbst obliegen, wie zum Beispiel Lagerhaltung oder Forderungseinzug. Nach der Vertragsbeendigung nimmt der Vertreter diese Aufgaben für den Unternehmer in der Regel nicht weiter wahr. Für die erbrachten Leistungen hat der Handelsvertreter eine Provision erhalten, so dass diese als abgegolten gelten. Folglich erleidet er nach Vertragsende durch den Wegfall dieser Einnahmen keine Provisionsverluste und muss nicht durch den Ausgleich entschädigt werden. Die nicht ausgleichspflichtigen Provisionsverluste werden bei der Prognose nicht berücksichtigt.
Beispiele:
ausgleichspflichtig:
- Feste Vermittlungsprovision
- Abschlussprovision
- Lagerhaltung und Auslieferung für den Tankstellenhalter
- Unterprovisionen, die der Hauptvertreter an den Untervertreter weiterleiten muss
- Superprovision
- vermittelnder Teil einer Gesamtprovision (Gesamtprovision aus vermittelnder und verwaltender Tätigkeit)
nicht ausgleichspflichtig:
- Provisionen aus Geschäften mit den nicht selbst geworbenen Bezirkskunden
- Provisionen für Warenauslieferung und Lagerhaltung
- Delkredere-Provision
- Inkassoprovision
- verwaltender Teil einer Gesamtprovision (Gesamtprovision aus vermittelnder und verwaltender Tätigkeit)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" von Harald Brennecke und Irina Schatz, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-04-5, 2007
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Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Irina Schatz
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Februar 2007
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.
Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.
Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.
Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so
- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
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- Der Aufbau von Franchisesystemen
- Kundendatenschutz aus rechtlicher und praktischer Sicht
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- Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
- Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
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