Asbestsanierung: Prüfungspflicht beim Umgang mit Asbest oder asbesthaltigen Materialien
Sachverhalt:
Der Betroffene wurde beauftragt, u.a. einen Abhitzekessel im Rahmen von Sanierungsarbeiten an einem Klärwerk abzubrechen. Bei einer Besichtigung durch einen Mitarbeiter des staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes wurde festgestellt, dass im Kesselhaus im Bereich des demontierten Abhitzekessels große Mengen von Mineralwolle lagen, die mit Asbestgewebestreifen durchsetzt waren. Vorkehrungen für den Umgang mit Asbest bzw. asbesthaltigen Materialien wurden seitens des Betroffenen nicht getroffen. Der Betroffene führte die Abbrucharbeiten ohne Beachtung der sich aus TRGS 519 (Technische Regeln für Gefahrstoffe) ergebenden sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen und hygienischen Maßnahmen aus.
Bei einer Vorbesprechung zwischen den beteiligten Unternehmen hatte ein Mitarbeiter des Betroffenen gezielt nach den bei der Errichtung des Kessels verwendeten Materialien gefragt. Die Verwendung von Asbest wurde ausdrücklich daraufhin verneint. In einer daraufhin auf entsprechende Anfrage zusätzlich erteilten schriftlichen Aufstellung des Herstellers über die Werkstoffe der zu demontierenden Anlage war Asbest nicht aufgeführt.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen von dem mit Bußgeldbescheid des staatlichen Gewerbeaufsichtsamts erhobenen Vorwurf eines Verstoßes gegen die Gefahrstoffverordnung freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat dagegen Rechtsbeschwerde eingelegt.
Entscheidung:
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung der Entscheidung des Amtsgerichts. Der Betroffene ist seiner ihm obliegenden Prüfungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.
Nach der Auffassung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 8. Dezember 2004 – 2 Ss (Owi) 364/94 -. (Owi) 85/94 III) ist gemäß § 16 Abs.1 GefStoffV i.V.m. Nr. 5 Abs.1 TRGS 519 an die Prüfungspflicht des Verantwortlichen beim Umgang mit Asbest oder asbesthaltigen Materialien wegen der besonderen Gefährlichkeit dieses Werkstoffes strenge Anforderungen zu stellen.
Der Inhalt der Regelungen in §§ 16, 17 GefahrStoffV und der für den Umgang erlassenen spezifischen Anweisungen in TRGS 519 muss dem Betroffenen als technischer Geschäftsführer eines Unternehmens, da er sich mit dem Abbruch von problematischen Anlagen beschäftigt, ohne weiteres bekannt sein.
In Nr. 5.1 (1) Satz 1 TRGS 519 wird ausdrücklich gefordert, dass der Arbeitgeber sich zu vergewissern hat, ob bei den geplanten Arbeiten mit asbesthaltigen Werkstoffen umgegangen wird. Die entsprechenden Nachforschungen sind wegen der besonderen Gefährlichkeit auch bereits vor der Arbeitsaufnahme anzustellen, um aufgrund der gefundenen Ergebnisse ausreichend beurteilen zu können, ob das Auftreten von Asbest die in Nr. 6 bis 9 TRGS 519 angeordneten Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen indiziert.
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber nach Nr. 5.1 (1) Satz 2 TRGS 519 bei bestehenden Zweifeln, ob es sich um einen asbesthaltigen Stoff handelt, eine Materialprobe untersuchen lassen.
Das OLG Düsseldorf führt hierzu aus, dass diese Regelung dahingehen zu verstehen, dass eine Materialprobe in jedem Fall zu entnehmen ist und nicht nur bei bestehendem Zweifel. Tauchen bei einer oberflächlichen optischen Kontrolle Zweifel auf, ob die Probe Asbest enthält, muss eine chemische Untersuchung der Probe auf den Gehalt von Asbest durchgeführt werden. Der Begriff des ,,vergewissern`` ist dahingehend zu verstehen, dass die allgemeine Prüfungspflicht die Entnahme einer Materialprobe mit umfasst.
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Stand: Oktober 2005
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