Aufhebungsvertrag - Teil 16 - Abfindung
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
6.3 Abfindung im Arbeitsrecht
Regelmäßiger Bestandteil eines Aufhebungsvertrags ist eine vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlende Abfindung. Damit soll der Verlust des Arbeitsplatzes ausgeglichen und ein Kündigungsrechtsstreit vermieden werden.
Weil nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jeder Aufhebungsvertrag grundsätzlich unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt fortbesteht und der Aufhebungsvertrag im Fall einer wirksamen außerordentlichen Kündigung vor dem Auflösungszeitpunkt gegenstandslos wird (Fußnote), müssen Abfindungen in einem solchen Fall nicht gezahlt werden. Ein Anspruch auf Abfindung entsteht auch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt endet, weil die Rentengewährung wegen zeitlich unbefristeter Erwerbsunfähigkeit einsetzt.
6.3.1 Höhe der arbeitsrechtlichen Abfindung
Für die Höhe der Abfindung gibt es keine Vorgaben, sodass sie allein durch die Verhandlung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustande kommt. § 1a II KSchG gilt nicht für Aufhebungsverträge, sondern für betriebsbedingte Kündigungen ohne Klageerhebung des Arbeitnehmers. Auch die §§ 9, 10 KSchG finden keine Anwendung, sie regeln nur den Fall einer gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach einem gescheiterten Kündigungsversuch. Es spricht jedoch nichts dagegen, die Maßstäbe dieser Normen als Orientierungspunkte für die Höhe der Abfindung zu benutzen. Das geschieht häufig, wenn der Aufhebungsvertrag im Rahmen eines Prozessvergleichs bei einem Kündigungsschutzprozess geschlossen wird. Als Berechnungsgrundlage dient dabei meistens folgende Formel:
Anzahl der Beschäftigungsjahre x 0,5 Bruttomonatsverdienste.
Beispiel
Arbeitgeber G hat Arbeitnehmer A gekündigt. A greift die Kündigung vor Gericht an. Der Arbeitsrichter macht in der Güteverhandlung den Vorschlag, sich im Rahmen eines Aufhebungsvertrags gütlich zu einigen. A hat 10 Jahre lang im Betrieb des A gearbeitet, sein Bruttolohn betrug 2.500 €.
- Mit der oben genannten Formel lässt sich ein Abfindungsvorschlag von 12.500 € errechnen.
- Die Höhe der Abfindung ist aber auch von den Erfolgschancen der Kündigungsschutzklage abhängig: Je wahrscheinlicher es ist, dass A die Klage gewinnen könnte, desto höher wird der Abfindungsvorschlag des Gerichts ausfallen. Ist es unwahrscheinlich, dass A mit seiner Klage Erfolg hätte, so wird das Gericht eine Abfindung vorschlagen, die geringer ausfällt als die hier errechneten 12.500 €.
6.3.2 Fälligkeit der Abfindung
Wenn im Aufhebungsvertrag nichts anderes vereinbart wurde, ist die Abfindung in der Regel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, vgl. § 271 BGB.
6.3.2.1 Zeitpunkt der Fälligkeit und Versteuerung
Der Fälligkeitszeitpunkt kann von den Vertragsparteien jedoch auch abweichend vereinbart werden. Es steht dem Arbeitgeber jedoch frei, die Abfindung auch schon vorher auszuzahlen, wenn der Fälligkeitszeitpunkt nicht ausdrücklich im Aufhebungsvertrag festgelegt ist. Der Arbeitnehmer kann allerdings ein Interesse daran haben, die Abfindung erst später zu erhalten. Hintergrund dazu ist, dass die Abfindung der Versteuerung unterliegt und die Steuern nach dem sog. Zuflussprinzip im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung anfallen. Es ist für den Arbeitnehmer deshalb unter Umständen steuerlich vorteilhafter, die Abfindung erst im nächsten Veranlagungszeitraum, also im nächsten Kalenderjahr (Fußnote), zu erhalten. Ist dies der Fall, sollte der Arbeitnehmer dafür sorgen, dass die Fälligkeit im Aufhebungsvertrag ausdrücklich vereinbart wird.
6.3.2.2 Tod eines Arbeitnehmers und Vererblichkeit des Anspruchs auf Abfindung
Rechtsfragen können auftreten, wenn der Arbeitnehmer vor Auszahlung der Abfindung stirbt. Es stellt sich dann die Frage, ob der Anspruch schon entstanden und auf die Erben übergegangen ist (Fußnote). Für den Fall, dass die Abfindung im Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses fällig ist und der Arbeitnehmer vorher verstirbt, wird das grundsätzlich bejaht. Etwas anderes gilt, wenn es dem Parteiwillen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer entspricht, dass die Abfindung nur gezahlt werden soll, wenn der Arbeitnehmer den Beendigungszeitpunkt erlebt. Entscheidend ist der von den Vertragsparteien mit der Abfindung verfolgte Zweck: Dient die Abfindung vor allem als Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Arbeitnehmers in vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so ist das Erleben des Beendigungszeitpunktes eher nicht vorausgesetzt und die Erben können den Anspruch auf die Abfindung geltend machen. Soll die Abfindung dagegen darauf abzielen, den Verdienstausfall eines Frühpensionärs zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses und dem Beginn des Bezugs einer gesetzlichen Altersversorgung zu kompensieren, so ist der Anspruch nicht vererblich (Fußnote). Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, wird empfohlen, die Vererblichkeit des Abfindungsanspruchs im Aufhebungsvertrag zum Beispiel durch den Zusatz "Der Anspruch ist vererblich" in der Abfindungsklausel ausdrücklich zu regeln.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Aufhebungsvertrag – Die einvernehmliche Trennung im Arbeitsverhältnis“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Carolina Erb, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-89-2.
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
Stand: Januar 2019