BGH: Umlage der Betriebskosten muss nach tatsächlicher Personenzahl erfolgen.
Sofern der Mietvertrag zum Verteilungsschlüssel keine Aussage trifft, gilt § 556a BGB, wonach die Betriebskosten entsprechend der Wohnfläche oder verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Abweichende Regelungen im Mietvertrag sind jedoch grundsätzlich zulässig, sodass sich in vielen Mietverträgen eine Klausel findet, wonach die zu entrichtenden Nebenkosten sich nach der Anzahl der im Haushalt befindlichen Personen richtet. Diese Form der Betriebskostenumlage war Gegenstand des vorliegenden BGH Urteils vom 23.01.2008.
Dem vom BGH zu entscheidenden Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die klagende Gemeinde ist Vermieterin einer von der Beklagten gemieteten Wohnung. Die Parteien vereinbarten die Umlage bestimmter Betriebskosten nach der Kopfzahl der Mietparteien. Mit der Betriebskostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 2004 errechnete die Klägerin eine Nachforderung zu ihren Gunsten. Die für die Abrechnung maßgebliche Personenzahl hatte die Klägerin anhand des Einwohnermelderegisters ermittelt. Mit der Klage begehrte sie eine Betriebskostennachzahlung, sowie die Feststellung, dass sie Betriebskosten anhand derjenigen Personenzahl verteilen könne, die sich aus dem amtlichen Einwohnermelderegister für die jeweilige Abrechnungsperiode ergebe.
Der VIII Zivilsenat entschied, dass der Vermieter bei vereinbarter Umlage nach Personenzahl nicht auf das amtliche Einwohnermelderegister zurückgreifen kann, um die Belegung des Hauses zu ermitteln. Eine Umlage von Betriebskosten nach Kopfzahl setzte deshalb voraus, dass der Vermieter – für bestimmte Stichtage – die tatsächliche Belegung der einzelnen Wohnungen feststellt. Das dies mit einem höheren Aufwand und mit tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden sein mag, vermag laut BGH daran nichts zu ändern.
Zur Begründung führte der BGH aus, dass das Einwohnermelderegister keine hinreichend exakte Grundlage für die Feststellung der wechselnden Personenzahl in einem Mietshaus mit einer Vielzahl von Wohnungen darstelle. Die in einem solchen Mietshaus stattfindende beachtliche Fluktuation spiegelt sich laut BGH nach der Lebenserfahrung nicht oder nur unzureichend im Einwohnermelderegister wieder.
Die Entscheidung des BGH ist der Sache nach sicherlich begrüßenswert, denn tatsächlich entspricht es der Lebenserfahrung, dass nicht sämtliche Bewohner, man denke nur an Kinder, beim Einwohnermeldeamt registriert sind. Außerdem hinkt der Datenbestand häufig der tatsächlichen Belegung im Haus hinterher. Die Folge daraus ist, dass die übrigen Mieter den Anteil der amtlich nicht gemeldeten Personen mit zu tragen haben.
Dennoch stellt sich für den Vermieter nun das Problem, dass der relativ einfache Weg zur Feststellung der Personenanzahl in einer Mietwohnung über das Melderegister entfallen ist und der Vermieter nun auf andere Weise feststellen muss, wie viele Personen tatsächlich bei der Berechnung der Betriebskosten zu berücksichtigen sind. Dies ist für den Vermieter insbesondere dann wichtig, wenn er mehrere Wohnungen in einem Haus vermietet, denn der Vermieter muss bei der Abrechnung gegenüber den Mietern immer darlegen können, wie viele Personen insgesamt im Abrechnungszeitraum im Haus gewohnt haben. Bestreitet der Mieter in einem Rechtsstreit die zugrunde gelegte Personenzahl in der Abrechnung, muss der Vermieter dem Gericht beweisen, in welchem Monat wie viele Personen in den einzelnen Wohnungen wohnten. Nicht weniger wichtig ist die tatsächliche Belegung für einen Hausverwalter. Kann nämlich beispielsweise ein Mieter seine Nebenkostenabrechnung herabsetzen, weil der Nachweis der zugrunde gelegten Personenzahl nicht gelungen ist, kann der Hausverwalter sich möglicherweise gegenüber den Wohnungseigentümern schadensersatzpflichtig machen, wenn er nicht alles ihm zumutbare unternommen hat um die tatsächliche Belegung der einzelnen Wohnungen festzustellen.
Was aber kann der Vermieter/ Hausverwalter nun tun, um die tatsächliche Belegung der einzelnen Wohnungen festzustellen? Sicherlich wird die vorliegende Entscheidung nicht dazu führen, dass es dem Vermieter nunmehr erlaubt ist, monatlich die Räume des Mieters zu betreten um sich einen Eindruck von der dortigen Wohnsituation zu verschaffen. Insoweit wird das Recht des Mieters auf seine Privatsphäre nach wie vor höher einzuschätzen sein. Abgesehen davon würde dies auch einen erheblichen Aufwand bedeuten und der Vermieter hätte letztlich auch nichts gewonnen, da er den Zustand der Wohnung ohnehin nicht dokumentieren darf (etwa durch Fotos). Denkbar wäre es den Mietern monatlich einen Fragebogen zur Wohnungsbelegung zuzusenden. Allerdings wird man auf diese Weise kaum verlässliche Informationen erlangen können und natürlich wäre einem gesteigerten Verwaltungsaufwand auch hierdurch nicht entgegengewirkt. Sofern man es überhaupt für rentabel erachten mag, ist auch die Videoüberwachung etwa des Gemeinschaftstreppenhauses oder sonstiger Gemeinschaftsräume wegen § 6b Bundesdatenschutzgesetz und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wohl nicht erlaubt. Die Entscheidung des BGH wird dem Vermieter/ Hausverwalter daher einigen Einfallsreichtum abnötigen und Methoden zur Überprüfung der Personenanzahl in einem Mietshaus mit Sicherheit zum Gegenstand künftiger gerichtlicher Streitigkeiten machen. Insoweit sollten alle Vermieter die davon betroffen sind aufmerksam bleiben.
Jedenfalls für den Abschluss von Neuverträgen ist den Vermietern nur zu raten, zum gesetzlich vorgesehenen Modell der Verteilung nach Wohnfläche zurückzukehren. Für bestehende Mietverträge kann der Verteilerschlüssel durch den Vermieter jedoch nicht einseitig geändert werden, außer er möchte in Zukunft konkret verbrauchsabhängig abrechnen, etwa indem er in den einzelnen Mietwohnungen Zähler einbauen lässt.
Stand: 01/08
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