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Bei Verstoß gegen die Belehrungspflicht für den Beschuldigten gilt ein Verwertungsverbot für seine Aussagen


Herausgeber / Autor(-en):
Nils Beyer
wissenschaftlicher Mitarbeiter


Ob ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht vorliegt oder nicht, ist im Freibeweisverfahren zu klären. Bleibt offen, ob der Hinweis gegeben worden ist, darf der Inhalt der Vernehmung verwertet werden. Gibt es aber keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Belehrung erfolgt ist und ist darüber hinaus ein Aktenvermerk gemäß Nr. 45 I RiStBV (Fußnote) nicht gefertigt worden, so dürfen Äußerungen, die der Beschuldigte in dieser Vernehmung getätigt hat, nicht verwendet werden.

Der vor dem Landgericht unter anderem wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Verurteilte rügte mit einer Verfahrensbeschwerde, das Landgericht habe seine ohne Belehrung über sein Schweigerecht gemachte Aussage zu einer sichergestellten Gaspistole verwertet. Hiermit hatte er Erfolg.

Folgender Verfahrensablauf lag der Rüge zugrunde:
Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung wurde im Zimmer des Revisionsführers in einem Schuhkarton eine größere Menge Marihuana gefunden. In Griffweite des Schuhkartons wurde, in der unteren Schublade eines Nachtkästchens, eine ungeladene aber funktionstüchtige Gaspistole sichergestellt. Die dazugehörigen Pfefferkartuschen befanden sich ebenfalls in der Schublade.
In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht hatte der Angeklagte sich dahingehend eingelassen, er habe nicht gewusst, dass die Gaspistole sich in seinem Nachtkästchen befunden habe. Dieses sei erst ein paar Tage zuvor von seiner Schwester, auf seine Bitte hin, in sein Zimmer getragen worden. Er habe nie in die Schubladen geschaut, sondern lediglich seinen Wecker auf dem Nachtkästchen abstellen wollen.
Die Strafkammer hatte diese Einlassung durch die glaubhaften Angaben der die Durchsuchung vornehmenden Polizeibeamten M, K und W als widerlegt angesehen. Der Zeuge M hatte ausgesagt, der Angeklagte habe während der Durchsuchung, auf eine Bemerkung seines anwesenden Vaters hin, „sinngemäß geantwortet, er habe sie eine Woche zuvor geholt“. K und W betätigten diese Aussage des Angeklagten.

Der Verteidiger des Angeklagten hatte der Verwertung dieser Äußerung mit der Begründung widersprochen, dass der Angeklagte zu Beginn der Ermittlungshandlungen nicht wie vorgeschrieben (Fußnote) belehrt worden sei. Hierauf vernahm die Strafkammer die Polizeibeamten als Zeugen dazu, ob eine Belehrung erfolgt sei. M gab an, er habe den Angeklagten „spätestens bei der (Fußnote) Durchsuchung seiner Person, als in seiner Hosentasche Marihuana aufgefunden wurde, belehrt. Ob er ihn zuvor belehrt habe, könne er nicht mehr sagen“. K sagte aus, er habe den Angeklagten nicht belehrt, „er vermute, dass eine Belehrung durch M stattgefunden habe. Wo diese stattgefunden hat, könne er nicht mehr sagen“. W konnte keine Angaben über eine Belehrung machen.

Die Strafkammer hat die Aussage des Angeklagten dennoch verwertet und begründete dies wie folgt: Es lasse sich nicht klären, ob eine Belehrung durch die Beamten vor der Vernehmung über die Gaspistole erfolgt sei, daher dürfe der Inhalt der Einlassung verwertet werden (Fußnote).

Der BGH folgte dieser Auffassung nicht. Zwar sei die Vernehmung der Polizeibeamten zwecks Klärung der betreffenden Frage zutreffend gewesen, die mitgeteilten Bekundungen der Zeugen würden jedoch nahe legen, dass keiner von ihnen noch eine konkrete Erinnerung daran habe, ob die Belehrung erfolgt sei. Da auch keine Belehrung aktenkundig gemacht worden sei, lägen, im Gegensatz zu dem von der Strafkammer angeführten Fall, keinerlei hinreichend verlässliche Anhaltspunkte für eine Belehrung vor.

Die Aussage des Angeklagten konnte demnach auch nicht verwertet werden. Die Verfahrensrüge hatte Erfolg.



Herausgeber / Autor(-en):
Nils Beyer
wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: März 2007


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Harald Brennecke ist als Strafverteidiger, Anzeigenerstatter, Nebenklagevertreter oder Zeugenbeistand ausschließlich im Wirtschaftsstrafrecht tätig. 
Er verteidigt bei Insolvenzdelikten wie Insolvenzverschleppung, Bankrottdelikten, Buchführungsdelikten, Gläubigerbegünstigung und Schuldnerbegünstigung sowie allen anderen typischen Straftaten im Insolvenzbereich wie Betrug oder Untreue. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht kann er Rechtsfragen im materiellen Bereich in einer Tiefe aufbereiten, die für Richter und Staatsanwälte nicht immer leicht zu durchdringen ist.    
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In den komplexe wirtschaftsstrafrechtlichen Sachverhalten ist eine umfassende strategische Orientierung und vollständige Durchdringung des Sachverhalts schon vor der ersten Stellungnahme entscheidend.  

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Harald Brennecke hat im Wirtschaftsstrafrecht und angrenzenden Gebieten veröffentlicht:

  • „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl. ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
  • „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“, 2014, ISBN 978-3-939384-29-8, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“, 2014, ISBN 978-3-939384-26-7, Verlag Mittelstand und Recht

sowie etliche weitere Veröffentlichungen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht.

Weitere Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht
  • Compliance
  • Insolvenzstraftaten

Harald Brennecke ist Dozent für Wirtschaftsstrafrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Im Bereich Wirtschaftsstrafrecht bietet er Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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  • Compliance im Mittelstand – Strafrisiken vermeiden durch kluge Unternehmensführung
  • Insolvenzstrafrecht für Steuerberater und Sanierungsberater  
  • Geschäftsführerhaftung – Die Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften: das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
  • Insolvenzrecht für Steuerberater und Unternehmensberater
  • Datenschutzstrafrecht
  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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Gericht / Az.: BGH, Beschluss vom 8.11.2006 – 1 StR 454/06
Normen: §§ 136 Abs. 1, 163 a Abs. 3 Satz 2 StPO, Nr. 45 I RiStBV

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