Crowdfunding – Teil 02 – Debt-based Investing
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
2.1.3.1 Debt – based Crowdinvesting im weiteren Sinne
Debt- based Crowdinvesting (auch Lending - based Crowdfunding genanntumfasst alle Formen des Crowdinvestings, die auf der Vermittlung von Fremdkapital basieren, im Wesentlichen also das Debt-based Crowdinvesting im engeren Sinne sowie das sog. Crowdlending (Peer-to-Peer-Lending) (Fußnote).
2.1.3.1.1 Debt-based Crowdinvesting im engeren Sinne
Beim Debt - based Crowdinvesting im engeren Sinne werden regelmäßig Inhaberschuldverschreibungen, (Fremdkapital-) Genussrechte sowie (partiarische) Nachrangdarlehen herausgegeben oder – in Deutschland allerdings seltener- Wertpapiere emittiert. Partiarische Darlehen sind Darlehensverträge im Sinne des BGB, bei denen eine erfolgsbezogene Verzinsung vereinbart wird. Als partiarische Nachrangdarlehen werden partiarische Darlehen bezeichnet, bei denen zugunsten der anderen Gläubiger ein sog. Rangrücktritt vereinbart wird. Das bedeutet, dass Crowdinvestoren bei nicht ausreichender Zahlungsfähigkeit des Unternehmens erst nach allen anderen Gläubigern befriedigt werden (Fußnote). Zur Unternehmensfinanzierung wird in Deutschland derzeit regelmäßig Debt-based Crowdinvesting eingesetzt (Fußnote5).
2.1.3.1.2 Peer-to-peer-Lending (Crowdlending im eigentlichen Sinne)
Beim Peer-to-Peer-Lending wird der kapitalsuchenden Person ein Darlehen gewährt. Beteiligt sind die Plattform, der Kreditsuchende (Kreditnehmer), die Anleger sowie ein Kreditinstitut (Fußnote). Unterschieden wird dabei zwischen dem sog. echten und unechten Crowdlending. Beim echten Crowdlending wird der (Darlehens)Vertrag unmittelbar zwischen dem Anleger und dem Kreditnehmer abgeschlossen (Fußnote). Beim sog. unechten Crowdlending kommt der Vertrag zwischen einem durch die Plattform dazwischengeschalteten Kreditinstitut und dem Kreditnehmer zustande (Fußnote). Das Kreditinstitut bündelt die Einzelkredite zu einem Gesamtkredit und stellt diesen dem Kreditnehmer zur Verfügung. Die Funktion der Plattform beschränkt sich dabei auf die Vermittlung der Kreditverträge (Fußnote).
2.3.1.2 Equity- based Crowdinvesting (Eigenkapitalbasiert)
Beim sog. Equity- based Crowdinvesting erwirbt der Anleger eine Kapitalbeteiligung an dem Unternehmen (Fußnote). In Betracht kommen sowohl direkte Beteiligungen wie Aktien, GmbH-Anteile oder Kommanditanteile, als auch indirekte Beteiligungen über eine atypische stille Gesellschaft. Genussrechte, soweit sie bilanziell als Eigenkapital einzustufen sind (Fußnote), gehören auch zum Equity– based Crowdinvesting. Direkte Eigenkapitalbeteiligungen in Form von vinkulierten (Namens)Aktien wurden zeitweise von Bergfürst vertrieben, das Angebot wurde jedoch mittlerweile eingestellt (Fußnote).
Der Anteil der Equity- based Finanzierungen in Deutschland betrug im Jahr 2019 2,8 % (Crowdinvesting- Marktreport 2019, Seite 5).
2.1.4 Funktionsweise des Crowdinvestings
An einer Crowdinvesting Kampagne sind regelmäßig der Projektinitiator (das kapitalsuchende Unternehmen oder eine Projektgesellschaft), eine Crowdinvesting-Plattform und die Anleger beteiligt. Je nach Plattform ist auch die Beteiligung einer sog. Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle - SPV) möglich (Fußnote). Der Ablauf einer Crowdinvesting-Kampagne besteht aus unterschiedlichen Phasen, die sich wie folgt darstellen lassen:
• Entwicklungs- bzw. Vorbereitungsphase
• Selektionsphase
• Finanzierungsphase
• Kick-Off-Phase
• Rückzahlungsphase
(Fußnote).
Die Entwicklungs- bzw. Vorbereitungsphase spielt sich im Wesentlichen bei dem kapitalsuchenden Unternehmen ab (Fußnote). In dieser Phase wird die Geschäftsidee entwickelt und die Grundzüge des Unternehmens und des Produktes geschaffen. Bei einem bereits etablierten Unternehmen werden in dieser Phase die Eckpunkte des zu finanzierenden Projektes festgelegt.
In der Selektionsphase prüft der Plattformbetreiber zunächst die Erfolgsaussichten des Projekts. Er entscheidet anhand im Vorfeld festgelegten Kriterien, ob ein Projekt über die Plattform überhaupt angeboten wird (Fußnote). Die Entscheidung, welche Informationen über das Projekt öffentlich bereitgestellt werden müssen, trifft ebenfalls der Plattformbetreiber. (Rn.48). Er gestaltet meistens auch die Vertragsbedingungen zwischen dem Unternehmen und den Anlegern. Die Plattform fungiert darüber hinaus als Kommunikationskanal (Fußnote).
Spätestens in dieser Phase wird die zu erreichende Mindestsumme (“Investitions-schwelle”, Mindestfundingschwelle) definiert. Dabei handelt es sich um einen Mindestbetrag, der bei der jeweiligen Kampagne zwingend erreicht werden muss. Andernfalls gilt das Funding als gescheitert und die eingesammelten Gelder werden an die Anleger zurückgezahlt. Juristisch betrachtet steht jeder einzelne Investmentvertrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass dieser Mindestbetrag erreicht wird (Fußnote).
Die Finanzierungsphase umfasst den Prozess von der Freischaltung des Projektes auf der Plattform bis zum Abschluss der einzelnen Investmentverträge. Diese Phase ist die eigentliche Crowdinvesting- Kampagne und beträgt regelmäßig zwei Wochen bis zwei Monate. Die Dauer der Kampagne wird vorab festgelegt.
Während dieser Phase soll die Investitionssumme eingesammelt werden. Häufig legt das kapitalsuchende Unternehmen auch einen Maximalbetrag fest, bis zu welchem Investitionen entgegengenommen werden sollen (sog. Investitionslimit). Wird die Investitionsschwelle erreicht, können sich weitere Anleger nicht mehr beteiligen.
Um über die Plattform investieren zu können müssen sich Anleger registrieren sowie einen sog. Plattformnutzungsvertrag abschließen (Fußnote). Der Investmentvertrag selbst kommt zwischen dem Anleger und dem kapitalsuchenden Unternehmen zustande, die Plattform wird dabei lediglich vermittelnd tätig (Fußnote).
Der Abschluss des Investmentvertrags beginnt mit dem Ausfüllen des Investmentformulars. In dieses Formular trägt der Anleger seine persönlichen Daten ein. Je nach rechtlicher Ausgestaltung der Beteiligung werden dem Anleger auch weitere Dokumente, wie beispielsweise insbesondere das sog. Vermögensinformationsblatt (VIB), zur Verfügung gestellt (Fußnote). Nach verbindlicher Zustimmung des Unternehmens erhält der Anleger eine Bestätigungs - E-Mail, die neben dem Investmentvertrag auch die Allgemeine Geschäftsbedingungen der Plattform sowie eine Widerrufsbelehrung enthält (Fußnote).
Mit Abschluss der Kampagne beginnt die sog. Kick-Off-Phase. Wird die Investitionsschwelle während der Kampagnendauer erreicht und ist die - ggf. einschlägige - Widerrufsfrist abgelaufen, werden die eingesammelten Beträge an das Unternehmen ausgekehrt. Die Plattform erhält ihre Provision, die sich regelmäßig aus der Summe aller Investitionen errechnet. Ob die Provision vom Unternehmen oder vom Anleger zu bezahlen ist, richtet sich nach den konkreten Vereinbarungen. Üblich ist die Zahlungspflicht des Unternehmens. Wird die Investitionsschwelle nicht erreicht, erhalten die Anleger ihre Beteiligungssumme zurück (Fußnote).
Die Laufzeit der Beteiligung (siehe auch Mindestbeteiligungsdauer) beginnt nach Abschluss der Crowdinvesting-Kampagne. Während dieser Zeit werden die laufenden Zinsen gezahlt, sofern vereinbart (Fußnote). Am Ende der Laufzeit werden endfällige Zinszahlungen ausgekehrt und das Beteiligungskapital wird zurückgezahlt, vgl. sog. Rückzahlungsphase (Fußnote).
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Crowdfunding“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2020, www.vmur.de
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Monika Dibbelt
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