Crowdfunding – Teil 06 – Anwendungsbereich
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
2.2.1.2.1.2.1 Anwendungsbereich
Die Ausnahme ist ausschließlich auf partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und sog. wirtschaftlich vergleichbare Anlagen anwendbar (Fußnote), Genussrechte fallen aus dem Anwendungsbereich des § 2a Abs.1 bzw. 2 i. V. m. Abs.3 VermAnlG heraus (Fußnote). Da Genussrechte (Fußnote) Nachrangdarlehen sehr ähnlich und von diesen in der Praxis häufig nur schwer abgrenzbar sind, ist diese Unterscheidung allerdings kaum nachvollziehbar (Fußnote).
Genussrechte und partiarische Darlehen unterscheiden sich im Wesentlichen darin, dass bei partiarischen Darlehen grundsätzlich keine Verlustbeteiligung vorgesehen ist.
2.2.1.2.1.2.2 Vertrieb ausschließlich über eine Internetplattform
Die wichtigste Voraussetzung der Crowdfunding-Ausnahme ist, dass die Anlagen ausschließlich über eine Internet-Dienstleistungsplattform (Fußnote) vertrieben werden, vgl. § 2a Abs.3 VermAnlG. Der Vertrieb muss außerdem als Anlageberatung oder Anlagevermittlung im Sinne des Vermögensanlagengesetzes anzusehen sein (Fußnote). Dies ist in der Crowdinvesting-Praxis in der Regel unproblematisch.
Mit dieser Einschränkung versucht der Gesetzgeber, sich die sogenannte Gatekeeper-Funktion der Crowdfunding-Plattformen zunutze zu machen. Plattformen haben regelmäßig kein Interesse daran, dass von ihnen angebotene Projekte scheitern oder negative Schlagzeilen machen. Zum einen schaden solche Projekte der eigenen Reputation der Plattform, zum anderen lassen sich dabei häufig auch die eigenen Provisionsansprüche nicht realisieren. Deshalb nehmen Plattformen eine teilweise strenge Vorauswahl vor (Fußnote). Dieser Auswahlprozess steht gewissermaßen als Garant für die Seriosität der angebotenen Projekte, aber auch für die Einhaltung der gesetzlichen Informationspflichten. Deshalb ist in solchen Fällen die Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts aus Sicht des Gesetzgebers ausnahmsweise nicht erforderlich.
2.2.1.2.1.2.3 Gesamtemissionsvolumen
Darüber hinaus darf das jeweilige Gesamtemissionsvolumen 2,5 Millionen Euro nicht überschreiten. Das heißt, dass für die Finanzierung eines einzelnen Projekts Beteiligungen in Höhe von maximal 2,5 Millionen Euro herausgegeben werden können (Fußnote). Wird diese überschritten, kann das Unternehmen die Crowdfunding- Ausnahme nicht in Anspruch nehmen und muss einen Verkaufsprospekt erstellen. Auch wenn das benötigte Kapital im Einzelfall stark variieren kann, dürfte diese Einschränkung für die meisten kapitalsuchenden Unternehmen kaum relevant sein.
2.2.1.2.1.2.4 Zeichnungsgrenze per Emittent
Die Crowdinvesting–Ausnahme kann zudem nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Plattform die Investition des einzelnen Anlegers auf maximal 1000 Euro per Emittent / Projekt beschränkt. (Fußnote).
Zweck dieser Regelung ist es, den Anleger vor der Entstehung von Klumpenrisiken, d.h. von Risiken, die sich aus der übermäßigen Konzentration von Investitionen auf eine Anlage ergeben, zu schützen (Fußnote). Der Gesetzgeber sieht Anleger grundsätzlich nicht in der Lage, Risiken im Zusammenhang mit Investitionen in Start-Ups richtig einzuschätzen (Fußnote). Ob das tatsächlich verallgemeinert werden kann, sei dahingestellt. Auch beschränkt sich das Crowdinvesting nicht nur auf Start-ups, vielmehr können Anleger auch in Unternehmen investieren, die sich am Markt bereits bewährt haben. Ob es sinnvoll ist, die Anleger daran zu hindern, in solche Unternehmen größere Summen zu investieren, ist zumindest fraglich.
Eine höhere Investition in dasselbe Projekt bis zu 25 000 Euro ist möglich, wenn der Anleger über bestimmte finanzielle Mittel verfügt und diese gegenüber der Plattform sowie dem kapitalsuchenden Unternehmen offenlegt.
Die Selbstauskunftsplicht über sensible Einkommens- und Finanzdaten kann (Klein)Anleger allerdings durchaus von einer Investition abhalten (Fußnote). Außerdem hat die niedrige Zeichnungsgrenze zur Folge, dass die Unternehmensgründer - bzw. Inhaber häufig nicht in ihr eigenes Projekt investieren können, da ihr Anteil am Unternehmen meistens bereits über 10 000 Euro liegt. Der Anteil an dem zu finanzierenden Unternehmen stellt nämlich auch eine Vermögensanlage im Sinne des § 1 Abs.2 Nr.1 VermAnlG dar (Fußnote).
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Crowdfunding“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2020, www.vmur.de
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Monika Dibbelt
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Carola Ritterbach
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