Der Immobilienkaufvertrag – Teil 03 – Beurkundungserfordernis
2.3 Beurkundungserfordernis
Das Beurkundungserfordernis für den Immobilienkaufvertrag ergibt sich aus § 311 b BGB. Hier ist für den schuldrechtlichen Teil des Eigentumserwerbs an einem Grundstück ausdrücklich eine notarielle Beurkundung des Kaufvertrages nach § 128 BGB vorgesehen.
Für die Auflassung gilt die Formvorschrift des § 925 BGB (vgl. oben unter Punkt 2.2.2.1). Danach müssen die Erklärungen des Veräußerers und des Grundstückserwerbers vor einem Notar abgegeben werden, wobei weder eine schriftliche Dokumentation noch eine Beurkundung erforderlich sein soll (vgl. Bassenge, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., § 925 Rn. 3).
2.3.1 Umfang Beurkundungserfordernis
Die Kaufvertragsparteien müssen zum Notar und den Immobilienkaufvertrag mit allen wesentlichen Vertragsbestandteilen des Grundstücksgeschäfts beurkunden lassen. Das Erfordernis der notariellen Beurkundung bezieht sich ausnahmslos auf den ganzen Immobilienkaufvertrag, einschließlich aller damit verbundenen Nebenabreden und Rechtsgeschäfte. Deshalb sind alle Vereinbarungen, die mit dem Kaufvertrag zusammenhängen, mit zu beurkunden.
Auf Nebenvereinbarungen oder Preisnachlässe ohne Beurkundung sollte man sich nicht einlassen. Wollen Käufer oder Verkäufer besondere Vereinbarungen, wie z.B. Vorkaufs- oder Reservierungsverträge (vgl. unten unter Punkt 6.4 und 6.5) zum Vertragsbestandteil machen müssen diese beurkundet werden, da ansonsten der ganze Vertrag unwirksam werden kann (vgl. im Folgenden Unterpunkt 2.3.2.).
Hinter diesem absoluten Formzwang steht die Überlegung, dass Käufer und Verkäufer vor übereilten Vertragsabschlüssen geschützt werden sollen.
2.3.1.1 Beurkundung verbundener Verträge und Vereinbarungen
Verbundene Verträge oder Vereinbarungen sind grundsätzlich alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Kaufvertragsparteien in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Immobilienkaufvertrag stehen sollen. Zwischen den Verträgen muss eine inhaltliche und rechtliche Verknüpfung bestehen, so dass der eine Vertrag nicht ohne den anderen gewollt ist und umgekehrt.
Wie diese Verknüpfung gestaltet ist, ist nicht entscheidend. Das kann durch die
- Gewährung eines Rücktrittsrechts geschehen, für den Fall das ein Vertrag scheitert oder
- Vereinbarung einer Bedingung, so dass das Zustandekommen eines Vertrages Voraussetzung für die Geltung des anderen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt es nur auf den tatsächlichen rechtlichen Zusammenhang an. Liegt dieser vor, bedarf die verknüpfte Vereinbarung der notariellen Beurkundung (Bundesgerichtshof Urteil vom 16.07.2004, Az.: V ZR 222/03).
In der Praxis ist es gängig, z.B.
- Kaufverträge
- städtebauliche Verträge
- Werkverträge oder
- Mietverträge
mit dem Immobilienkaufvertrag zu verbinden.
Von der Nichtbeurkundung von Leistungsversprechen, die neben den Immobilienkaufvertrag treten sollen ist Käufern und Verkäufern abzuraten, denn die Frage, ob beurkundet wird oder nicht, ist keine freie Entscheidung der Parteien, sondern von Gesetztes wegen zu beachten (§§ 311b Abs. 1 und 125 BGB). Auf Vorschläge der Nicht-Beurkundung zur Kostenersparnis von Steuern, Notarkosten oder ähnlichem sollte man sich nicht einlassen, da die Parteien kein Recht haben den Umfang der Beurkundungspflicht einzugrenzen. Jede Art von verbundenem Geschäft muss mitbeurkundet werden.
Werden diese Anforderungen nicht eingehalten, riskieren die Parteien die
- Nichtigkeit des Immobilienkaufvertrages
- Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des verbundenen Geschäfts und
- im Zweifel sogar die Erfüllung eines Straftatbestandes, wie z.B. die Steuerhinterziehung bei Vereinbarung eines Schwarzkaufpreises.
Beispiel
Herr Meier ist Eigentümer von einem Grundstücks am See mit Einfamilienhaus und hat seinem Skatfreund Müller versprochen, ihm nicht nur das Anwesen zu einem günstigen Preis zu verkaufen, sondern auch folgende Gegenstände: den großen Rasenmäher, die Gartenmöbel einschließlich Hollywoodschaukel und die 5-teiliger Sitzgarnitur aus Teakholz, die unabhängige Stromversorgungsquelle und die Fotovoltaik-Anlage. Diese Gegenstände sollen im Kaufpreis in Höhe von 450.000,00 € inklusive sein. Herr Müller sieht das Anwesen als eine großartige Investitionsmöglichkeit und will das Haus kaufen, um es dann zu vermieten. Er hat schon ein Lehrerehepaar im Auge, das an einer langfristigen Miete interessiert ist und durch die monatliche Mietzahlung die Ratenzahlungen der Finanzierung decken könnte. Herr Müller sagt Herrn Meier daher unter der Bedingung zu, dass die versprochenen Gegenstände mitverkauft und das Lehrerehepaar einen Mietvertrag mit ihm abschließt. Ohne die zusätzlichen Gegenstände und den Mietvertrag wolle er den Kaufvertrag allerdings nicht abschließen, da er das Anwesen dann für zu teuer halte und die Finanzierung nicht tragen könne. Dem Notar haben die beiden allerdings nicht von ihren Vereinbarungen erzählt und im Immobilienkaufvertrag wurde dazu nichts geregelt.
- Das Grundstücksgeschäft ist nach § 125 BGB nichtig, da die Nebenabreden, wie die Übereignung der beweglichen Gegenstände und die Bedingung des Mietvertrages nicht mitbeurkundet worden sind. Die Kaufvertragsparteien haben durch ihre Vereinbarung eine Nebenabrede getroffen, die untrennbar mit dem Immobilienkaufvertrag verbunden sein soll. Mit der Erfüllung dieses verbundenen Vertrages soll der Immobilienkaufvertrag "stehen oder fallen" und hätte daher mitbeurkundet werden müssen. Die Nebenvereinbarung ist ebenso nichtig, da die Beteiligten sie ohne das Grundstücksgeschäft nicht wollen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.
Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017