Der Immobilienkaufvertrag – Teil 22 – Verjährung der Mängelrechte
4.6 Verjährung der Mängelrechte
Werden Sach- oder Rechtsmängel erst einige Zeit oder Jahre nach dem Immobilienkauf festgestellt, stellt sich die Frage nach der Verjährung der Ansprüche des Käufers. Da die Verjährung allerdings nur für Ansprüche und nicht für einseitige Gestaltungsrechte wie den Rücktritt und die Minderung gilt, kommt es für diese Mängelrechte darauf an, ob der Nacherfüllungsanspruch bereits verjährt ist, oder nicht. Das bedeutet, solange der Nacherfüllungsanspruch noch nicht verjährt ist, kann auch noch der Rücktritt oder die Minderung des Kaufpreises wirksam erklärt werden.
Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB) wird bei Immobilienkaufverträgen durch die Sonderregelung des § 438 BGB verändert. Es wird ein besonderer Verjährungsbeginn und besondere Verjährungsfristen bestimmt.
4.6.1 Verjährungsbeginn und Verjährungshemmung
Die Verjährung der Mängelrechte des Käufers beginnt mit der Übergabe gem. § 438 Abs. 2 BGB. Beim Immobilienkaufvertrag ist das der Zeitpunkt der Besitzeinräumung. In Fällen des arglistigen Verschweigens eines Mangels wird für den Verjährungsbeginn auf den Zeitpunkt abgestellt, an dem der Käufer Kenntnis von der arglistigen Täuschung besitzt (vgl. hierzu das Beispiel unter Punkt 4.5.1.1 zur positiven Kenntnis). Für Bauträgerverträge kommen bei werkvertraglichen Mängeln die werkvertraglichen Vorschriften zur Anwendung, die für den Verjährungsbeginn auf die Abnahme abstellen.
Für die Verjährungshemmung oder Unterbrechung gelten die allgemeinen Bestimmungen (§§ 203 ff. BGB). Der Lauf der Verjährung kann insoweit z.B. durch die Einlegung eines Mahnbescheides, eine gerichtliche Verhandlung oder auch einen Nacherfüllungsversuch gehemmt bzw. unterbrochen werden.
4.6.2 Verjährungsfrist von 30 Jahren
Es gilt eine Verjährungsfrist von 30 Jahren für alle Mängelansprüche, die wegen einem dinglichen Recht oder einem, im Grundbuch eingetragenen, Recht an der Immobilie bestehen, § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Beispiel
Der Käufer K stellt 10 Jahre nach dem Immobilienerwerb von dem Verkäufer V fest, dass im Grundbuch noch eine alte Grundschuld zu Gunsten der Bank des V eingetragen ist. K meldet sich daraufhin bei V und fordert die Löschung der Grundschuld. V verneint und beruft sich auf Verjährung.
- Der Anspruch des K ist nicht verjährt, da es sich bei der Grundschuld um ein dingliches Recht handelt, so dass ein Rechtsmangel besteht und die 30-jährige Verjährungsfrist gilt. Im Rahmen seiner Gewährleistungsrechte kann K die Löschung der Grundbucheintragung verlangen.
4.6.3 Verjährungsfrist von 5 Jahren
Für Mängel, die an einem Bauwerk oder an Baustoffen (unabhängig, ob es sich um neu hergestellte Gebäude oder um Altbauten handelt) vorliegen, gilt eine Verjährungsfrist von 5 Jahren.
Beispiel
Der Käufer K hat am 01.05.2008 ein Grundstück mit einem Fertighaus von dem Unternehmen U erworben, das bereits zwei Jahre als Mietshaus genutzt wurde. Im Herbst 2016 läuft bei stärkeren Regenfällen plötzlich Wasser in den Keller. Nach einigen Handwerkerbesuchen lässt K einen Sachverständigen kommen, der den Keller auf Baumängel untersucht. In dem Sachverständigengutachten wird festgestellt, dass der Keller erhebliche Mängel aufweist.
Auf Nachfrage bei den Vormietern gaben diese an, das Unternehmen bereits während ihrer Mietzeit auf die unzureichende Feuchtigkeitsisolierung im Keller hingewiesen zu haben. U hatte diesen Mangel allerdings verschwiegen und beruft sich nun auf die Verjährung.
- Ansprüche wegen Mängeln an einem Bauwerk verjähren zwar grundsätzlich 5 Jahre nach der Besitzeinräumung, aber hier wurde K der Baumangel arglistig verschwiegen. Deshalb ist für den Verjährungsbeginn auf die Kenntnis des K im Herbst 2016 abzustellen. Die Gewährleistungsansprüche sind daher noch nicht verjährt.
4.6.4 Verjährungsfrist von 2 Jahren
Bei allen sonstigen Sachmängeln an einem Grundstück gilt eine Verjährungsfrist von 2 Jahren. So, z.B. in den Fällen in denen ein unbebautes Grundstück verkauft wird und einen Mangel hat.
Beispiel
Die Stadt S und der Käufer K schlossen im Jahre 2005 einen Grundstückskaufvertrag über ein unbebautes Grundstück. Auf dem Grundstück befindet sich ein Kiesweg, der eine Sackgasse darstellt. Die Stadt verkauft die Immobilie als Privatgrundstück obwohl der Kiesweg als öffentliche Straße der Stadt gewidmet ist. Diese öffentliche Widmung führt rechtlich zu einer Nutzungseinschränkung und einer Duldungspflicht, für den Fall die Stadt würde den Weg öffentlich nutzen wollen.
- Die Widmung als öffentliche Straße stellt einen Mangel dar, den K zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten, wie z.B. Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz berechtigen kann. Allerdings sind hier seit dem Kaufvertrag und der Besitzeinräumung mehr als 2 Jahre vergangen. Alle Ansprüche wegen diesem Mangel sind verjährt, da es sich hier um einen Mangel an einem unbebauten Grundstück handelt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.
Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017