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Der Immobilienkaufvertrag – Teil 25 – Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

5.3.2 Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Die Anfechtung des Immobilienkaufvertrages wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB), ist immer dann möglich, wenn eine Vertragspartei die andere durch eine arglistige Vorspiegelung oder Entstellung falscher Tatsachen zum Vertragsabschluss oder bestimmten vertraglichen Erklärungen veranlasst hat. Nach § 124 BGB muss die Anfechtung innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem die Täuschung entdeckt wurde.

Die Täuschung liegt hier regelmäßig in der vorsätzlichen Erregung, Verstärkung oder der Aufrechterhaltung eines Irrtums über Tatsachen (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn 2225) und kann auf zwei Arten erfolgen:

  • aktiv, z.B. wenn durch eine falsche Zusage, getäuscht wird
  • passiv, z.B. durch (Ver-)Schweigen oder Unterlassen der Aufklärungspflichten (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu arglistig verschwiegenen Mängel unter Punkt 4.5.3).

Beispiel
Der Verkäufer V verkauft an den K ein "Haus mit Seegrundstück". Ein privater Zugang zu dem großen See ist für den Käufer K kaufentscheidend. V weiß, dass diese Eigenschaft für K wichtig ist und ein Vertrag ohne Zugang zum See nicht zustande kommen würde. Deshalb erklärt V bewusst wahrheitswidrig, dass der Grundstückstreifen, zwischen dem See und dem eingefriedeten Grundstücksbereich, Teil des Grundstücks ist.

  • K kann den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten, da V ihn bewusst über wesentliche Vertragsbestandteile getäuscht hat.

Der Verkäufer, der sich eines Maklers bedient, muss sich unter gewissen Umständen dessen Täuschung zurechnen lassen. Grundsätzlich gilt nämlich, dass bei einer Täuschung eines Beteiligten auf einer Vertragsseite, sich die anderen dessen Täuschung zurechnen lassen müssen, wenn sie die Täuschung kannten oder kennen mussten (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Auflage 2014, Rn 2227).

Beispiel
Der Verkäufer V beauftragt den Makler M mit dem Verkauf seines Hauses. Als M das Haus mit V besichtigt, um Bilder für die Verkaufsanzeige zu machen, fällt ihm auf, dass V ein Trocknungsgerät im Keller stehen hat, mit dem er die Wände trocknet. M erklärt V, dass Feuchtigkeitsschäden im Keller den Wert der Immobilie erheblich mindern. Daraufhin erwidert V nur, dass das ja keiner wissen müsse und dass er das Trocknungsgerät auf jeden Fall vor den ersten Besichtigungen entfernt. Bereits kurze Zeit nach Schaltung der Verkaufsanzeige kann M einen Immobilienkaufvertrag für V mit dem Kaufinteressent K vermitteln. Eine Aufklärung über die bestehenden Feuchtigkeitsprobleme im Keller hat M bewusst unterlassen. Ein Jahr nach dem Einzug bemerkt K die Schäden und beschwert sich bei V über die unterlassene Aufklärung und wirft V Täuschung vor.

  • V muss für die Unterlassung der Aufklärung durch M haften und kann sich nicht darauf berufen, es wäre M gewesen der den Mangel verschwiegen hatte. M hat V bei der Besichtigung vertreten und nicht nur mit Wissen, sondern sogar auf Wunsch des V die Feuchtigkeitsprobleme nicht erwähnt. Die arglistige Täuschung durch Unterlassen der Aufklärung über den Mangel hat V damit auch zu vertreten. K kann nun den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten und Schadensersatz verlangen oder seine Gewährleistungsrechte geltend machen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Immobilienkaufvertrag“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Kristin Nözel, Volljuristin Dip. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-74-8.


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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