Einseitige Änderung des Leistungsumfangs durch den Auftraggeber beim VOB/B Bauvertrag
Sachverhalt:
Im zugrunde liegenden Fall war der Auftraggeber ein Landkreis in Thüringen. Die Erklärung nach § 1 Nr. 4 VOB/B wurde von einer Person abgegeben, die nach der Thüringischen Kommunalordnung nicht berechtigt war, für und gegen den Landkreis Verpflichtungsgeschäfte abzuschließen. Berechtigt sei nur der zuständige Landrat oder sein Stellvertreter gewesen. Der Auftragnehmer könne daher gegen den Auftraggeber keinen Vergütungsanspruch gemäß §§ 1 Nr. 4, 2 Nr. 6 VOB/B geltend machen.
Entscheidung:
Der BGH (BGH, Urteil vom 27.11.2003 – VII ZR 346/01; NZBau 2004, 207) entschied, dass der Auftraggeber nach § 1 Nr. 4 VOB/B ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besitzt. Er kann daher einseitig den Leistungsumfang des Vertrags ändern. Dieses Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers kann aber nur von einem vertretungsberechtigten Dritten wirksam ausgeübt werden.
Die VOB/B sieht in § 1 Nr. 4 VOB/B ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers vor. Hiernach kann er einseitig durch Abgabe einer Willenserklärung den Leistungsumfang erweitern, und der Auftragnehmer ist dann verpflichtet, auch diesen erweiterten Leistungsumfang auszuführen. Beim Auftragnehmer wird dies dadurch ausgeglichen, dass er einen unmittelbaren Anspruch auf zusätzliche Vergütung nach § 2 Nr. 6 VOB/B hat.
§ 2 VOB/B ist somit die Rechtsfolge dieses einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, wenn die Voraussetzungen des § 1 Nr. 4 VOB/B vorliegen. Wichtig ist jedoch, dass die Erklärung nach § 1 Nr. 4 VOB/B vom Auftraggeber oder von einem Dritten abgegeben wird, der wirksam im Rahmen einer gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht für den Auftraggeber handeln kann.
Praxistipp:
Gerade bei Bauverträgen mit öffentlichen Auftraggebern, sind die gesetzlichen Vertretungsordnungen in den jeweiligen Bundesländern genauestens zu beachten.
Handelt auf der Seite des öffentlichen Auftraggebers eine nicht vertretungsberechtigte Person, die zusätzliche Leitungen angeordnet hat, bleibt zwar dem Auftragnehmer immer noch die Möglichkeit, einen Anspruch nach § 2 Nr. 8 VOB/B zu begründen. Es ist jedoch zu bedenken, dass dann der Nachweis der technischen Notwendigkeit dieser Leistungen geführt werden muss. Ferner muss die Leistung dem mutmaßlichem Willen des Auftraggebers entsprechen.
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Stand: September 2005
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