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Erbrecht für Unternehmer - Teil 03 - Besonderheiten I

3.2 Besonderheiten bei Ehegatten

§ 1931 BGB ordnet an, dass neben den Verwandten dem Ehegatten ein gesetzliches Erbrecht zusteht.

3.2.1 Erbquote des Ehegatten

Die Erbquote des Ehegatten bestimmt sich danach, zu welcher Ordnung die anderen erbenden Verwandten gehören. Neben Verwandten der ersten Ordnung ist der Ehegatte zu 1/4 gesetzlicher Erbe. Damit gehen 3/4 des Vermögens des Erblassers bspw. an die Kinder. Das Viertel des Ehegatten gilt unabhängig davon, wie viele Kinder den Erblasser beerbe.

Beispiel
Der Erblasser hinterlässt seine Frau und zwei Kinder.

  • Damit erbt die Frau 1/4, die Kinder teilen sich den Rest und erben damit je 3/8.

Beispiel
Der Erblasser hinterlässt seine Frau, mit der er drei Kinder hatte. Ein Kind ist vorverstorben, dieses hinterlässt 2 Kinder (Enkel).

  • Die Frau erbt 1/4. Die zwei noch lebenden Kinder erben jeweils 1/4. Das letzte 1/4 wird von den beiden Enkeln geerbt.

Neben den Verwandten zweiter Ordnung erbt der Ehegatte grundsätzlich die Hälfte. Existieren weder Erben der ersten, noch der zweiten Ordnung, erhält der Ehegatte die ganze Erbschaft.

3.2.2 Erbrechtliche Lösung: Erhöhung der Erbquote des Ehegatten im Fall der Zugewinngemeinschaft

Der Erbteil des Ehegatten aus § 1931 BGB kann unter Umständen erhöht werden. Lebten die Eheleuten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, erhöht sich der gesetzliche Erbteil des Ehegatten um ein weiteres Viertel, §§ 1371, 1931 Abs.3 BGB. Das Viertel, um den der gesetzliche Erbteil erhöht wird, stellt den pauschalen Zugewinnausgleich da. Der pauschale Zugewinn über die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils wird unabhängig davon gewährt, ob tatsächlich ein Zugewinn erzielt wurde. Man spricht von der sog. erbrechtlichen Lösung.[1]

Beispiel
Erblasser E hinterlässt seine Frau F und zwei gemeinsame Kinder. E und F haben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Sein Vermögen beträgt 800.000 €.

  • F erhält im Fall des Todes des E 1/4 des Nachlasses zzgl. einem weiteren 1/4. Damit erbt F die Hälfte des Vermögens, mithin 400.000 €. Die zwei Kinder teilen sich den Rest; damit erbt jedes Kind 200.000 €.

3.2.3 Güterrechtliche Lösung: Keine Erhöhung der Erbquote

Wurde der Ehegatte hingegen enterbt und wurde ihm auch kein Vermächtnis zugewandt, erfolgt der Zugewinnausgleich nicht durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils, § 1371 Abs. 2 BGB. Dem enterbten Ehegatten steht stattdessen ein Ausgleichsanspruch gegen die Erben in Höhe des tatsächlich erzielten Zugewinns zu. Dies wird als güterrechtliche Lösung bezeichnet. Der Zugewinn ermittelt sich aus dem Vergleich zwischen Anfangs- und Endvermögen der einzelnen Ehepartner. Hat ein Ehepartner mehr in der Ehe erwirtschaftet, steht dem anderen Ehegatten ein Ausgleichsanspruch zu. Dieser Zugewinnausgleichsanspruch besteht in der Hälfte des Überschusses, den ein Ehepartner erzielt hat.

Beispiel
Erblasser E hinterlässt seine Frau F und zwei gemeinsame Kinder. E und F haben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Beide sind ohne Vermögen in die Ehe gegangen. Nur E hat gearbeitet. F hat nicht gearbeitet und auch sonst kein Vermögen erwirtschaftet. E hat F durch eine Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen. Sein Vermögen beträgt beim Erbfall 800.000 €.

  • F hat keinen Zugewinn erzielt. E hingegen hat einen Zugewinn in Höhe von 800.000 € erzielt. Da der Zugewinnausgleich die Hälfte des tatsächlich erzielten Zugewinns umfasst, besteht ein Anspruch der F auf Zugewinnausgleich in Höhe von 400.000 €. Diesen Anspruch kann F gegen die Erben des E geltend machen.

Hat der überlebende Ehegatte einen höheren Zugewinn erzielt, wird kein Zugewinnausgleich durchgeführt.[2]

Beispiel
Erblasser E und seine Frau F gehen beide ohne Anfangsvermögen in die Ehe. Beide sind berufstätig. E hat F durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen. Sein Vermögen beträgt 800.000 €. F weist ein Vermögen in Höhe von 1.200.000 € auf.

  • Da der Zugewinn der F den des E übersteigt, findet im Fall des Todes des E kein Zugewinnausgleich statt.

Neben diesem Anspruch auf den tatsächlichen Zugewinn kann der enterbte Ehegatte seinen Pflichtteil geltend machen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Für die Berechnung ist von dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil auszugehen, also dem Erbteil ohne das - auf Grund der Zugewinngemeinschaft zugesprochene - pauschale Viertel. Diesen Pflichtteilsanspruch nennt man den kleinen Pflichtteil.[3]

Beispiel
Erblasser E hinterlässt seine Frau F und zwei gemeinsame Kinder. E und F leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Beide sind ohne Vermögen in die Ehe gegangen. Nur E hat gearbeitet. F hat nicht gearbeitet und auch sonst kein Vermögen erwirtschaftet. E hat F durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen. Sein Vermögen beträgt 800.000 €.

  • F wäre neben den Kindern gesetzliche Erbin mit einer Erbquote von 1/4; der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbrechts und damit 1/8. Daneben kann die F den tatsächlichen Zugewinn geltend machen; hier 400.000 €. Damit ergibt sich insgesamt ein Anspruch der F auf 1/8 des Erbes, wobei der Zugewinnanspruch vorher von der Erbmasse abzuziehen ist. Demnach umfasst die Erbmasse 400.000 € (800.000 € - 400.000 € Zugewinnausgleich = 400.000 €). Von diesen 400.000 € erhält F weitere 1/8 = 50.000 €. Demnach erhält sie insgesamt 450.000 €. Die zwei Kinder teilen sich die restlichen 350.000 €; damit erhält jedes Kind 175.000 €.


[1] Michalski, § 3 II 4 Rn.78.

[2] Michalski, § 3 II 4 Rn. 82 f.

[3] Michalski, § 3 II 4 Rn. 84.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrech für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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