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Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 38 - Das § 109 SGG-Verfahren

8.3.1  § 109 SGG – Gutachten

Eine weitere Besonderheit des Verfahrens vor den Sozialgerichten ist das sogenannte             § 109 – Gutachten. Dieses ermöglicht Versicherten, vor Gericht einen Antrag auf die Anhörung eines bestimmten Arztes zu stellen. Diesem Antrag muss das Gericht dann regelmäßig Folge leisten. Versicherten bietet sich damit also eine Möglichkeit, eine für sie günstige ärztliche Stellungnahme vor Gericht zu erwirken.

Beispiel
Nach einem schweren Autounfall leider K neben körperlichen Schäden auch an einer posttraumatischen Belastungsstörung. K, der nun erhebliche Angst vor der Teilnahme am Verkehr hat, fühlt sich auch nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Auf seinen EM-Rentenantrag hin muss er sich von einem Psychiater untersuchen lassen. Dieser kann bei K jedoch keine Störung diagnostizieren. Die Rente wird abgelehnt und das Verfahren landet vor dem Sozialgericht. Um die posttraumatische Belastungsstörung beweisen zu können, möchte K ein weiteres Gutachten des Facharztes für Traumatologie T einholen. Er stellt deshalb einen Antrag nach § 109 SGG und benennt den T. Liegen keine besonderen Widrigkeiten vor, muss das Gericht den T nun anhören.

Damit ein Antrag auf ein § 109 – Gutachten gestellt werden kann, muss jedoch folgendes erfüllt sein:

1. Das Gutachten muss für die Beweisführung erheblich sein

Beispiel
Das Gericht gibt K zu verstehen, dass er selbst nach einer Feststellung seiner posttraumatischen Belastungsstörung keinen Anspruch auf eine EM-Rente hätte. K hat nämlich die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt. A kann deshalb keinen Antrag nach § 109 SGG stellen.

2. Der gewünschte Arzt muss konkret benannt werden

Beispiel
K stellt einen Antrag nach § 109 SGG auf die Anhörung eines Traumatologen.

  • Er benennt jedoch keinen bestimmten Arzt. Der Antrag wird deshalb abgelehnt.

3. Der gewünschte Arzt nicht bereits gehört worden ist.

 

Das Gericht darf den Antrag nach § 109 Abs. 2 SGG nur ablehnen, wenn

  • er zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen würde. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht Betroffene bereits im Verfahrensgang auf die Möglichkeit eines § 109 – Gutachtens hingewiesen hatte,
  • das Gericht der Ansicht ist, der Antrag diene einer beabsichtigten Verzögerung des Verfahrens
  • das Gericht die Auffassung verfolgt, der Antrag sei aus grober Fahrlässigkeit nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestellt worden.

Betroffene sollten hier jedoch beachten, dass sie die Kosten des Gutachtens eventuell vorstrecken, oder sogar übernehmen müssen. Diese Entscheidung obliegt letztendlich dem Gericht. In der Regel müssen die Kosten aus der Staatskasse getragen werden, wenn die Meinung des angehörten Arztes für die Entscheidung des Gerichts erheblich ist. Das Gericht wird diese Frage jedoch meist erst nach der Anhörung des Gutachters beurteilen können. Die Anhörung eines bestimmten Arztes bietet sich demnach nur dann an, wenn der Gutachter die Stellung des Betroffenen fundiert belegen kann.

 

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.


 

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Stand: Dezember 2014


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