Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 41 - Alternativen zur Erwerbsminderungsrente
9. Alternativen zur EM-Rente
9.1 „Hartz IV“
Im Volksmund wird die Leistung aus dem SGB II für Arbeitssuchende als Hartz IV bezeichnet. Eine Voraussetzung, um diese Stütze zu erhalten, ist jedoch die vorhandene Erwerbsfähigkeit. Hartz IV Leistungen bieten also keine Alternative für erwerbsunfähige Personen. Wer jedoch nur teilweise erwerbsgemindert ist, also noch mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten kann, fällt nicht unter die Bezeichnung erwerbsunfähig. Diese Personengruppe kann deshalb während des EM-Rentenverfahrens Hart IV beantragen. Die Leistung muss der betroffenen Person so lange gezahlt werden, bis der EM-Rentenanspruch endgültig geklärt ist. Der Rentenanspruch ist erst dann geklärt, wenn er unanfechtbar geworden ist.
Beispiel
S ist nur noch teilweise erwerbsfähig. Er beantragt deshalb eine teilweise EM-Rente. Durch seine Einschränkungen kann S seinen aktuellen Beruf schon lange nicht mehr ausüben. Trotz zahlreicher Bewerbungen finden S keine neue Stelle. Da er nun keinen Lohn mehr erhält, beantragt er Hartz IV Leistungen. Diese bekommt er zugesprochen. Am 01.05.2007 lehnt die Rentenversicherung jedoch den Antrag des S auf EM-Rente ab. Nach erfolglosem Widerspruch reicht S deswegen Klage ein, unterliegt jedoch im Verfahren. S reicht daraufhin Berufung ein und gewinnt. Das LSG lässt die Revision zum BSG nicht zu, die Frist für eine Nichtzulassungsbeschwerde läuft ab. Erst jetzt gilt der Rentenanspruch von S als unanfechtbar. S erhält somit bis zum Tag des Ablaufs der Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG Hartz IV Leistungen.
Beantragt ein Betroffener während des EM-Rentenverfahrens Hartz IV, so muss die Agentur für Arbeit selbstständig feststellen, ob Erwerbsfähigkeit vorliegt. Dieses Ergebnis beeinflusst das EM-Rentenverfahren aber nicht. Die Rentenversicherung ist an die Feststellung der Erwerbsfähigkeit der Agentur für Arbeit nicht gebunden. Durch den Bezug von Hartz IV Leistungen entstehen Betroffenen somit keine Nachteile.
9.2 Grundsicherung bei EM
Die Grundsicherung aus dem SGB XII ist das letze Auffangnetz der Sozialversicherungen. Um diese Leistung erhalten zu können, müssen Betroffene hilfsbedürftig sein. Die Hilfsbedürftigkeit ist jedoch an enge Voraussetzungen geknüpft. Eine Leistung nach dem § 41 SGB XII kann deshalb nur erhalten,
wer voll erwerbsunfähig ist
die Erwerbsminderung mit hoher Wahrscheinlichkeit von Dauer ist und
wer die Erwerbsminderung in den letzen Zehn Jahren nicht grob fahrlässig verursacht hat.
Zudem setzt die Hilfebedürftigkeit auch strenge Regeln an vorhandenes Vermögen. Diese sind jedoch sehr umfangreich und können deshalb hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Betroffene sollten zudem nicht aus den Augen verlieren, dass diese Art der Leistungen nur den absoluten Mindest-Lebensstandard absichern soll. Kostenlose Informationen und Beratung finden sich auch hier bei den Sozialversicherungen.
Die Leistungen nach dem SGB XII stellen somit auch keine Alternative zur EM-Rente dar. Betroffene sollten sich deshalb stets bemühen, eine EM-Rente zugesprochen zu bekommen. SGB XII Leistungen dienen vor allem Personen, die keine Rente zugesprochen bekommen und auch keine weitere private Vorsorge getroffen haben.
Wer während des Verfahrens finanzielle Unterstützung braucht, sollte zunächst Hartz IV beantragen. Wichtig ist dabei, unabhängig von der persönlichen Situation, dass Betroffene sich im Rahmen ihres verbliebenen Leistungsvermögens zu einer Arbeit bereit erklären. Leistungen nach dem SGB XII sollten auch während des Verfahrens nur Personen beantragen, die wirklich voll erwerbsgemindert sind.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.
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Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Dezember 2014