Gefahrtragung von Verkäufer und Käufer bei Transportschäden
Gefahrtragung von Verkäufer und Käufer bei Transportschäden
Im Rahmen von Kaufverträgen kommt es regelmäßig vor, dass sich Verkäufer und Käufer nicht an einem Ort befinden und die Kaufsache daher vom Verkäufer zum Käufer transportiert werden muss. Dies geschieht in der Regel durch die Einschaltung eines Transportunternehmens. Hierbei handelt es sich um zwei unterschiedliche und streng zu trennende Vertragsverhältnisse. Auf der einen Seite besteht zwischen dem Verkäufer und dem Käufer ein Kaufvertrag, andererseits besteht ein Transportvertrag zwischen dem Auftraggeber (Verkäufer oder Käufer) und dem Transportunternehmen.
Was ist zu beachten, wenn die Kaufsache während der Transportreise einen Schaden erleidet?
Grundsätzlich trifft den Frachtführer bei innerstaatlicher Beförderung nach den §§ 425ff. HGB und bei grenzüberschreitender Beförderung nach dem jeweils anzuwendenden internationalen Übereinkommen die sog. Obhutshaftung, d.h. er haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung entsteht. Diese Haftung kann jedoch aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen ausgeschlossen oder beschränkt sein, so z.B. wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt hat. Gleiches gilt, wenn der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die der Frachtführer auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte und bei Vorliegen eines besonderen Haftungsausschlussgrundes, z.B. wenn der Schaden auf die ungenügende Verpackung oder Kennzeichnung durch den Absender oder die natürliche Beschaffenheit des Gutes zurückzuführen ist. Bei Eingreifen der Haftungshöchstsumme des § 431 HGB bleibt derjenige Teil des Schadens offen, der die gewichtsmäßige Höchsthaftung übersteigt.
Ob nun der Käufer in einem solchen Fall trotzdem den Kaufpreis an den Verkäufer zahlen muss, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen auf der Kaufebene ab. Entscheidend ist, welche der Vertragsparteien die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung der Sache trägt. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere den INCOTERMS (International commercial terms) besondere Bedeutung zu. Bei diesen handelt es sich um Handelsklauseln, die von der Internationalen Handelskammer herausgegeben werden. Da sie keine Gesetzeskraft haben, müssen die INCOTERMS von den Vertragsparteien vereinbart werden. Die INCOTERMS enthalten Regeln zum Gefahr- und Kostenübergang vom Verkäufer auf den Käufer und teilweise auch, wann eine Transportversicherung, die das wirtschaftliche Interesse am versicherten Gut deckt, abzuschließen ist.
Seit dem 01.01.2011 gelten die nachfolgenden INCOTERMS 2010:
- EXW ex works ab Werk
- FCA free carrier frei Frachtführer
- FAS free alongside ship frei längsseits Schiff
- FOB free on board frei an Bord
- CFR cost and freight Kosten und Fracht
- CIF cost insurance freight Kosten, Versicherung und Fracht
- CPT carraige paid to Fracht bezahlt bis
- CIP carriage insurance paid Fracht und Versicherung bezahlt
- DAT delivered at terminal geliefert Terminal
- DAP delivered at place geliefert benannter Ort
- DDP delivered duty paid geliefert Zoll bezahlt
Die Klauseln FAS, FOB, CFR und CIF sind nur für den See- und Binnenschifffahrtstransport vorgesehen.
Bei der Klausel EXW geht die Gefahr bereits dann auf den Käufer über, wenn der Verkäufer die Ware am Standort seines Werkes zur Verfügung stellt.
Bei Vereinbarung der „F-Klauseln“ ist der Verkäufer verpflichtet, die Ware bis zum benannten Frachtführer (FCA), bis zum benannten Verschiffungshafen (FAS) oder bis an Bord eines benannten Schiffes (FOB) zu liefern. Zu diesem Zeitpunkt geht die Gefahr auf den Käufer über.
Ist zwischen den Parteien eine der „C-Klauseln“ vereinbart, hat der Verkäufer dem Käufer die Ware an den benannten Bestimmungsort zu liefern und trägt die Fracht (CPT) oder Fracht und Versicherung des Gutes (CIP). Bei Vereinbarung der Klausel CFR hat der Verkäufer bis zum benannten Bestimmungshafen zu liefern und Kosten und Fracht zu tragen, bei der Klausel CIF hat er zusätzlich die Versicherung abzuschließen.
Wird eine „D-Klausel“ vereinbart, trägt der Verkäufer Gefahr und Kosten bis zum Eintreffen am vereinbarten Bestimmungort (DAT: vereinbarter Terminal oder DAP/DDP: vereinbarter Lieferort). Bei Anwendung der Klausel DDP hat der Verkäufer zusätzlich die Ware zur Einfuhr freizumachen.
So ergibt sich je nach Vereinbarung der Parteien ein unterschiedlicher Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Hierauf ist bei Abschluss eines Kaufvertrages zu achten. Insbesondere ergibt sich aus den einzelnen INCOTERMS auch, wer den Frachtführer zu beauftragen und zu bezahlen hat oder zum Abschluss einer Transportversicherung verpflichtet ist. Selbst wenn eine solche Verpflichtung nicht besteht, kann es günstig sein, das Gut zu versichern, soweit man für einen Transportabschnitt die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung trägt.
Dagegen hat der Übergang der Gefahr vom Verkäufer auf den Käufer für die Ansprüche gegen den Frachtführer aus dem Transportrechtsverhältnis grundsätzlich keine Bedeutung, da sowohl der Absender als auch der Empfänger berechtigt sind, Schadensersatzansprüche gegen den Frachtführer geltend zu machen. Dies kann auch im Wege der Drittschadensliquidation geschehen, wenn der Schaden bei der anderen Vertragspartei eingetreten ist.
Stand: 19.02.2011
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