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Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 16 - Der Verein


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


5 Der Verein im steuerrechtlichen Gemeinnützigkeitsrecht

Grundsätzlich sind Vereine nach den einzelnen Steuergesetzen zu beurteilen und gegebenenfalls steuerpflichtig zu berücksichtigen.

Für die Besteuerung von Vereinen, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, bestehen jedoch nach der AO und den Einzelsteuergesetzen Steuervergünstigungen, da sie für die Gesellschaft und das Gemeinschaftsleben von großer Bedeutung sind.

Die Grundlage für diese Steuervergünstigungen bildet daher der Begriff steuerbegünstigte Zwecke gemäß der §§ 51–68 AO.

Demnach liegen steuerbegünstigte Zwecke vor, wenn die Körperschaft einer Tätigkeit nachgeht, die zu qualifizieren ist als

  • gemeinnützig oder
  • mildtätig oder
  • kirchlich

und dieser Zweck

  • ausschließlich und
  • unmittelbar

verfolgt wird.

5.1 Gemeinnützige Zwecke

Nach § 52 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf

  • materiellem,
  • geistigem oder
  • sittlichem

Gebiet selbstlos zu fördern.

Kommt die Förderung nur einem abgeschlossenen Personenkreis, z.B. der Belegschaft eines Unternehmens zugute, dient sie nicht der Allgemeinheit (§ 52 Abs. 1 Satz 2 AO).

Vereine, die ihren Mitgliederkreis durch hohe Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträge beschränken, dienen nicht der Allgemeinheit und erhalten keine Steuervergünstigungen.

Die Förderung der Wirtschaft oder politischer Zwecke ist nicht gemeinnützig.

Dagegen sind gelegentliche Stellungnahmen zur Tagespolitik mit der Gemeinnützigkeit vereinbar.

§ 52 Abs. 2 AO nennt Tätigkeiten, die als Förderung der Allgemeinheit anerkannt sind.

Grundsätzlich handelt es sich dabei um eine abschließende Aufzählung. Durch § 52 Abs. 2 Satz 2 AO wird jedoch die Möglichkeit eröffnet, Zwecke dann als gemeinnützig anzuerkennen, wenn diese nicht unter den Katalog fallen.

Dazu muss die Allgemeinheit durch die Körperschaft auf

  • materiellem,
  • geistigem oder
  • sittlichem Gebiet

entsprechend selbstlos gefördert werden.

Die in § 52 Abs. 2 AO genannten steuerbegünstigten Zwecke sind Richtschnur und zugleich Grenze für die Gemeinnützigkeit des Vereins. Was genau von den einzelnen Zwecken umfasst ist und was nicht, sollte vor der Gründung des Vereins sehr sorgfältig mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden.

Beispiel
Ulrich Schneider ist Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands eingetragener Verein (e.V.). Hin und wieder vertritt er in politischen Talkshows die Meinung des Verbandes und bekommt dabei regen Beifall.

  • Die Stellungnahmen des Herrn Schneider zu tagespolitischen Ereignissen stehen der Gemeinnützigkeit des Verbandes nicht entgegen, sodass die Finanzverwaltung die Gemeinnützigkeit des Verbandes deswegen nicht versagen könnte.

5.2 Mildtätige Zwecke

Eine Körperschaft verfolgt gemäß § 53 AO mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die infolge ihres

  • körperlichen,
  • geistigen oder
  • seelischen

Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Auf die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit kommt es dabei nicht an.

Für die Beurteilung, ob eine Person hilfebedürftig im Sinne des § 53 Nr. 1 AO ist, kommt es nicht darauf an, ob die Hilfebedürftigkeit dauernd oder nur vorübergehend besteht.

Bei Personen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben, kann körperliche Hilfsbedürftigkeit ohne weitere Nachprüfung angenommen werden.

Eine Körperschaft handelt jedoch nur dann mildtätig, wenn die Zuwendungen nicht nur wegen des Entgelts erfolgen.

Eine völlige Unentgeltlichkeit der mildtätigen Zuwendung wird dagegen nicht verlangt.

Beispiel
A ist seit kurzem von seiner Ehefrau B geschieden. Er fühlt sich hin und wieder so schlecht, dass er kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht. Nach einer Weile ist die Situation so schlimm, dass ihn Selbstmordgedanken plagen. Da in Kiel ein Verein mit der Werbung wirbt, Personen auch hilfsweise eine telefonische Erstberatung zur Unterstützung anzubieten, wendet er sich umgehend an diesen Verein.

  • Soweit dieser Verein eine Telefonseelsorge für Menschen anbietet, die aufgrund ihres seelischen Zustands hilfebedürftig sind, verfolgt dieser grundsätzlich mildtätige Zwecke.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
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Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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