Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 23 - Die Stiftung im Gemeinnützigkeitsrecht
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
6 Die Stiftung im steuerrechtlichen Gemeinnützigkeitsrecht
Grundsätzlich sind Stiftungen nach den einzelnen Steuergesetzen zu beurteilen und gegebenenfalls steuerpflichtig zu berücksichtigen.
Für die Besteuerung von Stiftungen, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, bestehen jedoch nach der AO und den Einzelsteuergesetzen Steuervergünstigungen, da sie für die Gesellschaft und das Gemeinschaftsleben von großer Bedeutung sind.
6.1 Gemeinnützigkeit
Steuerlich charakterisiert der Gemeinnützigkeitsbegriff den Tatbestand, der innerhalb der Einzelsteuergesetze gewisse steuerliche Privilegien rechtfertigt. Das Gemeinnützigkeitsrecht ist dabei
durch ein Nebeneinander von AO und den jeweiligen Einzelsteuergesetzen gekennzeichnet (Koenig in: Pahlke/Koenig, 2. Aufl., § 51 Rz. 8)
Die AO regelt den allgemeinen Teil der steuerlichen Gemeinnützigkeit, während die Einzelsteuergesetze die verschiedenen steuerlichen Befreiungen und Vergünstigungen normieren (Koenig in: Pahlke/Koenig, 2. Aufl., § 51 Rz. 8).
Die §§ 52 bis 54 AO differenzieren zwischen gemeinnützigen Zwecken im engeren Sinne sowie mildtätigen und kirchlichen Zwecken. Die AO verwendet den Begriff der Gemeinnützigkeit nur im Zusammenhang mit der Definition der gemeinnützigen Zwecke nach § 52 Abs. 1 AO.
Demnach verfolgt eine Körperschaft nur dann gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet zu fördern.
Ergänzend dazu enthält § 52 Abs. 2 AO eine Aufzählung der Zwecke, die nach Ansicht des Gesetzgebers als gemeinnützig anzuerkennen sind, wobei § 52 Abs. 2 Satz 2 AO eine Öffnungsklausel enthält.
Die Festlegung der gemeinnützigen Zwecke ist in den genannten Bestimmungen häufig nicht rational nachvollziehbar (Koenig in: Pahlke/Koenig, 2. Aufl., § 51 Rz. 2). So ist beispielsweise Schach gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO als Sport gemeinnützig anerkannt. Andere Spiele, wie z.B. Skat oder Poker, erhalten nicht das Privileg der Gemeinnützigkeit.
Allerdings ist der Katalog der gemeinnützigen Zwecke nicht abschließend, wodurch die Gemeinnützigkeit nicht stets aufgrund der Katalogzugehörigkeit angenommen oder ausgeschlossen wird.
Daher ist die Prüfung der Gemeinnützigkeit immer darauf zu beschränken, ob die allgemeinen Voraussetzungen der AO erfüllt sind.
§ 51 Abs. 1 Satz 2 AO bestimmt als persönliche Voraussetzung ausdrücklich, dass nur Körperschaften im Sinne des KStG die Steuerbegünstigung erlangen können, worunter gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG die hier relevanten Stiftungen zu fassen sind.
Die Vergünstigungen sind demnach natürlichen Personen und Personengesellschaften nicht zugänglich, da bei diesen ein Eigeninteresse nicht ausgeschlossen werden kann.
6.2 Sachliche Voraussetzungen der Steuerbefreiung
Die sachlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit sind in den §§ 55 ff. AO allgemein geregelt.
Mit Ausnahme des § 58 Nr. 5 AO liegen keine speziellen Regelungen zur Steuerbegünstigung von Stiftungen vor. In sachlicher Hinsicht sind Anforderungen an die Einkommenserzielung und Einkommensverwendung von Stiftungen zu unterscheiden.
Die Voraussetzungen zur Einkommenserzielung liegen vor, wenn die Stiftung – nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft und der tatsächlichen Geschäftsführung – das Gemeinwohl im Sinne des § 52 Abs. 1 AO
- selbstlos,
- ausschließlich und
- unmittelbar
durch gemeinnützige Zwecke fördert.
Eine Stiftung fördert dann die Allgemeinheit, wenn sie ihre Zwecke ausnahmslos oder überwiegend im Ausland erfüllt (BFH vom 14.7.2004 - I R 94/02, BStBl. II 2005, S. 721).
Eine Förderung des Gemeinwohls bedeutet, dass die steuerbegünstigte Stiftung für die Allgemeinheit geöffnet sein muss.
Die Voraussetzung ist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 AO nicht erfüllt, wenn der Kreis der Personen fest begrenzt oder dauerhaft klein ist.
Selbstlos handelt eine Stiftung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO immer, wenn sie nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen verwirklicht. Diese Voraussetzung ist im Grunde immer dann erfüllt, wenn die Stiftungstätigkeit nicht im Hauptzweck darauf abzielt, eigenes Einkommen zu generieren oder eigenes Vermögen zu vermehren.
Der Grundsatz der Ausschließlichkeit ist gemäß § 56 AO immer dann gegeben, wenn das Bestreben einer steuerbegünstigten Stiftung darauf gerichtet ist, ihren satzungsgemäßen Zweck zu verwirklichen. Aus diesem Grund dürfen nicht gemeinnützige Zwecke nur untergeordnete Nebenzwecke sein. Zusätzlich ist für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit gemäß § 57 AO erforderlich, dass die Stiftung die gemeinnützigen und satzungsgemäßen Zwecke unmittelbar verfolgt. Demnach muss die Stiftung selbst die Zwecke verwirklichen und darf die Aufgabenerfüllung nicht Dritten übertragen, auf die sie keinen Einfluss ausüben kann.
Sind die Voraussetzungen der Einkommenserzielung erfüllt, bedeutet dies nicht gleichzeitig die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Vielmehr müssen für die Gewährung der Steuervergünstigungen die Voraussetzungen der Einkommensverwendung sichergestellt sein.
Hauptaugenmerk liegt bei der Einkommensverwendung in der Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. Demnach muss eine Stiftung ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten, satzungsgemäßen Zwecke verwenden. Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO dann gegeben, wenn die Mittel spätestens in dem auf den Zufluss folgenden Jahr verwendet werden. Das Mittelverwendungsgebot gilt genauso für den Überschuss aus Vermögensverwaltung und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, soweit dieser nicht zur Sicherung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs benötigt wird (BFH vom 15.7.1998 - I R 156/94, BStBl. II 2002, S. 162).
Gegen das Gebot der satzungsgemäßen Mittelverwendung verstoßen gemeinnützige Stiftungen dann, wenn sie ihre Mittel nicht überwiegend für die satzungsgemäßen steuerbegünstigten Zwecke verwenden.
Nach § 59 AO wird die Steuervergünstigung vollends gewährt, wenn sich aus der Stiftungssatzung ergibt, dass die Voraussetzungen der AO erfüllt sind und die Geschäftsführung die Stiftungssatzung tatsächlich umsetzt.
6.3 Umfang der Steuerbefreiung
Der Umfang der Steuervergünstigungen richtet sich nach den jeweiligen Einzelsteuergesetzen.
Stiftungen sind demnach grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der KSt befreit.
Gleiches gilt für die Gewerbesteuer, die in § 3 Nr. 6 GewStG ebenfalls eine Steuerbefreiung für gemeinnützige Stiftungen normiert.
Darüber hinaus kommen gemeinnützigen Stiftungen Umsatzsteuervergünstigungen zugute, die zwar nicht an den Gemeinnützigkeitsstatus anknüpfen, aber an bestimmte stiftungstypische Tätigkeitsmerkmale. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe a und b UStG gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 %. Für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist demgegenüber der allgemeine Steuersatz von 19 % maßgeblich.
Der Grundbesitz einer gemeinnützigen Stiftung unterliegt nicht der Grundsteuer, soweit der Grundbesitz gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3b GrStG unmittelbar für gemeinnützige Zwecke genutzt wird.
Zuwendungen zu gemeinnützigen Stiftungen unterliegen gemäß § 13 Nr. 16 Buchstabe b ErbStG grundsätzlich nicht der Erbschaft- und Schenkungsteuer, sofern das Vermögen für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird.
Die Steuerbefreiungen einer gemeinnützigen Stiftung hängen von der Einkommensverwendung für die begünstigten Zwecke ab.
Die Steuerbefreiung einer gemeinnützigen Stiftung endet, wenn die eigentliche steuerbegünstigte Tätigkeit eingestellt oder über das Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird (BFH vom 16.5.2007 - I R 14/06, DStR 2007, S. 1438).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2019
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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