Gewerbesteuer - Teil 10 - Gewerbebetrieb kraft Rechtsform
Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
6.1.3.2 Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG)
Unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit sowie der Erfüllung der Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG gilt gem. § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften (insbesondere GmbH, AG, SE, UG, KGaA, Ltd.), Genossenschaften (einschließlich SCE) sowie die Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Liegt eine dieser Rechtsformen vor, sind auch rein vermögensverwaltende Gesellschaften gewerbesteuerpflichtig.
Beispiel
Die Rechtsanwälte A und B gründen gemeinsam eine Rechtsanwaltskanzlei in der Rechtsform einer GbR (auch BGB-Gesellschaft genannt), entscheiden sich aber nach kurzer Zeit, die GbR in eine AG umzuwandeln.
- Die Rechtsanwaltskanzlei ist aufgrund der Rechtsformwahl der AG als Gewerbebetrieb einzustufen. Es ist daher unerheblich, dass es sich bei rechtsanwaltlicher Tätigkeit an sich um eine freiberufliche Tätigkeit handelt, die als solche nicht gewerblich sein kann.
§ 2 Abs. 2 GewStG gilt auch für ausländische Unternehmen, die im Inland über eine Betriebsstätte verfügen, ihrer Rechtsform nach einem inländischen Unternehmen der in § 2 Abs. 2 GewStG bezeichneten Art entsprechen sowie im Inland rechtsfähig sind. Nach R 2.1 Abs. 4 GewStR ist die Besonderheit zu beachten, dass sich die Rechtfähigkeit im Inland ausschließlich nach dem Recht des jeweiligen ausländischen Staates bestimmt, wenn das Unternehmen seinen Registersitz im Ausland hat.
Ist die inländische Kapitalgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen (den sogenannten Organträger) eingegliedert und damit Organgesellschaft iSd § 14 oder § 17 KStG, so gilt sie nach § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers (vgl. Abschnitt 14 GewStR sowie BMF-Schreiben vom 26.8.2003, BStBl 2003 I, S. 437). Eine gewerbesteuerliche Organschaft setzt dabei neben der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der Kapitalgesellschaft in ein anderes gewerbliches Unternehmen auch zwingend den Abschluss eines sogenannten Ergebnisabführungsvertrags voraus. Ein Ergebnisabführungsvertrag ist ein Vertrag, mit dem sich ein Unternehmen verpflichtet, den Gewinn an ein anderes Unternehmen abzugeben. Wurde ein solcher Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen und liegen auch die weiteren Voraussetzungen der Organschaft (finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung) vor, so ist der Gewerbeertrag der Organgesellschaftzu ermitteln und dem Organträger zur Berechnung seines Steuermessbetrags zuzurechnen (vgl. Abschnitt 14 Abs. 1 Satz 9 GewStR). Trotz Vorliegens der Organschaft werden Organträger und Organgesellschaft gewerbesteuerrechtlich nicht als ein einheitliches Unternehmen angesehen (vgl. Abschnitt 14 Abs. 1 Satz 8 GewStR), sondern es erfolgt lediglich eine wechselseitige Zurechnung.
Beispiel
Geschäftsführer F ist zugleich Geschäftsführer der A-GmbH und der B-GmbH. Die B-GmbH nimmt regelmäßig Dienstleistungen der A-GmbH in Anspruch. Beide GmbHs teilen sich zudem das Personal. Aufgrund eines zwischen beiden Gesellschaften abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrags verpflichtet sich die B-GmbH, ihren Gewinn an die A-GmbH abzuführen. Im Jahr 2016 erwirtschaftet die A-GmbH einen Gewinn (= Gewerbeertrag) von 100.000 €, die B-GmbH von 50.000 €.
- Aufgrund der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung sowie des abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrags ist die B-GmbH Organgesellschaft der A-GmbH. Auch wenn beide Gesellschaften selbstständig und unter eigenem Namen nebeneinander agieren, muss die B-GmbH ihren Gewinn iHv 50.000 € vollständig an die A-GmbH abführen. Der Gewinn der A-GmbH beträgt deshalb nach der Gewinnabführung nicht mehr nur 100.000 €, sondern 150.000 €. Die B-GmbH hat nach der Abführung hingegen gar keinen Gewerbeertrag mehr, der der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.
Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2019
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Über die Autoren:
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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