Handbuch zur arbeitsrechtlichen Abmahnung – Teil 09 – Personenbedingte Kündigung, betriebsbedingte Kündigung, Mischtatbestände
3.3.1.3 Personenbedingte Kündigung
Eine Abmahnung kann auch vor einer (ordentlichen) personenbedingten Kündigung nötig sein (BAG 04.06. 997 - 2 AZR 526/96 = AP BGB § 626 Nr.137 = NJW 1998, 554.). Zu einer solchen personenbedingten Kündigung kommt es, wenn der Grund für die Kündigung in der Person des Arbeitnehmers selbst liegt, dieser also aufgrund mangelnder Eignung oder seiner persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften nicht (mehr) in der Lage ist, seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag künftig - teilweise oder ganz - zu erfüllen (BAG 29.01.1997, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr.32 = NZA 97, 709; BAG 20.05.1988, AP KschG 1969 § 1 Personenbedingte Kündigung Nr.9 = NZA 89, 464.). In der Praxis häufig anzutreffende Gründe sind hierfür sind beispielsweise die mangelnde körperliche oder geistige Eignung oder eine Erkrankung (Linck in: Schaub ArbR-Hdb., § 131, Rn.2.). Ob eine Abmahnung vor einer möglichen personenbedingten Kündigung notwendig ist, hängt davon ab, ob der Grund, der zur Kündigung führen soll, vom Arbeitnehmer beeinflusst bzw. gesteuert werden kann. Meistens sind jedoch Gründe in der Person des Arbeitgebers dessen Steuerung und Kontrolle entzogen. In diesen Fällen könnte der Arbeitnehmer sein Verhalten auch nach einer Abmahnung nicht ändern, sodass diese sinnlos wäre. Kann der personenbedingte Kündigungsgrund nicht vom Arbeitnehmer beeinflusst werden, ist eine Abmahnung daher nicht erforderlich (Bengelsdorf in: NZA-RR 2002, 57 (67).).
3.3.1.4 Betriebsbedingte Kündigung
Vor einer betriebsbedingten Kündigung ist grundsätzlich keine Abmahnung erforderlich (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.1633.).
Eine solche betriebsbedingte Kündigung kann aus "dringenden betrieblichen Gründen" vorgenommen werden, nämlich, wenn für den betreffenden Arbeitnehmer der Beschäftigungsbedarf entfallen ist und dieser auch nicht anderweitig im Betrieb eingesetzt werden kann (Linck in: Schaub ArbR-Hdb., §134, Rn.1.). Die betrieblichen Erfordernisse der Kündigung können dabei sowohl auf innerbetrieblichen Gründen (z.B. Einführung neuer Fertigungsmethoden), als auch auf außerbetrieblichen Gründen (z.B. Umsatzrückgang wegen schlechte Auftragslage) beruhen (BAG 17.06.1999, AP KschG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr.102 = NZA 99, 1095; BAG 29.03.1990, AP KschG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr.50 = NZA 91, 181; BAG 07.12.1978, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr.6 = NJW 1979, 1902.). In jedem Fall liegen sie damit aber außerhalb des Einflussbereichs des Arbeitnehmers und sind für diesen nicht steuerbar - dieser kann sie auch nach einer Abmahnung nicht ändern. Daher ist eine Abmahnung vor einer betriebsbedingten (ordentlichen) Kündigung entbehrlich (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.1634.).
3.3.1.5 Mischtatbestände
Es ist grundsätzlich möglich, dass sich eine Kündigung nicht nur auf einen Grund stützt, sondern auf mehrere Gründe gleichzeitig. Stammen diese Gründe nicht alle aus dem gleichen personen-, verhaltens- oder betriebsbezogenen Bereich, sondern stammen sie aus verschiedenen Bereichen, spricht man von einem "Mischtatbestand" auf dem die Kündigung beruht. Ob eine Abmahnung vor der Kündigung notwendig ist, hängt davon ab, aus welchem Bereich die Störung vorwiegend kommt (Kleinebrink in: HzA - Arbeitsrecht in der Praxis, Ordner 3a, Gruppe 5, Teilbereich 2, Rn.1636 f.). Es ist also der "Schwerpunkt" der Störung zu ermitteln. Es gelten somit die Regelungen über das Erfordernis einer Abmahnung für diesen hauptsächlich betroffenen Bereich.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Handbuch zur arbeitsrechtlichen Abmahnung“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Miriam Schwartzer, Rechtsreferendarin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-80-9.
Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017