Heimliche Online Durchsuchung
Heimliche Online-Durchsuchung
Wie kommt die Staatsanwaltschaft an belastende Beweise? Sie kann hierzu z.B. eine Hausdurchsuchung anordnen, das Telefon abhören, Computer beschlagnahmen, doch darf sie auch heimlich den „Computer abhören“? Diese Frage wird gerade allseits kontrovers diskutiert. Sie ist insbesondere auch bei der rechtlichen Bewertung nicht unumstritten.Durch neue Techniken verlagern sich auch manch kriminelle Handlungen auf die neue Technik. Jeder Vorgang am Computer wird in irgendeiner Form protokolliert, so dass theoretisch jederzeit nachvollzogen werden kann, wann ein Computer wie lange angeschaltet war, welche Dokumente wurden gespeichert, wie lange der Computer online war, welche Internetseiten besucht wurden, welche Mails verschickt wurden und mit welchem Inhalt… kurzum hochinteressant für Ermittlungsbehörden, die vermuten, dass der Bediener an jenem Rechner kriminelle Handlungen mit Unterstützung des Computers vorbereitet oder ausführt.
„Bundestrojaner“
Um diese Handlungen nachzuvollziehen, haben die Kriminalpolizei zuletzt folgendes gemacht: sie sendeten an den Verdächtigen eine Email, die abgesehen vom oberflächlichen Inhalt noch ein sog. Trojanerprogramm enthielt. Dieses Programm sorgte dafür, dass die Kriminalpolizei auf den betreffenden Computer von außen zugreifen konnte, und zwar vom Computerbesitzer unbemerkt. Insbesondere können mit Hilfe dieses Programms auch die auf der Festplatte des Computers abgelegten Daten kopiert und zum Zwecke der Durchsicht an die Ermittlungsbehörden übertragen werden.
Bereits im Februar 2006 ordnete ein BGH-Ermittlungsrichter eine heimliche Online-Durchsuchung an. Die besondere Brisanz lag hier bereits in dem Umstand, dass der Verdächtige an einem Rechner im Büro saß. Bei dem Computer handelte es sich zudem offensichtlich um Eigentum der Arbeitgeberin. Dies sah der Ermittlungsrichter jedoch nicht als problematisch an, weil die angeordnete Durchsuchung sich von vornherein auf den PC des Beschuldigten beschränkte und andere Computer oder Speichermedien im Netzwerk nicht betroffen gewesen seien.
Rechtlich werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Die eine Auffassung lautet, es handle sich bei der heimlichen Online-Durchsuchung um eine zulässige Maßnahme, die aus der Vorschrift für die Hausdurchsuchung nach § 102 StPO folge. Die Vorschrift besagt, dass bei einem Verdächtigen dessen Wohnung, Räume und auch andere ihm gehörenden Sachen durchsucht werden können.
Diese Auffassung stieß jedoch auf harsche Kritik, insbesondere auf Seiten der Strafverteidiger. Gerade die Heimlichkeit widerspreche der Anwendung der Vorschrift für die Hausdurchsuchung im Vergleich zur Online-Durchsuchung. Die Hausdurchsuchung gewährleistet sogar ein Anwesenheitsrecht des Verdächtigten, was bei der heimlichen Online-Durchsuchung mangels Kenntnis gerade nicht vergleichbar ist.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes
Dieser Auffassung schloss sich auch der Bundesgerichtshof an in der unlängst veröffentlichten Entscheidung vom 31.01.2007. Darin stellte der BGH fest, dass die Vorschrift für die Hausdurchsuchung als offen durchzuführende Ermittlungsmaßnahme nicht für die Online-Durchsuchung als heimliche Maßnahme angewendet werden kann.
Als heimliche Ermittlungsmaßnahmen gibt es in der Strafprozessordnung noch die Möglichkeiten, Telefone abzuhören nach § 100 a StPO oder nach § 100 c StPO die Wohnung zu belauschen. Diese Vorschriften haben jedoch hohe Anforderungen an die Anordnung und Durchführung, die ebenfalls für die Anwendung auf heimliche Online-Durchsuchungen nicht passend sind.
Der BGH hatte damit nicht die Frage zu entscheiden, ob heimliche Online-Durchsuchungen grundsätzlich zulässig sind oder nicht. Er hat in dieser Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass es derzeit für heimliche Online-Durchsuchungen an einer gesetzlichen Grundlage fehlt.
Die Diskussion
Damit wird auch der Ruf Bundesinnenministers nach einer entsprechenden Vorschrift klar. Auch ist das Interesse der Ermittlungsbehörden nachvollziehbar, da die Ermittlungen ohne entsprechende Ermittlungsmöglichkeiten für PCs durch zunehmende Verlagerungen auf Computer und Internet damit kaum noch Erfolg versprechend wären. Die heimliche Online-Durchsuchung greift jedoch stark in die Privatsphäre eines jeden potentiellen Verdächtigen und damit auch in Grundrechte ein. Wenn die heimliche Online-Durchsuchung nunmehr in die Strafprozessordnung Eingang finden soll, muss dieses hohe Gut ausreichend berücksichtigt werden und die Anordnung einer heimlichen Online-Durchsuchung an hohe Voraussetzungen geknüpft werden, sei es durch einen vorher bestimmten Katalog von Straftaten als auch durch die Art der Durchführung der Durchsuchung. Es bleibt abzuwarten, wie hoch der Gesetzgeber die Voraussetzungen definieren wird und inwieweit ein solches Gesetz dann wiederum einer gerichtlichen Überprüfung standhalten wird.
Im Moment bedeutet die Entscheidung des BGH für Ermittlungsverfahren, in denen eine heimliche Online-Durchsuchung durchgeführt wurde, dass die so gewonnenen Erkenntnisse nicht als Beweis verwertet werden dürfen, also ohne Wert für die Ermittlungen und Gerichtsverfahren sind.
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Stand: 02/07
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