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Internationales Steuerrecht – Teil 07 – Anwendungsbereich


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.6.2 Anwendungsbereich der Abkommen

3.6.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich (Art. 1 OECD-MA)

Als erster Artikel des Musterabkommens definiert Art. 1 OECD-MA den persönlichen Anwendungsbereich. Hier wird der Personenkreis festgelegt, der in den Schutzbereich des Abkommens fällt. Nach Art. 1 OECD-MA müssen die Personen in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten ansässig sein. Bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 1 OECD-MA ist das Abkommen insgesamt nicht anwendbar.

3.6.2.2 Sachlicher Anwendungsbereich (Art. 2 OECD-MA)

Art. 2 OECD-MA legt die unter das Abkommen fallenden Steuern fest.

Art. 2 Abs. 1 OECD-MA regelt die Abkommen für Steuern vom Einkommen und Vermögen, die für Rechnung eines Vertragsstaates erhoben werden. Die deutsche Kirchensteuer als nichtstaatliche Abgabe fällt somit nicht unter den sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens. Da sie jedoch an die Einkommensteuer anknüpft, wird die Kirchensteuer mittelbar mit erfasst.

In Art. 2 Abs. 2 OECD-MA wird der Begriff der Steuern vom Einkommen und Vermögen näher umschrieben, ohne eine genaue Definition des Begriffs der „Steuer“ vorzunehmen. Nach der Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA kann daher § 3 Abs. 1 AO für die nähere Definition herangezogen werden. Danach sind Steuern Geldleistungen, die keine unmittelbare Gegenleistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen erhoben werden.

Aus deutscher Sicht gehören in den Kreis der einbezogenen Steuern die

  • Einkommen-
  • Körperschaft-
  • Grund- und
  • Gewerbesteuer.

Nach Art. 2 Abs. 4 OECD-MA ist das Abkommen auch auf zukünftige Steuern „gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art“ anzuwenden, damit nicht bei jeder Änderung der innerstaatlichen Gesetze der Abschluss eines neuen Vertrages erforderlich ist. Der in Deutschland erhobene Solidaritätszuschlag ist eine im Verhältnis zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ähnliche Steuer.

3.6.2.3 Räumlicher Anwendungsbereich (Art. 29 OECD-MA)

Unter den räumlichen Anwendungsbereich fällt üblicherweise das Hoheitsgebiet der jeweiligen Vertragsstaaten, das vor allem durch die Staatsgrenzen bestimmt wird.

3.6.2.4 Zeitlicher Anwendungsbereich (Art. 30, 31 OECD-MA)

Nach dem Recht einiger Staaten kommt völkerrechtlichen Verträgen unmittelbare innerstaatliche Wirkung zu, während sie in anderen Staaten parlamentarischer Zustimmung bedürfen. Art. 30 Abs. 1 OECD-MA bestimmt, dass das Abkommen erst für beide Vertragsstaaten völkerrechtlich verbindlich ist, wenn es beide ratifiziert haben, d.h. dass das Abkommen erst völkerrechtlichen Charakter erhält, wenn es durch die Vertragsparteien unterzeichnet wurde. Art. 31 OECD-MA regelt die Kündigung und letztmalige Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen. Doppelbesteuerungsabkommen werden grundsätzlich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Um sie außer Kraft zu setzen, bedarf es einer Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten und einer vereinbarten Mindestlaufzeit des Vertrages. Die letztmalige Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens fällt in der Regel mit dem Außerkrafttreten zusammen. Bei Bedarf kann es auch abweichend davon geregelt werden.

3.6.3 Anwendung der Schrankennormen (Art. 6-22 OECD-MA)

Schrankennormen regeln die Besteuerung von Einkünften. Durch diese Zuordnung ermöglichen sie es den Vertragsstaaten zu entscheiden, ob diese die Besteuerung der Einkünfte durch Freistellung oder Anrechnung zulassen wollen.

3.6.3.1 Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (Art. 6 OECD-MA)

Art. 6 OECD-MA ist die erste Schrankennorm des OECD-MA. Der Artikel regelt die Besteuerung von Einkünften, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unbeweglichem Vermögen, das im anderen Vertragsstaat liegt, bezieht. Art. 6 Abs. 1 OECD-MA formuliert den Grundsatz der Besteuerung im Staat der Einkunftsquelle, d.h. im Belegenheitsstaat. Das Besteuerungsrecht steht somit dem Vertragsstaat zu, in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist, aus dem die Einkünfte bezogen werden (Belegenheitsprinzip). Zu den Einkünften aus der Nutzung unbeweglichen Vermögens gehören nach Art. 6 Abs. 1 OECD-MA die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA erläutert, was unter dem Ausdruck „unbewegliches Vermögen“ zu verstehen ist. Das OECD-MA macht die Begriffsdefinition des nationalen Rechts des Belegenheitsstaates zum Vertragsinhalt des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA). Dadurch ist das Verständnis des Ausdrucks „unbewegliches Vermögen“ auch für den Wohnsitzstaat verbindlich. Das Verständnis des nationalen Rechts ist daher maßgeblich. Der Ausdruck „unbewegliches Vermögen“ hat die Bedeutung, die ihm nach dem Recht des Vertragsstaates zukommt, in dem das Vermögen liegt. Der Ausdruck umfasst in jedem Fall das Zubehör zum unbeweglichen Vermögen, das lebende und tote Inventar land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, die Rechte, für die die Vorschriften des Privatrechts über Grundstücke gelten sowie Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen. Nach Art. 6 Abs. 3 OECD-MA gilt das Belegenheitsprinzip für Einkünfte aus jeder Art der Nutzung unbeweglichen Vermögen. Das bedeutet, dass der Staat dort besteuert, wo sich das unbewegliche Vermögen befindet. In einigen Fällen können Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen verschiedenen Einkunftsarten des OECD-MA gleichzeitig zugeordnet werden. Aus diesem Grund formuliert Art. 6 Abs. 4 OECD-MA den Vorrang des Belegenheitsprinzips vor dem Betriebsstättenprinzip des Art. 7 OECD-MA.

Beispiel

Ein Hamburger Unternehmer vermietet ein auf der dänischen Insel Fünen gelegenes Ferienhaus für Erholungszwecke an seine Angestellten. Das Grundstück gehört zum Betriebsvermögen des Unternehmens.

  • Nach Art. 7 Abs. 1 OECD-MA können Unternehmensgewinne nur in Deutschland besteuert werden, außer das Unternehmen verfügt über eine Betriebsstätte in Dänemark.
  • Die Vermietung des Ferienhauses auf Fünen begründet keine Betriebsstätte, so dass Dänemark die Mieteinkünfte grundsätzliches nicht besteuern könnte.
  • Nach Art. 6 Abs. 4 OECD-MA geht jedoch das Belegenheitsprinzip des Art. 6 Abs. 1 OECD-MA dem Betriebsstättenprinzip des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA vor, so dass Dänemark die Einkünfte aus der Vermietung des Ferienhauses besteuern darf.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Internationales Steuerrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-004-5.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


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