Internationales Steuerrecht – Teil 09 – Dividenden
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.6.3.1.4 Dividenden (Art. 10 OECD-MA)
Art. 10 OECD-MA unterscheidet sich von den übrigen Schrankennormen dadurch, dass sie eine Steueraufteilung zwischen Wohnsitz- und Quellenstaat vorsieht. Art. 10 Abs. 1 OECD-MA bestätigt das Recht des Wohnsitzstaates des Dividendenempfängers, Dividenden zu besteuern. Die Schrankennorm richtet sich an den Quellenstaat und begrenzt sein Besteuerungsrecht, während das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates uneingeschränkt aufrechterhalten bleibt. Art. 10 Abs. 2 OECD-MA sieht für den Quellenstaat, d.h. für den Staat, in dem die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, ein Besteuerungsrecht vor.
Als Schrankennorm mit offener Rechtsfolge ("können auch" dort versteuern) vermeidet Art. 10 OECD-MA die Doppelbesteuerung von Dividendeneinkünften noch nicht, sondern es bedarf dafür der Anwendung des Methodenartikels (Art. 23 OECD-MA) durch den Wohnsitzstaat.
Der Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft als Quellenstaat verfügt zwar über ein Besteuerungsrecht, allerdings wird dieses der Höhe nach auf bestimmte Höchststeuersätze beschränkt (Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 OECD-MA):
- 5 % des Bruttobetrages der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (und zwar nur eine Kapitalgesellschaft) ist, die unmittelbar über mindestens 25 % des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt (sogenannte Schachteldividenden)
- 15 % des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen (sogenannte Portfoliodividenden)
Eine Schachtelbeteiligung liegt vor, wenn eine Gesellschaft am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Gesellschaft unmittelbar zu mindestens 25 % beteiligt ist. Die Mindestbeteiligungsquote von 25 % ist ein in vielen Staaten angewandter Prozentsatz zur Abgrenzung unternehmerischer Beteiligungen von Portfoliobeteiligungen. Da eine 25 prozentige Beteiligung ein gewisses Maß an Einfluss auf die Gesellschaft garantiert. Zusätzlich muss die Empfängerin der Dividende eine Kapitalgesellschaft sein.
Eine Portfoliodividende liegt vor, wenn der Nutzungsberechtigte eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine Gesellschaft ist, die entweder nicht über die erforderliche Mindestbeteiligung von 25 % verfügt oder nicht unmittelbar beteiligt ist. Nach innerstaatlichem deutschen Recht sind gemäß § 8b Abs. 1 KStG alle von einer Kapitalgesellschaft bezogenen Inlands- und Auslandsdividenden (somit alle Schachtel- und Portfoliodividenden) grundsätzlich in vollem Umfang von der Steuer freigestellt. Für alle anderen Fälle, d.h. für Ausschüttungen, die nicht an eine inländische Kapitalgesellschaft geleistet werden, gewährt Deutschland lediglich die Anrechnungsmethode.
Beispiel
Die in Amerika ansässige A hält eine 15 % Beteiligung an der deutschen B-GmbH, von der er eine Dividende in Höhe von 10.000 EUR brutto bezieht.
- Nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 OECD-MA kann diese Dividende in Deutschland als dem Staat, in dem die B-GmbH ansässig ist, nach den deutschen Vorschriften („nach dem Recht dieses Staates“) besteuert werden. A ist nach § 1 Abs. 4 EStG in Deutschland beschränkt einkommensteuerpflichtig, da er inländische Einkünfte erzielt. Dividenden stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, die zu den inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 a EStG zählen. Auf die Dividende wird eine Kapitalertragsteuer (Quellensteuer) in Höhe von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % erhoben. Nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 b OECD-MA wird die 25 prozentige Kapitalertragsteuer auf 15 % beschränkt. A ist danach mit einer Quellensteuer von 1.500 EUR in Deutschland belastet.
- Da die ESt bei Kapitalerträgen im Wege des Steuerabzugs einbehalten wird, ist damit die Einkommensteuerpflicht von A abgegolten (§ 50 Abs. 2 Satz 1 EStG). Amerika dürfte die Dividende ebenfalls besteuern. Dies wird durch Art. 10 Abs. 1 OECD-MA bestätigt. Gleichzeitig sorgen die USA durch Anwendung der Anrechnungsmethode im Rahmen des Methodenartikels für die Vermeidung der Doppelbesteuerung
3.6.3.1.5 Zinsen (Art. 11 OECD-MA)
Wie die Dividendeneinkünfte folgen auch Zinseinkünfte dem Konzept einer Steueraufteilung zwischen Quellen- und Wohnsitzstaat.
Die Besteuerung im Quellenstaat ist begrenzt und der Wohnsitzstaat rechnet die Steuer des Quellenstaates an, so dass beide Staaten auf einen Teil ihres Steueraufkommens verzichten.
Art. 11 Abs. 1 OECD-MA bestätigt lediglich das Recht des Wohnsitzstaates des Zinsempfängers, Einkünfte aus Zinsen uneingeschränkt besteuern zu können.
Art. 11 OECD-MA erfasst nur Einkünfte aus Zinsen, die die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen, d.h. Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, können im anderen Staat besteuert werden. Stammen die Zinsen jedoch aus einem Drittstaat oder aus dem Ansässigkeitsstaat des Gläubigers, so wird nach Art. 21 OECD-MA versteuert. Danach werden diese Einkünfte nur in diesem Staat versteuert, wo sie tatsächlich endstanden sind. Art. 11 Abs. 2 OECD-MA sieht ebenfalls für den Quellenstaat, d.h. für den Staat, aus dem die Zinsen stammen, ein Besteuerungsrecht vor. Dabei richtet sich die Art der Besteuerung nach dem innerstaatlichen Recht des Quellenstaates (d.h. „nach dem Recht dieses Staates“). Als Schrankennorm mit offener Rechtsfolge ("können auch" dort versteuern) vermeidet Art. 11 OECD-MA die Doppelbesteuerung von Zinseinkünften noch nicht. Es bedarf dafür wieder die Anwendung des Methodenartikels (Art. 23 OECD-MA) durch den Wohnsitzstaat. Deutschland vermeidet die Doppelbesteuerung, indem es sein Besteuerungsrecht durch die Anrechnungsmethode einschränkt.
Der Vertragsstaat, aus dem die Zinsen stammen, verfügt als Quellenstaat zwar über ein Besteuerungsrecht, allerdings wird dieses der Höhe nach auf einen Höchststeuersatz von 10 % des Bruttobetrages der Zinsen beschränkt. Art. 11 Abs. 5 OECD-MA bestimmt, wann Zinsen „aus einem Vertragsstaat stammen“. Die Bestimmung legt also die Quelle der Zinsen fest. Art. 11 Abs. 5 Satz 1 OECD-MA formuliert den Grundsatz, dass Zinsen ihre Quelle in dem Staat haben, in dem der Schuldner der Zinsen ansässig ist. Art. 11 Abs. 5 Satz 2 OECD-MA enthält eine Ausnahme („aber“) von diesem Grundsatz für den Fall, dass die Schuld in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Betriebsstätte steht.
Beispiel
Die Geschäftsleitung der deutschen A-GmbH nimmt bei der deutschen B-Bankgesellschaft mbH ein Darlehen auf, das ausschließlich den Zwecken einer in Belgien belegenden Betriebsstätte dient. Die Zinsen werden von der Geschäftsleitung gezahlt, aber der Betriebsstätte weiterbelastet.
- Die Zinsen mindern den Betriebsstättengewinn in Belgien. Als Quellenstaat der Zinsen gilt nach Art. 11 Abs. 5 Satz 2 OECD-MA Belgien, da die A-GmbH als Schuldner der Zinsen im Vertragsstaat Belgien eine Betriebsstätte hat, die Schuld für diese eingegangen wurde und die Zinsen von der Betriebsstätte selbst getragen werden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Internationales Steuerrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-004-5.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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