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Internationales Steuerrecht – Teil 14 – Selbständigkeit


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


4.4.2 Selbständigkeit

Nach der Eingliederung der Organgesellschaft fehlt die Selbständigkeit. Danach ist nur der Organträger ein umsatzsteuerlicher Unternehmer. Die Organgesellschaften sind unselbständige Teile des jeweiligen Organträgers mit der Folge, dass nur ein der gesamten Organschaft umfassendes Unternehmen besteht und daher zunächst einmal alle Umsätze dem Organträger zugerechnet werden. Das bedeutet, dass der Organträger die Lieferungen und Leistungen im Rahmen seines Unternehmens erbringt, indem er sich hierzu seiner Organgesellschaften bedient.

Überdies stellen alle Lieferungen oder sonstigen Leistungen

    • zwischen dem Organträger und den Organgesellschaften oder
    • umgekehrt sowie
    • alle Lieferungen oder sonstige Leistungen zwischen mehreren Organgesellschaften desselben Organträgers

nicht steuerbare Innenumsätze dar, weil es an einem Leistungsaustausch fehlt.

Die Umsätze einer Organgesellschaft sind in jedem Falle dem Organträger unabhängig von dessen Willen als eigene zuzurechnen. Die Organgesellschaft wird wie ein Betrieb im Unternehmen des Organträgers behandelt.

4.4.3 Begründung und Beendigung der Organschaft

4.4.3.1 Begründung der Organschaft

Die Begründung der Organschaft ist ebenso wie ihre Auflösung kein umsatzsteuerbarer Vorgang.

Dem liegt die Tatsache zu Grunde, dass die Aufnahme oder Entlassung der Organgesellschaft kein Leistungsaustausch zugrunde liegt, weil es seitens der Organgesellschaft an einer Leistung und seitens des Organträgers an einer Gegenleistung fehlt. Die Begründung einer steuerrechtlichen Organschaft hat nicht zur Folge, dass die an der Organschaft beteiligten Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen.

4.4.3.2 Beendigung der Organschaft

Die Organschaft wird insbesondere durch die Auflösung oder Veräußerung der Organgesellschaften oder des Organträgers sowie durch Insolvenz beendet.

4.4.3.2.1 Auflösung der Organgesellschaft oder des Organträgers

Bei der Beendigung einer Organschaft

    • durch Auflösung der Organgesellschaft oder des Organträgers oder
    • durch die Übertragung des Vermögens der Organgesellschaft auf den Organträger

kommt es nicht zu einem steuerbaren Umsatz, wenn die Eingliederung bis zu der Übertragung fortbesteht.

4.4.3.2.2 Liquidation

Dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens entsprechend werden bei der umsatzsteuerlichen Organschaft Organträger und Organgesellschaften insgesamt als eine Einheit betrachtet. Bis die Liquidation abgeschlossen und das vorhandene Gesellschaftsvermögen veräußert ist, rechnet die Organgesellschaft zum Unternehmen des Organträgers.

4.4.3.2.3 Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft beendet die Organschaft. Die Organgesellschaft ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes aufgelöst und damit dem Einfluss des Organträgers entzogen. Das Verfügungs- und Verwaltungsrecht über das Gesellschaftsvermögen steht dem Insolvenzverwalter zu, so dass sowohl die wirtschaftliche als auch die organisatorische Eingliederung in das Unternehmen des Organträgers entfällt.Vom Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an sind deshalb die Umsätze zwischen dem bisherigen Organträger und der bisherigen Organgesellschaft als Außenumsätze steuerbar. Bei Organschaftsverhältnissen wird die Umsatzsteuer vom Organträger geschuldet.

4.4.4 Umfang der Steuerbefreiung bei Grundstücksveräußerungen im Rahmen einer Organschaft § 4 Nr. 9a UstG

Bei Organschaften kommt es vor,

    • dass ein Mitglied der Organschaft ein Grundstück veräußert,
    • dessen Veräußerung durch ein anderes Mitglied der Organschaft (Makler) vermittelt wurde, und
    • dass der Vermittler vom Erwerber einen Maklerlohn erhält.

In einem solchen Fall werden die Veräußerung und die Vermittlung vom selben Unternehmer durchgeführt. Nach herrschender Meinung wird eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9a UStG für die Vermittlungsleistung nicht gewährt. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9a UStG kommt nämlich nur für solche Geschäfte der Organschaft in Betracht, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen.

4.4.5 Option bei der Organschaft § 9 UStG

Nach § 9 UStG kann ein Unternehmer in bestimmten Fällen auf eine Umsatzsteuerbefreiung verzichten. Der Unternehmer muss zu diesem Zweck gegenüber der Finanzverwaltung eine entsprechende Erklärung abgeben. Eine Verzichtserklärung gilt für das gesamte Unternehmen und kann nicht auf bestimmte Betriebe oder Betriebsteile beschränkt werden, d.h. dass alle in einer Organschaft anfallenden Umsätze versteuert werden, wenn der Organträger auf Befreiung verzichtet.

4.4.6 Steuerschuldner bei der Organschaft § 13a UStG

Der Schuldner der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen sowie für unentgeltliche Wertabgaben ist grundsätzlich der Unternehmer, also der Organträger. Der Organträger ist Steuerschuldner für alle von der Organschaft getätigten Umsätze und der geschuldeten Steuer. Die von der Organgesellschaft vor Beendigung der Organschaft ausgeführten Umsätze, sind stets dem Organträger zuzurechnen und von diesem zu versteuern. Die Umsätze, die nach Beendigung der Organschaft von der bisherigen Organgesellschaft ausgeführt worden sind, sind in vollem Umfang von dieser als leistendem Unternehmer zu versteuern.

4.4.7 Unberechtigter Steuerausweis

4.4.7.1 Organträger

Der Organträger ist weiterhin Steuerschuldner, als er selbst in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung gegenüber einem Dritten einen höheren Steuerbetrag ausweist, als er nach dem UStG geschuldet wird. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 14c Abs. 1 UStG („Hat der Unternehmer . . . so schuldet er auch den Mehrbetrag“). Überdies haftet eine Organgesellschaft für eine derartige Steuer, soweit sie von dem Vorgang des Organträgers betroffen ist.

4.4.7.2 Organgesellschaft

Die in den Rechnungen der Organgesellschaft ausgewiesene Umsatzsteuer der jeweiligen Rechnung schuldet grundsätzlich die Organgesellschaft selbst, soweit die Rechnung im eigenen Namen erstellt wurde. Diese Steuerbeträge werden jedoch nicht von der Finanzverwaltung erhoben, weil die Umsätze vom Organträger versteuert werden.

Soweit die in den Rechnungen der Organgesellschaft ausgewiesene Umsatzsteuer nicht gleichzeitig vom Organträger geschuldet werden z.B.

    • Ausweis einer zu hohen Umsatzsteuer in den Rechnungen der Organgesellschaft oder
    • Ausweis einer Umsatzsteuer in einer Rechnung der Organgesellschaft, der keine Lieferung zugrunde liegt,

schulden die Organgesellschaften diese Beträge selbst.

Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 14c Abs. 2 UStG wonach „. . . schuldet den ausgewiesenen Betrag . . ., obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt“. Überdies ist zu beachten, dass als Haftender der Organträger nicht herangezogen werden kann.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Internationales Steuerrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-004-5.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 


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