Kapitalmarktrecht – Teil 01 – Einführung
1. Einleitung
Die Finanzmärkte spielen für die Unternehmensfinanzierung, aber auch für die Altersvorsorge der Anleger eine immer größere Rolle. Sie sind ein wesentlicher Teil des heutigen Wirtschaftslebens.
In Deutschland wird der Kapitalmarkt von der breiten Öffentlichkeit oft auf Großunternehmen und DAX-Konzerne reduziert. Er bietet aber auch für mittelständische Unternehmen interessante Finanzierungsmöglichkeiten. Nicht nur die EU und ihre Mitgliedsstaaten arbeiten stetig daran, den Kapitalmarkt für kleine und mittelständische Unternehmen interessanter zu machen, sondern auch die Börsen bieten Segmente für kleine und mittelständische Unternehmen an, wie z.B. das Freiverkehrssegment Scale an der Frankfurter Wertpapierbörse.
Trotzdem müssen Unternehmen viele Vorschriften beachten, um ihre Finanzinstrumente auf den Markt zu bringen und eine ganze Reihe von Pflichten erfüllen, solange ihre Finanzinstrumente gehandelt werden. Diese Regelungen, die dem Funktionsschutz des Kapitalmarkts und der Wirtschaft und dem Individualschutz der Anleger dienen, werden vom Kapitalmarktrecht umfasst.
2. Einführung und Grundlagen
Das Kapitalmarktrecht ist nicht anhand von einem Gesetz oder einem Begriff zu definieren. Denn das Kapitalmarktrecht ist nicht in einem Gesetz alleine geregelt, sondern es gibt viele einzelne Gesetze, die Aspekte des Kapitalmarkts regeln. Darüber hinaus hat das Kapitalmarktrecht viele Überschneidungen mit anderen Rechtsgebieten, wie dem Bankenrecht, dem Gesellschaftsrecht und dem Börsenrecht. Dazu kommt, dass sich das Kapitalmarktrecht sehr dynamisch entwickelt und häufig geändert oder neu geregelt wird.
Eine gängige Definition lautet: Das Kapitalmarktrecht ist die Gesamtheit der Grundsätze und Normen, die sich mit dem öffentlichen Vertrieb und Umlauf von Finanzinstrumenten befassen, um den Schutz der Kapitalanleger und den Funktionsschutz von Kapitalmarkt und Wirtschaft zu gewährleisten (Fußnote). Vereinfacht gesagt: Das Kapitalmarktrecht umfasst alle Vorschriften, die den Markt für Finanzinstrumente regeln und die dem Schutz der Anleger oder dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Marktes dienen.
Die Ziele des Kapitalmarktrechts sind der Anlegerschutz und der Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, teilweise auch die Finanzmarktstabilität (Fußnote).
2.1 Der Kapitalmarkt
Bei der Einordnung des Kapitalmarktes wird zwischen dem Kapitalmarkt im engen Sinn und dem Kapitalmarkt im weiten Sinn unterschieden. Der Kapitalmarkt im engen Sinn umfasst den Markt für Wertpapiere (sog. enger Kapitalmarktbegriff; zu Wertpapieren siehe das Kapitel zu den Kapitalmarktprodukten). An ihm werden mittel- und langfristige Kapitalanlagen und Unternehmensbeteiligungen gehandelt. Er dient Unternehmen oder öffentlichen Institutionen zur Kapitalbeschaffung. Den Anlegern gibt er die Möglichkeit, ihr erwirtschaftetes Kapital gewinnbringen anzulegen und damit z.B. private Altersvorsorge zu betreiben.
Daneben gibt es Märkte für andere Finanzinstrumente (siehe dazu das Kapitel zu den Kapitalmarktprodukten). Zusammen mit dem Kapitalmarkt kann man diese Märkte als Finanzmarkt oder auch Kapitalmarkt im weiten Sinn bezeichnen (Fußnote). Der Finanzmarkt umfasst Produkte, die z.B. an den sog. Geldmärkten oder an Devisenmärkten (dazu gleich) gehandelt werden.
2.1.1 Segmente des Kapitalmarktes
Der Kapitalmarkt lässt sich in verschiedene Segmente einteilen. Er kann zum einen in den sog. Primär- und Sekundärmarkt unterteilt werden, zum anderen in den sog. organisierten und nicht organisierten Markt. Daneben gibt es Termin- und Kassamärkte.
2.1.1.1 Primär- und Sekundärmarkt
Der Primärmarkt ist der Markt, auf dem Kapitalmarktprodukte (Fußnote) das erste Mal platziert, also angeboten werden. Diese Ausgabe neuer Wertpapiere durch Unternehmen, Banken oder den Staat bezeichnet man als Emission (Fußnote). Eine Emission findet nicht über die Börse statt. In der Regel werden die Wertpapiere an eine Gruppe (sog. Konsortium) aus Banken ausgegeben. Diese verkaufen die Wertpapiere dann auf dem sog. Sekundärmarkt weiter. Der Sekundärmarkt ist der Handel mit Kapitalmarktprodukten nach der ersten Platzierung. Für den Sekundärmarkt ist die Börse der wichtigste Handelsplatz (Fußnote).
Beispiel
Die A-AG ist bereits an der Börse notiert und benötigt weiteres Kapital. Sie beschließt, das Kapital durch die Ausgabe neuer Aktien zu erzielen. Die neuen Aktien bietet die A-AG einem Bankenkonsortium an. Das Bankenkonsortium übernimmt die Aktien von der A-AG und verkauft sie dann an der Börse an die Anleger weiter.
- Das Geschäft zwischen der A-AG und dem Bankenkonsortium findet auf dem Primärmarkt statt. Der Weiterverkauf der Aktien an die Anleger durch das Bankenkonsortium findet auf dem Sekundärmarkt statt.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.
Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de