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Kapitalmarktrecht – Teil 12 – Prospektpflicht nach der Prospektverordnung

5.1 Prospektpflicht nach der Prospektverordnung

Bis zum 21. Juli 2019 war die Prospektpflicht für öffentliche Angebote von Wertpapieren oder für die Zulassung zu einem regulierten Markt im WpPG geregelt. Seit dem 21. Juli 2019 gilt in der EU und damit auch in Deutschland unmittelbar die EU-Prospektverordnung von 2017 (ProspektVO). Deshalb wurde das WpPG in großen Teilen aufgehoben. Es enthält im Wesentlichen nur noch Ergänzungen zur Prospektverordnung, z.B. was die Ausnahmen von der Prospektpflicht oder das Wertpapierinformationsblatt betrifft, vgl. § 1 WpPG. Ein wichtiger Punkt, der weiter im WpPG geregelt ist, ist die Anordnung der Prospekthaftung (Fußnote).

Mit der ProspektVO haben sich die Anforderungen an den Inhalt eines Prospekts in einigen Bereichen geändert. Die Prospekte sollen kürzer und klarer werden und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) einige Erleichterungen bieten (Fußnote). Dafür hat die ProspektVO den EU-Wachstumsprospekt für KMU eingeführt. Dieser ist weniger umfangreich als ein normaler Wertpapierprospekt und erleichtert KMU so den Marktzugang (ausführlich dazu im Kapitel Anforderungen an den Prospekt).

5.1.1 Anwendbarkeit

Die ProspektVO regelt die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren (sog. Angebotsprospekt) oder bei der Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt (sog. Zulassungsprospekt) erforderlich ist, vgl. Art. 1 ProspektVO.

Was ein öffentliches Angebot ist, ist in Art. 2 Buchst. d ProspektVO geregelt. Ein öffentliches Angebot ist " eine Mitteilung an die Öffentlichkeit in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung jener Wertpapiere zu entscheiden". Darunter fallen auch Mitteilungen, die nach deutschem Recht kein bindendes Angebot für einen Kaufvertrag sind. Erfasst ist z.B. eine Aufforderung an die Öffentlichkeit, Angebote für die Wertpapiere abzugeben (Fußnote).

In zeitlicher Hinsicht gilt die ProspektVO für alle Prospekte, die nach dem 21. Juli 2019 gebilligt werden. Prospekte, die vor dem 21. Juli 2019 nach altem Recht gebilligt wurden, fallen bis Ablauf ihrer Gültigkeit unter das alte Recht, Art. 46 III ProspektVO (Fußnote).

5.1.2 Prospektpflichtigkeit und nationale Ausnahmen nach dem WpPG

Art. 3 Abs. 1 ProspektVO verpflichtet Emittenten zur Erstellung eines Wertpapierprospekts bei einem öffentlichen Angebot, Art. 3 Abs. 3 ProspektVO bei der Zulassung zu einem geregelten Markt. Daneben kann ein Emittent gem. Art. 4 Abs. 1 ProspektVO auch einen freiwilligen Prospekt erstellen, wenn er nicht prospektpflichtig ist. Dies kann z.B. sinnvoll sein, wenn der Emittent in Deutschland nicht prospektpflichtig ist, aber das Wertpapier auch im europäischen Ausland zum Handel anbieten will.

Es gibt einige Ausnahmefälle, in denen die ProspektVO nicht anwendbar ist. In Art. 1 Abs. 2 ProspektVO sind Wertpapier aufgezählt, die nicht unter die Prospektpflicht fallen. Daneben listet die ProspektVO eine Reihe von Ausnahmen auf. Nicht prospektpflichtig sind u.a.:
• Wertpapierangebote, die sich ausschließlich an qualifizierte Anleger wenden, Art. 1 Abs. 4 Buchst. a ProspektVO,
• Wertpapierangebote, die sich an weniger als 150 Personen pro Mitgliedsstaat wenden, Art. 1 Abs. 4 Buchst. b ProspektVO,
• Wertpapierangebote mit einer Mindeststückelung von 100.000 Euro, Art. 1 Abs. 4 Buchst. c ProspektVO,
• Wertpapiere, die weniger als 20% der bestehenden Wertpapiere ausmachen, wenn sie mit den bereits zugelassenen Wertpapieren fungibel, also austauschbar, sind, Art. 1 Abs. 5. Buchst. a ProspektVO (Fußnote

Die ProspektVO gibt den Mitgliedsstaaten einen gewissen Spielraum für Ausnahmen, den der deutsche Gesetzgeber genutzt hat. In Deutschland muss deswegen für Angebote, die unter einer Schwelle von 8 Mio. Euro liegen kein Wertpapierprospekt erstellt werden, § 3 Nr. 2 WpPG. Gem. § 4 Abs. 1 WpPG ist aber ab einer Schwelle von 100.000 Euro ein sog. Wertpapierinformationsblatt zu erstellen. Das Wertpapierinformationsblatt darf nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten umfassen und muss die wesentlichen Informationen über das Wertpapier, den Anbieter und den Emittenten in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten, § 4 Abs. 3 WpPG. Außerdem muss der Warnhinweis „Der Erwerb dieses Wertpapiers ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“ auf der ersten Seite, unmittelbar unterhalb der ersten Überschrift enthalten sein, § 4 Abs. 4 WpPG. Bei einem Angebot von über 1 Mio. Euro muss ein freiwilliger Wertpapierprospekt erstellt werden, wenn der Emittent das Angebot auch im Rest der EU abgeben will (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

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