Kreditsicherheiten – Teil 41 – Verwertung der Grundschuld, Restschuldversicherung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
9.9. Verwertung
9.9.1. Verwertung der Grundschuld
Die Verwertung kann durch eine Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder durch freihändige Veräußerung vorgenommen werden.
Bei Fälligkeit der Forderung und Nichtzahlung durch den Schuldner, steht dem Gläubiger das Recht der Verwertung zu.
9.9.1.1. Zwangsversteigerung
Bei der Zwangsversteigerung wird das mit der Grundschuld belastete Grundstück öffentlich versteigert. Jedermann hat Zutritt zu der Zwangsversteigerung. Nach der genauen Bekanntmachung, welches Grundstück versteigert wird sowie Verlesung etwaiger Grundbucheinträge wird das geringste Gebot vom Rechtspfleger aufgerufen und dann die Versteigerung eröffnet. Alle Anwesenden können Gebote abgeben.
Der Bieter, der das höchste Gebot abgibt erlangt durch den Zuschlag Eigentum an dem Grundstück. Folglich ist der Sicherungsgeber nicht mehr Eigentümer des Grundstücks. Der aus der Zwangsversteigerung resultierende Erlös wird an den Gläubiger und ggf. andere Gläubiger verteilt.
9.9.1.2. Zwangsverwaltung
Während bei der Zwangsversteigerung das Grundstück veräußert wird, verbleibt bei der Zwangsverwaltung das Eigentum am Grundstück bei dem ursprünglichen Grundstückseigentümer. Der oder die Gläubiger werden nicht aus dem Verkaufserlös befriedigt, sondern aus den Erträgen, die mit dem Grundstück erwirtschaftet werden. Das können z.B. Mieterträge sein. Die Verwaltung und Erwirtschaftung der Erträge wird von einem öffentlich bestellten Zwangsverwalter vorgenommen. Seine Rolle liegt darin, das Grundstück so gut und effizient wie möglich zu nutzen, damit möglichst hohe Erträge erwirtschaftet werden können. Der Grundstückseigentümer hat kein Mitspracherecht mehr, die Verwaltungsbefugnis wird ihm entzogen und geht voll auf den Zwangsverwalter über. Von den Erträgen werden zunächst die mit dem Grundstück verbundenen Ausgaben, wie z.B. Instandhaltungsmaßnahmen bezahlt. Die Überschüsse werden dann an die Gläubiger verteilt.
9.9.1.3. freihändige Verwertung der Grundschuld
Der Sicherungsnehmer kann, sofern es ihm nicht durch den Sicherungsvertrag untersagt ist, die Grundschuld verwerten, indem er sie an einen Dritten weiterveräußert. Dies geschieht durch Abtretung der Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises durch den Erwerber.
Durch die Veräußerung der Grundschuld erlangt der Sicherungsgeber einen neuen Grundschuld-Gläubiger, was für ihn jedoch nicht mit Nachteilen verbunden sein darf.
9.9.2. freihändige Verwertung des Grundstücks
Nach dem Eintritt der Fälligkeit der Grundschuld können Sicherungsnehmer und -geber vereinbaren, dass der Sicherungsnehmer das Grundstück freihändig verwerten kann. Bei einer freihändigen Verwertung wird das Grundstück nicht im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert, sondern der Schuldner selbst, oder die Bank als Sicherungsnehmer übernimmt den Verkauf bzw. dessen Vorbereitungen.
Die Grundstücksveräußerung kann entweder durch eine freiwillige Versteigerung des Grundstücks erfolgen, bei der der Erwerber durch den Zuschlag Eigentum erhält. Alternativ kann auch ganz normal über Inserate oder Makler das Grundstück veräußert werden.
Der Vorteil der freihändigen Verwertung ist, dass höhere Erlöse als in der Zwangsversteigerung erzielt werden, weil nicht nach außen sichtbar wird, dass es sich um eine „Notveräußerung“ handelt.
Eine Vereinbarung der freihändigen Veräußerung des Grundstücks vor Eintritt der Fälligkeit, ist unwirksam.
9.9.3. Vollstreckung wegen dem abstrakten Schuldanerkenntnis
Oftmals wird bei Bestellung einer Sicherungsgrundschuld zugleich ein abstraktes Schuldanerkenntnis des Sicherungsgebers vereinbart. Damit erklärt er, neben der Sicherungsgrundschuld, seine persönliche Haftung für die besicherte Forderung mit seinem gesamten Vermögen.
Der Sicherungsgeber kann im Eintritt des Verwertungsfalles dann nicht nur aus der Grundschuld vorgehen, sondern in das gesamte Vermögen des Sicherungsgebers vollstrecken.
Das bedeutet, dass der Sicherungsnehmer z.B. Konten oder Lohnansprüche des Sicherungsgebers pfänden kann oder in andere Wertgegenstände des Sicherungsgebers vollstrecken kann, indem er diese pfänden lässt.
9.9.4. Verwertung und Vollstreckung bei Verjährung der zu sichernden Forderung
Die Verjährung der besicherten Forderung hindert den Gläubiger nicht daran, die Grundschuld zu verwerten. Der Schuldner kann also nicht die Einrede der Verjährung erheben, wenn der Gläubiger in das Grundstück des Sicherungsgebers vollstrecken will.
Aus dem Sicherungsvertrag folgt zwar ausdrücklich, oder wenn eine entsprechende Regelung fehlt durch Auslegung, dass die Grundschuld nur so lange bestehen soll, wie die besicherte Forderung durchsetzbar ist. Für die Einrede der Verjährung regelt aber § 216 Abs. 2 BGB ausdrücklich, dass wenn zur Sicherung eines Anspruchs ein Recht verschafft wurde - das ist hier die Grundschuld - die Rückübertragung nicht nur wegen der Verjährung des Anspruchs gefordert werden kann. Der Sicherungsnehmer muss also trotz Verjährung der besicherten Forderung nicht die Grundschuld wieder herausgeben oder der Löschung zustimmen. Der Grundschuldgeber muss die Vollstreckung in das Grundstück dulden.
9.10. Vorteile gegenüber der Hypothek
Der entscheidende Unterschied zwischen der Sicherungsgrundschuld und der Hypothek liegt in der Akzessorietät. Die Hypothek ist von der zu sichernden Forderung abhängig. Mangels Akzessorietät ist die Sicherungsgrundschuld deutlich flexibler als die Hypothek, zumal künftige, noch nicht entstandene Forderungen gesichert werden können.
Nach Tilgung der Darlehenssumme erlischt die Hypothek automatisch, während die Grundschuld für weitere Forderungen als Sicherungsmittel - sofern erneut Finanzierungsbedarf besteht - dienen kann.
Aufgrund der flexiblen Ausgestaltung wird die Sicherungsgrundschuld in der Praxis immer häufiger als Kreditsicherungsmittel eingesetzt und verdrängt damit die Hypothek. Der Anwendungsbereich der Hypothek beschränkt sich fast nahezu auf die Absicherung der staatlichen Darlehen und wird kaum noch als Sicherungsmittel im privaten oder gewerblichen Bereich in Anspruch genommen.
Die Möglichkeiten eine Sicherungsgrundschuld im Voraus zu bestellen sowie ihre Verwendung für weitere Valutierungen verleiht der Grundschuld als Sicherungsmittel einen großen praktischen Vorteil.
10. Restschuldversicherung
Gegenstand einer Restschuldversicherung ist die Absicherung des Kreditnehmers gegen Tod, Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit. Die Versicherung beschränkt sich auf die Kreditlaufzeit.
Beispiel
Herr Knaus hat bei der Kölner Bank noch eine Darlehensrestschuld in Höhe von 20.000 Euro. Leider verstirbt Herr Knaus noch vor Tilgung der Restschuld.
Da die Parteien eine Restschuldversicherung abgeschlossen haben, kann die Restschuld aus der Versicherung beglichen werden.
Bei Krankheit würden die Raten des Herrn Knaus solange von der Versicherung übernommen werden, bis er selbst wieder in der Lage ist diese zu tilgen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Januar 2015