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Pfändungsschutz für die Altersvorsorge durch Umwandlung der Lebensversicherung als strafbares Bankrottdelikt?

Seit 2007 gibt es die Möglichkeit auch private Lebensversicherungen vor dem Zugriff von Gläubigern oder dem Insolvenzverwalter zu schützen, soweit sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Gemäß § 851c ZPO dürfen diese nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden wenn:

  • die Leistung nur in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt werden;
  • über die Ansprüche nicht verfügt werden darf;
  • die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigter ausgeschlossen ist;
  • die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall,  nicht vereinbart ist.

Außerdem ist nur ein bestimmter - vom Lebensalter des Versicherten abhängiger – Betrag schutzfähig.

An der Überschreitung des Höchstbetrags scheitert jedoch der Schutz der wenigsten Lebensversicherungen. Die meisten Lebensversicherungen weisen ein Wahlrecht zwischen lebenslanger Rente und einmaliger Kapitalauszahlung auf. Gerade Selbständige haben für ihre Altersvorsorge oftmals derartige Tarife gewählt, um bei Bedarf über Kapital verfügen zu können. Dieses nützliche Wahlrecht ist die häufigste Klausel, durch welche eine - oftmals über Jahrzehnte aufgebaute - private Altersvorsorge dem Zugriff von Gläubigern im Wege der Pfändung oder der Verwertung durch einen Insolvenzverwalter ausgeliefert wird.

Gleichfalls im Jahre 2007 wurde die Möglichkeit geschaffen, Lebensversicherungen umzuwandeln, damit sie den gesetzlichen Anforderungen für die Unpfändbarkeit der Altersvorsorge entsprechen. § 167 VVG sieht für den Versicherungsnehmer die Möglichkeit vor, jederzeit die Umwandlung in eine pfändungsgeschützte Rentenversicherung zu verlangen.

Eine derartige Umwandlung erscheint dringend erforderlich, wenn eine Verwertung durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens drohen.

Es stellen sich jedoch die Fragen, ob (I.) eine solche Umwandlung im Vorfeld einer Vollstreckung oder Insolvenz möglicherweise als Beiseiteschaffen von Vermögenswerten strafbar ist, (II.) durch einen Insolvenzverwalter angefochten werden kann oder (III.) die spätere Restschuldbefreiung gefährdet.

I.

Da der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit der Umwandlung von Lebensversicherungen zur Erlangung von Pfändungsschutz vorgesehen hat ohne hierfür Fristen – etwa entsprechend den Anfechtungsmöglichkeiten in der Insolvenz – zu regeln, ist davon auszugehen, dass diese unmittelbar bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens möglich sein soll, sofern denn nur die Widmung des Vorsorgekapitals zur Altersvorsorge unwiderruflich gestaltet wird.

Durch die Umwandlung wird die Lebensversicherung der Zwangsvollstreckung entzogen und damit gehört sie gemäß § 36 Abs. 1 InsO auch nicht mehr zur Insolvenzmasse. Auf die Frage, wann ein Vermögenswert den Status als absolut unpfändbar erlangt und damit der Insolvenzmasse nicht mehr zur Verfügung steht, kann es unter diesen Voraussetzungen nicht ankommen und auch keine Strafbarkeit nach sich ziehen.

Wenn der Gesetzgeber eine Umwandlung im Vorfeld einer Krise oder Insolvenz für verwerflich gehalten hätte, hätte er eine Fristenregelung vorgesehen, etwa entsprechend den Fristen zur Anfechtung in den letzten drei Monaten vor einem Insolvenzantrag. Dies ist nicht erfolgt, sondern es ist legal möglich bis zum Vortag eines Insolvenzantrags die Umwandlung zu beantragen. Damit ist die Lebensversicherung kein Bestandteil der Insolvenzmasse mehr.

II.

Der einmal erlangte Pfändungsschutz einer Lebensversicherung kann durch insolvenzrechtliche Anfechtung nicht mehr beseitigt werden.

Die Anfechtungstatbestände der §§ 130, 131 InsO greifen nicht ein, da die Umwandlung der bisherigen Lebensversicherung in eine pfändungsgeschützte Rentenversicherung keinem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt. Die Wirkung der Umwandlung besteht allein in der Begründung von Pfändungsschutz zugunsten des Insolvenzschuldners. Vorteile für einen Insolvenzgläubiger - wie sie die §§ 130, 131 InsO voraussetzen - sind damit nicht verbunden.

Auch eine Schenkungsanfechtung kommt nicht in Betracht, da als unentgeltliche Leistung nur der durch die Umwandlung entstehende Pfändungsschutz in Frage kommt. Der Pfändungsschutz begünstigt jedoch allein den Insolvenzschuldner  und dieser kann keine Schenkung an sich selbst erbringen.

Die Anfechtungstatbestände der §§ 132, 133 InsO könnten eingreifen, weil den Insolvenzgläubigern durch die Umwandlung der Lebensversicherung deren Rückkaufswert entzogen wird. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass eine andere Person durch die Rechtshandlung eine Vermögenszuwendung erhalten hat. § 143 Abs. 1 InsO setzt für die Rechtsfolge voraus, dass ein Vermögensgegenstand aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, aber genau hieran fehlt es. Der zur Insolvenzmasse zurück zu gewährende Vermögenswert wäre der erlangte Pfändungsschutz. Und dieser stellt wiederum keinen Vermögensabfluss aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners dar.

III.

Die Umwandlung einer Kapitallebensversicherung in eine geschützte Versicherung ist im eröffneten Insolvenzverfahren eine verfahrenswidrige Handlung, mit der der Schuldner gegen die Mitwirkungspflicht des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO verstößt, sofern sie denn überhaupt noch Wirkungen entfaltet, da der Insolvenzschuldner mit Verfahrenseröffnung die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verliert.  

Das Verschweigen einer bereits beantragten Umwandlung oder die Falschbezeichnung einer (ehemaligen) Lebensversicherung als Rentenversicherung, obwohl die Umwandlung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, dürfte aufgrund des unumkehrbaren Ausscheidens der Versicherung aus der (künftigen) Insolvenzmasse mangels Anfechtungsmöglichkeit wohl keinen Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten darstellen. In Betracht kommt aber ein Verstoß gegen die Auskunftspflichten.

Fazit:

Die Umwandlung einer Lebensversicherung vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist weder strafbar noch kann sie durch einen Insolvenzverwalter angefochten werden. Dies bezieht sich jedoch nur auf die Umwandlung zur Erlangung von Pfändungsschutz als Altersvorsorge – anders sieht es aus, wenn vor einem Insolvenzantrag Veränderungen am Bezugsrecht vorgenommen werden.

Um den Auskunftspflichten gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 gerecht zu werden, sollte eine Umwandlung im Rahmen des Insolvenzantrags- bzw. Insolvenzeröffnungsverfahrens unbedingt angegeben werden.


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Stand: Januar 2014


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Portrait Harald-Brennecke Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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