Pressemitteilung 2008/03/19 + + + Bundesverfassungsgericht: Vorratsdatenspeicherung nur bei schweren Straftaten
19.03.2008 (mw) - Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 11. März 2008 (1 BvR 256/08) im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden, Teile des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen „Gesetzes zur Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten“ vorerst bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
Rechtsanwalt Stephan Schmidt, Partner der Kanzlei BRENNECKE & PARTNER erklärte hierzu: „Nach der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erlauben die Richter zwar zunächst die Speicherung der Telekommunikationsdaten, schränken deren Verwertung aber dahingehend ein, dass diese Daten nicht an Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden, wenn ihre Herausgabe zur Aufklärung weniger gravierender Delikte beantragt wird. Die Entscheidung ist ein Schritt in die richtige Richtung - hin zur endgültigen Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung, welche sowohl bei Privatpersonen als auch bei ganzen Berufsgruppen in grundgesetzlich normierten Freiheiten eingreift."
Das Bundesjustizministerium teilte heute mit, dass das Gesetz bis zur Entscheidung in der Hauptsache mit folgenden bestimmten Maßgaben anzuwenden sei: “Uneingeschränkt zulässig ist die Übermittlung, a) wenn es um die Verfolgung der in §100 a Abs. 2 StPO genannten schweren Straftaten geht und die übrigen Voraussetzungen des § 100a Abs. 1 StPO vorliegen b) wenn es sich handelt um die Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung oder solcher, die mittels Telekommunikation begangen wurden handelt und die Verkehrsdaten solche sind, die die Unternehmen zu Abrechnungszwecken (und nicht ausschließlich aufgrund der Vorratsdatenspeicherungsrichtline) gespeichert haben.
Einschränkungen gibt es in der Fallkonstellation b) dann, wenn die durch das Telekommunikationsunternehmen ermittelten Daten solche sind, die nur aufgrund der Vorratsdatenspeicherung (noch) gespeichert sind. In diesen Fällen muss das Unternehmen die Daten sichern, bis das Hauptsacheverfahren beim Bundesverfassungsgericht entschieden ist.“
Mit dem Gesetz hatte die Bundesregierung eine EU-Richtlinie umgesetzt, jedoch in der Anwendung ausgeweitet. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen im Hinblick auf die Verletzung der informationellen Selbstbestimmung, weil ohne einen konkreten Tatverdacht Daten auf Vorrat gesammelt werden. Die Verfassungsbeschwerde, zu der diese einstweilige Anordnung erlassen wurde, soll das geamste Gesetz stoppen und die generelle 6-monatige Speicherung von Telefon- und Handydaten verhindern. Rund 30.000 Bürger hatten sich der Verfassungsklage angeschlossen, die am 31.12. 2007 in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wurde.
Die Anordnung gilt zunächst für ein halbes Jahr, kann aber verlängert werden. Mit dem Beginn der Hauptverhandlung ist nicht vor Jahresende zu rechnen.
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Stand: 2008/03