Steuerliche Betriebsprüfung – Teil 18 – Anfechtung einer Prüfungsanordnung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
8.3 Anfechtung einer Prüfungsanordnung
Ist ein erfolgloser Einspruch als Rechtbehelf gegen die Prüfungsanordnung erhoben worden, dann stellt die Anfechtungsklage zu dem zuständigen Finanzgericht das einfache Rechtsmittel in der ersten Instanz dar.
8.3.1 Verfahrensrechtliche Bedeutung
Die Prüfungsanordnung bildet einen Verwaltungsakt, der grundsätzlich mit dem Einspruch und der Anfechtungsklage angefochten werden kann.
Der Steuerpflichtige kann in sachlicher Hinsicht unter anderem Folgendes einwenden:
- Er unterliege nicht den Voraussetzungen, unter denen ein Betriebsprüfung durchgeführt werden kann.
- Der Inhaltsadressat ist nicht korrekt, also z.B. der zu prüfende Betrieb, die Gesellschaft, Personenvereinigung usw. sei in der Prüfungsanordnung unrichtig bezeichnet worden beziehungsweise existiere gar nicht.
- Es handele sich um eine nicht gerechtfertigte Anschlussprüfung.
- Der Prüfungszeitraum sei zu weit ausgedehnt oder nicht ermessensgerecht ausgewählt worden.
- Die Erweiterung einer Prüfungsanordnung sei ermessensfehlerhaft.
- Für die zu prüfenden Steueransprüche sei bereits Verjährung eingetreten.
- Eine Betriebsprüfung sei unzweckmäßig und deshalb ermessensfehlerhaft,
- Die Finanzverwaltung habe sich beim Erlass der Prüfungsanordnung von sachfremden (Fußnote) Erwägungen leiten lassen und der Prüfungszweck sei in den Hintergrund getreten.
- Es sei eine unzuständige Finanzbehörde mit der Prüfung befasst.
Da Finanzverwaltungen auch nur begrenzte Möglichkeiten haben Betriebe zu überprüfen, muss sie unter den zu prüfenden Betrieben eine Auswahl treffen und den Prüfungsumfang teilweise beschränken. Die Finanzverwaltung hat dieses Auswahlermessen für Großbetriebe so auszuüben, dass bei ihnen der Prüfungszeitraum lückenlos an den vorhergehenden anschließen soll.
Bei kleineren Betrieben soll der Prüfungszeitraum dagegen nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen. Diese Beschränkung auf drei Besteuerungszeiträume gilt dann nicht, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen durch die Betriebsprüfung zu rechnen ist oder der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit besteht.
Dies Auswahlermessen kann von den Finanzgerichten nur eingeschränkt nachgeprüft werden, da die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde zusteht und dies nicht durch ein Urteil umgangen werden darf.
Das Finanzgericht prüft im jeweiligen Klageverfahren deshalb insoweit nur, ob die Behörde
- die gesetzlichen Grenzen des Ermessens verlassen hat (Fußnote) oder
- von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Fußnote).
Die Festlegung des Prüfungsumfangs der Betriebsprüfung ist ebenfalls eine Ermessensentscheidung von den Finanzbehörden und folglich nur auf Fehler in der Ausübung dieses Ermessens durch Gerichte zu überprüfen. Dagegen wird das Vorliegen des Tatbestandes einer zulässigen Betriebsprüfung, also die Voraussetzungen die eine solche Überprüfung zulässig machen, selbst vom Finanzgericht uneingeschränkt nachgeprüft, z.B. das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Betriebes. Die Ermessensausübung der Finanzbehörde muss spätestens in der Entscheidung über einen dagegen eingelegten Einspruch begründet werden.
Wenn keine besondere Veranlassung für die Betriebsprüfung vorliegen, sondern diese nach dem Zufallsprinzip erfolgen soll (Fußnote), bedarf es als Begründung lediglich der Angabe der Ermächtigungsgrundlage in der Prüfungsanordnung, was den Normalfall darstellt (Fußnote). Obwohl mit der Einspruchsentscheidung eine Begründung vorgelegt werden muss, kann die Finanzverwaltung noch bis zum Schluss der letzten erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht ihre Ermessenserwägungen ergänzen. In Betracht kommt dies nur, wenn die Prüfungsanordnung oder die darauf erfolgte Einspruchsentscheidung überhaupt Ermessenserwägungen enthält. Ein komplettes Nachschieben oder Austauschen der Ermessensausübung ist aber nicht möglich (Fußnote).
Beispiel
Bei einem Kleinbetrieb erfolgte die letzte Betriebsprüfung im Jahr 2008 für den Zeitraum 2004 bis 2006. Im Jahr 2012 ist eine Anschlussprüfung für den Zeitraum 2008 bis 2010 angeordnet.
- Der Betriebsinhaber kann sich auf den Gleichheitsgrundsatz berufen und verlangen, dass die Aufhebung der Betriebsprüfung durch die Finanzverwaltung stattzufinden hat, da für Kleinbetriebe eine solche Anschlussprüfung ohne besonderen Grund nicht vorgesehen ist.
- Eine Anschlussprüfung, so wie sie hier vorgesehen ist, findet nur bei Großbetrieben statt.
- Eine Anfechtung der Prüfungsanordnung wäre erfolgreich.
8.3.2 Vollzug der Prüfungsanordnung
Ein gegen die Prüfungsanordnung erhobener Einspruch oder eine erhobene Anfechtungsklage hindern die Finanzverwaltung nicht daran, die Betriebsprüfung ungeachtet dessen durchzuführen. Der Steuerpflichtige muss eine Aussetzung der Vollziehung beantragen.
8.3.3 Strafrechtliche Bedeutung
Eine Selbstanzeige ist nicht mehr möglich, wenn dem Täter oder einem seiner Vertreter eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts im Steuerrecht erfolgt durch den Zugang beim Steuerpflichtigen, also wenn dieser den Verwaltungsakt tatsächlich erhält oder zumindest die Möglichkeit hat diesen zu erhalten (Fußnote). Nichts anderes gilt im steuerstrafrechtlichen Verfahren, sodass der Ausschluss der Selbstanzeige an das steuerliche Verfahren geknüpft ist und dabei auf die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung abgestellt wird. Um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, also die Frage eindeutig zu klären wann die Anordnung dem Steuerpflichtigen zugegangen ist, muss die Finanzverwaltung die Prüfungsanordnung förmlich zustellen.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerliche Betriebsprüfung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-014-4.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter