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Steuerrechtliche Organschaft – Teil 07 – Organschaft


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3. Organschaft im Gewerbesteuerrecht

Eine gewerbesteuerliche Organschaft liegt gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG dann vor, wenn eine Kapitalgesellschaft finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert und durch einen Gewinnabführungsvertrag verpflichtet ist, ihren ganzen Gewinn an den Organträger abzuführen (BFH in BFH/NV 2011, 2053).

3.1 Allgemeines

Die allgemeinen Vorschriften der gewerbesteuerlichen Organschaft ergeben sich sowohl aus den gesetzlichen Normen des Gewerbesteuerrechts als auch aus der ständigen Rechtsprechung (Rspr.) des Bundesfinanzhofs (BFH).

3.1.1 Grundlagen

Die gewerbesteuerliche Organschaft ist in § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GewStG geregelt. Diese Vorschriften knüpfen an den in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG ausgesprochenen Grundsatz an, dass die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfange als Gewerbebetrieb gilt (Gewerbebetrieb kraft Rechtsform). Überdies sind Verwaltungsanordnungen zum Vollzug des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG in den R 2.3 und 7.1 Abs. 5 GewStR enthalten.

3.1.2 Zweck

Nach ständiger Rspr. des BFH soll die Organschaft im Gewerbesteuerrecht in erster Linie den Zweck haben, die am Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligten Gemeinden davor zu schützen, dass verbundene Unternehmen durch interne Maßnahmen ihren Gewinn willkürlich verlagern (BFH vom 27.6.1990 – I R 183/ 85, BStBl. 1990 II, 916).

3.2 Voraussetzungen der Organschaft § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gilt eine Kapitalgesellschaft dann als Betriebsstätte eines anderen Unternehmens, wenn sie eine Organgesellschaft ist.Die Tatbestandsmerkmale der gewerbesteuerlichen Organschaft stimmen mit denen der körperschaftsteuerlichen Organschaft vollständig überein.

3.2.1 Organgesellschaft

Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG kann nur eine Kapitalgesellschaft, also eine

    • Europäische Gesellschaft (SE),
    • Aktiengesellschaft (AG),
    • eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder
    • eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

in einem gewerbesteuerlichen Organschaftsverhältnis zu einem anderen Unternehmen stehen.

Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit können, obwohl sie gewerbesteuerpflichtig kraft Rechtsform sind, im Gewerbesteuerrecht ebenso wenig wie im Körperschaftsteuerrecht Organgesellschaften sein.

Die Kapitalgesellschaft muss ihren Sitz und Geschäftsleitung im Inland haben.

3.2.2 Organträger

Die Rechtsform des Organträgers ist für die gewerbesteuerliche Organschaft ohne Bedeutung. Der Inhaber des gewerblichen Unternehmens, in das die Organgesellschaft eingegliedert ist, kann also

  • eine natürliche Person,
  • eine Personengesellschaft oder
  • eine juristische Person, insbesondere eine Kapitalgesellschaft sein.

Der Organträger muss Inhaber eines gewerblichen Unternehmens sein. Der Begriff des gewerblichen Unternehmens im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG stimmt mit dem Begriff des gewerblichen Unternehmens im Sinne des § 14 KStG überein. Danach liegt ein gewerbliches Unternehmen vor, wenn die Voraussetzungen für den Gewerbebetrieb nach den Vorschriften des § 2 GewStG erfüllt sind, d.h. dass jeder stehende Gewerbebetrieb der im Inland betrieben wird, als gewerbliches Unternehmen anzusehen ist. Weiterhin verlangt das Gesetz, dass das gewerbliche Unternehmen im Inland liegen muss. Ein gewerbliches Unternehmen liegt im Inland, wenn sich das Unternehmen in seiner betrieblich-organisatorischen Substanz im Inland befindet.

3.2.3.1 Finanzielle Eingliederung

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft stimmen insoweit mit denen der körperschaftsteuerlichen Organschaft voll und ganz überein.Demnach wird bei der finanziellen Eingliederung unterschieden nach den

  • unmittelbaren Beteiligungen und
  • mittelbaren Beteiligungen.

3.2.3.2 Unmittelbare Beteiligung

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG muss der Organträger an der Organgesellschaft unmittelbar in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung). Die finanzielle Eingliederung verlangt, dass der Organträger an der Organgesellschaft beteiligt ist. Für die finanzielle Eingliederung ist es notwendig, dass dem Organträger aus den Anteilen an der Organgesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte zusteht, nicht hingegen, dass der Organträger die Mehrheit der Anteile besitzt. Im Regelfall fallen Stimmrechtsmehrheit und Anteilsmehrheit zusammen.Ob dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte zusteht, bestimmt sich im Regelfall nach dem Verhältnis der Stimmrechte aus der vom Organträger gehaltenen Beteiligung zur Gesamtzahl aller Stimmrechte, also danach, ob dem Organträger mehr als die Hälfte aller Stimmrechte zusteht.

Beispiel

Ein Organträger hält an einer Organgesellschaft nur 40 % der Anteile, hat aber 60 % der Stimmen.

    • Dem Erfordernis der finanziellen Eingliederung ist damit genuggetan.
    • Hätte der Organträger hingegen 60 % der Anteile und nur 40 % der Stimmen, so ist keine finanzielle Eingliederung möglich.

1.2.3.2 Mittelbare Beteiligung

Grundsätzlich muss der Organträger an der Organgesellschaft unmittelbar beteiligt sein. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG sind mittelbare Beteiligungen zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt.

Beispiel

Die Muttergesellschaft A ist an der Tochtergesellschaft B zu 90 % und diese wiederum an der Enkelgesellschaft C zu 80 % beteiligt. Die Enkelgesellschaft C ist nicht nur in B (und zwar unmittelbar), sondern auch in A (und zwar mittelbar) finanziell eingegliedert.

    • Die Beteiligten haben die Wahl zwischen:
    • einem Organschaftsverhältnis zwischen C als Organgesellschaft und B als Organträger und
    • einem Organschaftsverhältnis zwischen B als Organgesellschaft und A als Organträger und
    • einem direkten Organschaftsverhältnis zwischen C als Organgesellschaft und A als Organträger.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliche Organschaft“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-003-8.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
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