Steuerrechtliche Organschaft – Teil 16 – Vermögenslosigkeit
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Milad Ahmadi
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.5.2.3 Vermögenslosigkeit oder Zahlungsunfähigkeit der Organgesellschaft
Die Vermögenslosigkeit der Organgesellschaft beendet die Organschaft grundsätzlich nicht. Die Organschaft bleibt so lange bestehen, bis alle Rechtsbeziehungen der Organgesellschaft abgewickelt sind. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen der Antrag der Organgesellschaft auf Insolvenzeröffnung mangels einer die Kosten deckenden Masse abgelehnt wird. Überdies wird durch Zahlungsunfähigkeit der Organgesellschaft die Organschaft ebenfalls nicht ohne weiteres beendet. Eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Organgesellschaft geht dem Wegfall der Eingliederungsvoraussetzungen, insbesondere durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, voraus.
4.5.2.4 Liquidation
Dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens entsprechend werden bei der umsatzsteuerlichen Organschaft der Organträger und Organgesellschaften insgesamt als eine Unternehmenseinheit betrachtet. Bis die Liquidation abgeschlossen und das vorhandene Gesellschaftsvermögen veräußert ist, wird die Organgesellschaft zum Unternehmen des Organträgers gerechnet. Dies gilt selbst dann, wenn im Rahmen der Liquidation nur noch Umsätze aus der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände bewirkt werden. Wird Sicherungsgut der Organgesellschaft in deren Liquidationsstadium verwertet, so ist der dadurch bewirkte Umsatz deshalb dem Organträger zuzurechnen.
4.6 Verfahren
4.6.1 Form
Eine besondere Form ist zur Begründung einer Organschaft nicht erforderlich. Daher braucht ein Vertrag nicht abgeschlossen zu werden.
4.6.2 Nachweis der Voraussetzungen einer Organschaft
4.6.2.1 Ermittlungs- und Mitwirkungspflicht
Es gelten die allgemeinen Grundsätze der Abgabenordnung. Danach ermittelt die Finanzverwaltung den Sachverhalt von Amts wegen. Die Finanzverwaltung hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Den Beteiligten trifft die Verpflichtung, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. Ist das Organschaftsverhältnis unklar, sind Beteiligter die Organgesellschaft und der Organträger. In jedem Fall ist die Organgesellschaft auskunftspflichtig. Dabei soll die Organgesellschaft erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Organträger nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.
4.6.2.2 Objektive Beweislast
Im Verhältnis der Finanzverwaltung zur Organgesellschaft hat die Organgesellschaft die objektive Beweislast dafür, dass eine Organschaft besteht.
Die Organgesellschaft wird selbst als Unternehmer behandelt, wenn nicht mit dem erforderlichen Beweismaß, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse
- finanziell,
- wirtschaftlich und
- organisatorisch
in den Organträger eingegliedert ist.
Im Verhältnis der Finanzverwaltung zum Organträger trifft dagegen die objektive Beweislast für das Bestehen einer Organschaft die Finanzverwaltung.
4.6.3 Zuständigkeit und Rechtsschutz
Die Zuständigkeit für die steuerliche Anerkennung der Organschaft ist das Finanzamt am Sitz des Organträgers, an dessen Entscheidung das für die Organgesellschaft örtlich zuständige Finanzamt gebunden sei.
Sind für die Ertragsteuern (ESt, KSt und GewSt) und für die Umsatzsteuer verschiedene Finanzämter zuständig, haben die betroffenen Dienststellen im Wege der Amtshilfe so eng wie möglich zusammenzuarbeiten und durch Aktenanforderung die zutreffende Besteuerung zu gewährleisten.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerrechtliche Organschaft“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-003-8.
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Ritterbach ist seit vielen Jahren im Insolvenzrecht tätig. Als Bankrechtlerin berät und verhandelt sie mit Darlehensgebern vorwiegend im Bereich der Umschuldung und Sanierung. Sie prüft Sicherheiten und Darlehensverträge von Banken und anderen Kapitalgebern auf deren Wirksamkeit und Reichweite, erstellt Sicherheitenspiegel zur Ermittlung freier Sicherheiten und begleitet Verhandlungen mit Banken für Vergleiche, Kreditverlängerungen oder Herabsetzungen von Darlehensraten. Sie prüft Darlehenskündigungen auf ihrer Wirksamkeit, Darlehensverträge auf Übersicherung sowie Ehegattendarlehen und Ehegattenbürgschaften auf Sittenwidrigkeit. Sie begutachtet Insolvenzanfechtungstatbestände und gestaltet Sicherungsverträge und Ratenzahlungsvereinbarungen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Anfechtungssicherheit.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht.
Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat zu diesen Themen veröffentlicht:
- „Kreditvertragsrecht“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-35-9
- „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-45-8
- „Bankvertragsrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-32-8
- „Kreditsicherheiten“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-27
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Insolvenzrecht und Bankrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Sicherheiten in Bankverträgen – Gestaltung und Grenzen
- Umschuldung als Sanierungsinstrument
- Bankstrategien für Mittelständler – welche Bank passt und wie man ihr begegnet
- Absicherung von Familienangehörigen gegen Unternehmerrisiken
- Leasing in der Insolvenz
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