Stillschweigende Veränderungsklausel in AGB rechtswidrig
Nach neuester BGH Rechtsprechung (Fußnote) ist eine stillschweigende Veränderungsklausel in AGB rechtswidrig. Eine solche benachteilige den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher unwirksam.
In dem Urteil vom 11.10.2007 ging es um folgende Klauseln:
1. Die (...) AG [Verwender] behält sich das Recht vor, den Inhalt dieser AGB oder der jeweiligen LB/PL [=Leistungsbeschreibungen und Preislisten], Sondervereinbarungen und Online-Anzeigen anzupassen, soweit dies dem Kunden zumutbar ist.
2. Die (...) AG ist des Weiteren berechtigt, diese AGB oder die jeweilige Leistungs- und Produktbeschreibung mit einer Frist von sechs Wochen im Voraus zu ändern. Die jeweilige Vertragsänderung wird die XAG dem Kunden per E-Mail oder schriftlich bekannt geben. Gleichzeitig wird der Kunde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die jeweilige Änderung Gegenstand des zwischen den Vertragsparteien bestehenden Vertrages wird, wenn der Kunde dieser Änderung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Bekanntgabe der Änderung per E-Mail oder schriftlich widerspricht. Widerspricht der Kunde, hat jede Partei das Recht, den Vertrag mit der für eine ordentliche Kündigung geltenden Frist per E-Mail oder schriftlich zu kündigen."
Bei dem Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen, das seinen Kunden den Zugang zum Internet verschafft und hiermit zusammenhängende Produkte, u.a. DSL-Splitter, DSL-Modems, WLAN-Router verkauft.
Der BGH führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass ein Verstoß gegen § 307 I BGB vorliegt, „soweit sich der Verwender das Recht einräumt, über die Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses oder das Füllen von Lücken hinaus, vertragliche Positionen seines Partners zu verschlechtern“. Entgegen den Geboten von Treu und Glauben versuche er einseitig, seine eigenen Interessen zu Lasten des Geschäftspartners durchzusetzen (Fußnote).
Zum Einen müsse der Gegner des Verwenders vorhersehen können, in welchen Bereichen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen hat, so dass eine in AGB vorbehaltene Rechtsmacht des Verwenders einzelne Bestimmungen zu ergänzen oder zu ersetzen in ihren Gestaltungsmöglichkeiten der Konkretisierung bedarf (Fußnote).
Zum Anderen ist, wenn im Wege der Zustimmungsfiktion auch Änderungen von Essentialia des Vertrages möglich sind, ohne dass eine Einschränkung besteht und der Verwender durch diese eine Handhabe erhält, das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten, insbesondere das Äquivalenzverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position ihres Vertragspartners zu entwerten, ein den Erfordernissen der §§ 145 ff BGB genügender Änderungsvertrag notwendig. Eine Zustimmungsfiktion reicht hierfür unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Kunden des Verwenders nicht aus.
Der BGH erläutert hierzu: „Erfahrungsgemäß setzt sich der größte Teil von Verbrauchern nicht mit Vertragsanpassungen auseinander, die ihnen in der in der Klausel vorgesehenen Weise angesonnen werden. Sie werden deshalb regelmäßig in der Annahme, die Änderung werde "schon ihre Ordnung haben" schweigen.“ Die Klausel liefe deshalb in der Praxis weitgehend auf eine einseitige, inhaltlich nicht eingegrenzte Änderungsbefugnis des Verwenders hinaus.
Eine solche Rechtsmacht sei für weniger gewichtige Anpassungen hinzunehmen, nicht jedoch für Klauseln mit möglichen weitgehenden Veränderungen des Vertragsgefüges.
Da vergleichbare AGB Klauseln von vielen Anbietern verwendet werden, dürfte diese Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf die Praxis haben.
Stand: 14.11.2007
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